Leitsatz (amtlich)
Das Grundbuchamt darf die Eintragung eines Rangrücktritts nicht von der Bewilligung des Betroffenen abhängig machen, wenn die Vollstreckungsbehörde (hier: Finanzamt) bestätigt, den Anfechtungsanspruch im Wege eines Duldungsbescheids gegen den Vormerkungsberechtigten als Empfänger der unentgeltlichen Leistung geltend gemacht zu haben.
Normenkette
GBO § 38; AO §§ 322, 191; AnfG §§ 2, 11 Abs. 2, § 13
Verfahrensgang
AG Garmisch-Partenkirchen (Beschluss vom 03.04.2012; Aktenzeichen WE-1080-20) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des AG Garmisch-Partenkirchen - Grundbuchamt - vom 3.4.2012 aufgehoben.
II. Es ergeht folgende Zwischenverfügung:
Der Eintragung steht derzeit das Hindernis entgegen, dass die Bewilligung der Teilung der Zwangshypothek nicht in der Form des § 38 mit § 29 Abs. 3 GBO vorliegt. Zur Behebung des Eintragungshindernisses, etwa durch Genehmigung des Ersuchens vom 26.3.2012 durch den Beteiligten zu 1, wird diesem eine Frist bis 30.10.2012 gesetzt.
III. Das Verfahren wird dem Grundbuchamt zur weiteren Bearbeitung zurückgegeben.
Gründe
I. Im Grundbuch sind die Brüder G. und M. L. als Miteigentümer eines Grundstücks eingetragen. Am 14.7.2011 gab M. L. gegenüber seinem Bruder, dem Beteiligten zu 2, ein bis 14.7.2021 unwiderrufliches Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrags mit einem noch zu benennenden Dritten über seinen Miteigentumsanteil am Grundstück ab. Gleichzeitig bewilligte er eine Eigentumsvormerkung hinsichtlich der Übertragung dieses Miteigentumsanteils, die am 10.8.2011 in Abt. II lfd. Nr. 2 eingetragen wurde.
Aufgrund Ersuchens des Finanzamtes (Beteiligte zu 1) vom 10.8.2011 trug das Grundbuchamt am 18.8.2011 eine verteilte Zwangssicherungshypothek i.H.v. 835.514,38 EUR am Grundstücksanteil von M. L. ein und beantragte am 21.12.2011 die Eintragung eines Rangrücktrittes der Eigentumsvormerkung aufgrund Duldungsbescheids.
Nach einer Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 30.1.2012 ersuchte der Beteiligte zu 1 mit unterschriebenem, aber nicht gesiegeltem Schreiben vom 26.3.2012, der genannten Sicherungshypothek jedenfalls in Höhe eines Betrags von 705.250,48 EUR den Vorrang gegenüber der in Abteilung II lfd. Nr. 2 eingetragenen Eigentumsvormerkung einzuräumen. Der Vorrang ergebe sich aus einem am 5.3.2012 erlassenen und am 6.3.2012 an den Beteiligten zu 2 zugestellten Duldungsbescheid nach § 191 Abs. 1 AO i.V.m. § 4 AnfG, in dem die Anfechtung des Vertrags vom 14.7.2011 wegen Gläubigerbenachteiligung geltend gemacht wird. Zudem führt der Bescheid an, dass der Beteiligte zu 2 die Vollstreckung in die Einräumung des Überlassungsvertrags und die Auflassungsvormerkung zu dulden habe.
Diesen Antrag hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 3.4.2012 zurückgewiesen. Für den Rangrücktritt sei die Bewilligung des Beteiligten zu 2 erforderlich und nicht durch den Duldungsbescheid ersetzbar, zumal die Einspruchsfrist gegen den Duldungsbescheid noch nicht abgelaufen sei.
Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 1 am 14.5.2012 Beschwerde u.a. mit dem Hinweis darauf eingelegt, dass ein Einspruch des Beteiligten zu 2 keine aufschiebende Wirkung habe; das Ersuchen sei im Übrigen gesetzmäßig und zu vollziehen.
Der Beschwerde hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen.
Seit 30.5.2012 ist ein Insolvenzvermerk an dem von der Vormerkung betroffenen Grundstücksanteil eingetragen.
II.1. Die Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1 ergibt sich daraus, dass sein nach § 38 GBO gestelltes Ersuchen zurückgewiesen worden ist. Es kann dabei im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung dahingestellt bleiben, ob das Ersuchen auf Eintragung des Vorrangs von § 38 GBO gedeckt ist. Diese Frage ist als sog. doppelrelevante Tatsache erst im Rahmen der Begründetheit zu erörtern. Für die Zulässigkeit ist der schlüssige Vortrag genügend, dass sich die Befugnis der Behörde aus § 38 GBO ergebe.
2. Die Beschwerde hat im Wesentlichen Erfolg.
a) Bei den Forderungen des Finanzamts handelt es sich um Steueransprüche sowie steuerliche Nebenforderungen, die zunächst durch die Eintragung einer (verteilten) Zwangshypothek gem. § 866 Abs. 1, § 867 Abs. 1 und 2 ZPO gesichert wurden. Zutreffend ging das Grundbuchamt bei Eintragung der Zwangshypothek davon aus, dass der Beteiligte zu 1 als Vollstreckungsbehörde (vgl. § 249 AO) gem. § 38 GBO den erforderlichen Antrag stellen und - bindend für das Grundbuchamt - gleichzeitig das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung bestätigen konnte (s. etwa Demharter, GBO, 28. Aufl., § 38 Rz. 16).
b) Zu Unrecht fordert das Grundbuchamt für den Rangrücktritt die Bewilligung des Berechtigten der zurücktretenden Vormerkung. Vielmehr ergibt sich die Befugnis zum Antrag und die Pflicht zum Vollzug auch in diesem Fall aus § 38 GBO. Denn das oben Gesagte gilt auch für die Geltendmachung und Durchsetzung eines Anfechtungsanspruchs des vollstreckenden Finanzamts nach dem Anfechtungsgesetz.
(1) § 191 Abs. 1 Satz 1 AO beschränkt die Möglichkeiten...