Leitsatz (amtlich)
In einem Beschwerdeverfahren über die Ablehnung eines Antrags auf Genehmigung der Unterbringung nach § 1906 BGB ist die Hauptsache erledigt, wenn nach der zurückweisenden Entscheidung des LG das VormG einen weiteren, auf neue Tatsachen gestützten Unterbringungsantrag ablehnt. Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine sofortige weitere Beschwerde gegen die landgerichtliche Entscheidung in dem früheren Unterbringungsverfahren besteht dann nicht mehr.
Normenkette
BGB § 1906; FGG §§ 27, 70g
Verfahrensgang
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Augsburg vom 14.6.2005 wird verworfen.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Für den Betroffenen, der an einer paranoid-querulatorischen Persönlichkeitsstörung leidet, ist eine Betreuerin mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung, Sorge für die Gesundheit, Entscheidung über die Unterbringung, Wohnungsangelegenheiten einschließlich Entmüllung, Vermögenssorge, soweit zur Entmüllung erforderlich und einschließlich Feststellung der Kontenstände, bestellt.
Nach vorangegangenen Unterbringungsverfahren beantragte die Betreuerin im Januar 2005 erneut die Genehmigung zur Unterbringung des Betroffenen. Nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens und Anhörung des Betroffenen lehnte das AG dies mit Beschl. v. 25.4.2005 ab und stellte das Unterbringungsverfahren ein.
Hiergegen erhob die Betreuerin Beschwerde, die das LG mit Beschl. v. 14.6.2005 zurückwies. Unabhängig davon regte das Bezirkskrankenhaus am selben Tag die Unterbringung des Betroffenen an. Am 15.6.2005 hörte das AG den Betroffenen an und lehnte es erneut ab, eine Genehmigung zur Unterbringung des Betroffenen zu erteilen.
Mit Schreiben vom 30.6.2005 legten die Verfahrensbevollmächtigten der Betreuerin gegen den landgerichtlichen Beschl. v. 14.6.2005 sofortige weitere Beschwerde ein.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Aufgrund der neuen Entscheidung des AG vom 15.6.2005 hat sich im Hinblick auf die angegriffene Entscheidung des LG vom 14.6.2005 die Hauptsache erledigt.
1. Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Hauptsache erledigt, wenn nach Einleitung des Verfahrens der Verfahrensgegenstand durch ein Ereignis, welches eine Veränderung der Sach- und Rechtslage herbeiführt, weggefallen ist, so dass eine Weiterführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hätte, weil eine Sachentscheidung nicht mehr ergehen kann (vgl. BGH v. 25.11.1981 - IVb ZB 756/81, MDR 1982, 473 = NJW 1982, 2505 [2506]; BayObLG v. 17.5.1990 - BReg.3 Z 22/90, BayObLGZ 1990, 130 [131]; Bassenge/Herbst/Roth, FGG/RPflG, 10. Aufl., Einl. FGG Rz. 120 f.; Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 19 FGG Rz. 85).
Eine Erledigung der Hauptsache tritt insb. ein, wenn eine gerichtliche Verfügung durch die spätere Fortentwicklung des Verfahrens und insb. eine neue gerichtliche Entscheidung bedeutungslos wird mit der Folge, dass eine Beschwerdeentscheidung über die frühere Verfügung den Beschwerdeführer nicht mehr besser stellen könnte (Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses durch sog. verfahrensrechtliche Überholung; vgl. Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 19 FGG Rz. 87 Stichwort "prozessuale Überholung" m.w.N.). Tritt die Erledigung der Hauptsache bereits vor Einlegung der weiteren Beschwerde ein, so ist dieses Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen (Bassenge, Einl. FGG Rz. 130; Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 19 FGG Rz. 93).
2. Die Erledigung der Hauptsache ist hier dadurch eingetreten, dass das VormG mit Beschl. v. 15.6.2005 einen neuen Antrag auf Genehmigung der Unterbringung des Betroffenen abgelehnt und das Unterbringungsverfahren eingestellt hat. Dieser Entscheidung lag eine neue Entwicklung des Sachverhalts zugrunde, die im Verfahren vor dem LG noch nicht berücksichtigt werden konnte. Die Entscheidung des AG wurde nicht mit Rechtsmitteln angefochten, so dass sie formell rechtskräftig geworden ist (§ 70m Abs. 1, § 70g Abs. 3, § 22 Abs. 1 FGG).
Prüfungsgrundlage für das Gericht der weiteren Beschwerde ist grundsätzlich der Sachverhalt zur Zeit des Erlasses der Beschwerdeentscheidung (§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG i.V.m. § 559 Abs. 1 S. 1 ZPO; vgl. Bassenge § 27 FGG Rz. 33). Die zeitliche Zäsur durch die landgerichtliche Entscheidung verwehrt es dem Gericht der weiteren Beschwerde daher, neue Sachverhaltsentwicklungen nach der landgerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen. Andererseits könnte eine auf überholter Sachverhaltsgrundlage ergangene Entscheidung durch den Senat - etwa eine Unterbringungsgenehmigung - die aufgrund späterer Sachverhaltsentwicklungen ergangene und damit auf aktuellerer Sachkenntnis beruhende Entscheidung des AG vom 15.6.2005 (die ja eine Unterbringung ablehnte) nicht überspielen. Durch die Fortentwicklung des Verfahrens könnte eine Entscheidung über die sofortige weitere Beschwerde die ...