Leitsatz (amtlich)
Zum Anwendungsbereich des § 32b Abs. 1 ZPO in alter wie in der ab 1.11.2012 geltenden Fassung (hier: Klage gegen den "Initiator" und "Herausgeber", die ausschließlich auf fehlerhafte Anlageberatung/-vermittlung gestützt wird).
Normenkette
ZPO § 32b Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 22 O 13120/13) |
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-25 O 149/13) |
Tenor
Örtlich zuständig ist das LG Frankfurt/M.
Gründe
I. Auf Antrag des im Bezirk LG Oldenburg wohnhaften Klägers erging wegen "Anspruchs aus Prospekthaftung" i.H.v. 57.763,59 EUR Hauptsache gegen die in Frankfurt/M. ansässige Beklagte, eine deutsche Großbank, zunächst am 9.1.2012 Mahnbescheid. Auf Widerspruch wurde der Rechtsstreit am 17.2.2012 an das als Prozessgericht bezeichnete LG München I abgegeben (Az. 22 O 13120/13). Dort begehrt der Kläger mit seiner Anspruchsbegründung vom 14.3.2013 von der Beklagten noch Schadensersatz über 20.440 EUR im Zusammenhang mit Beteiligungen an zwei Filmfonds, die in der Rechtsform von Kommanditgesellschaften betrieben werden und ihren Sitz in München haben. Der Zeichnung vorausgegangen war ein Beratungsgespräch - ohne Aushändigung eines Fondsprospekts - in der Geschäftsstelle der Beklagten am Wohnsitz des Klägers. Dieser hält die Aufklärung über die mit den Fonds verbundenen Risiken für fehlerhaft; so sei er nicht über Vertriebsprovisionen sowie über die Unsicherheit der steuerrechtlichen Bewertung aufgeklärt worden. Seine klagegegenständlichen Schadensersatzansprüche begründet er mit Pflichtverletzungen des mit der Beklagten zustande gekommenen Auskunfts- und Beratungsvertrags.
Die Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des angegangenen Gerichts gerügt und sich darauf berufen, dass nach § 32b ZPO das LG Frankfurt/M. ausschließlich zuständig sei. Die Beklagte sei Initiatorin und zudem Prospektverantwortliche. Das LG München I hat sich daraufhin mit Beschluss vom 26.2.2013 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers unter Hinweis auf § 32b ZPO an das LG Frankfurt/M. verwiesen (§ 281 Abs. 1 ZPO).
Das LG Frankfurt/M. hat zunächst mit den Parteien wohl nicht mitgeteilter Entscheidung vom 15.3.2013 die Übernahme abgelehnt und die Sache zurückgegeben, sodann mit bekannt gegebenem und in der Begründung identischem Beschluss vom 3.6.2013 die Übernahme abgelehnt, sich für örtlich unzuständig erklärt und die Sache erneut zurückgegeben.
Das LG Frankfurt/M. vertritt die Auffassung, an die Verweisung durch das LG München I nicht gebunden zu sein. Jenes sei als angerufenes Gericht zuständig, eine Verweisung scheide deshalb aus. Schließlich greife § 32b ZPO nicht ein, die Beklagte sei weder Emittent noch Anbieter noch Zielgesellschaft. Diese Eigenschaften kämen allenfalls den nicht verklagten Fonds zu. Emittentin sei die Beklagte keinesfalls, die Beklagte sei hier als Anlageberaterin tätig geworden. Allenfalls müsse man aus den Intentionen des Gesetzgebers schließen, dass das LG München I als Gericht am Sitz des betroffenen Emittenten bzw. der Zielgesellschaft auch ausschließlich zuständig sei für Ansprüche gegen die Beklagte aus behaupteter Prospektverantwortlichkeit. Jedenfalls komme eine Auslegung dahin, bei Zusammentreffen von Anlageberatung und Prospektverantwortlichkeit sei Gerichtsstand der Sitz des Anlageberaters, offensichtlich nicht in Betracht.
Das LG München I ist demgegenüber der Auffassung, § 32b ZPO finde Anwendung, die Beklagte sei Emittentin bzw. Anbieterin der Anlage. Das folge aus dem Emissionsprospekt. Dass die Klage auf fehlerhafte Beratung gestützt werde, sei nicht erheblich. Die Kommanditgesellschaft sei lediglich geschäftsführende Gesellschafterin des Fonds sowie Produzentin.
II. Zuständig ist das LG Frankfurt/M. Dieses ist an den Verweisungsbeschluss des LG München I vom 26.2.2013 gebunden.
1. Das OLG München ist zuständiges Gericht nach § 36 Abs. 2 ZPO, weil das zuerst angegangene Gericht, das LG München I, zu seinem Bezirk gehört.
Die Voraussetzungen für die begehrte Zuständigkeitsbestimmung sind gegeben. Im Falle des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO setzt die Entscheidung keinen Antrag einer Partei voraus. Vielmehr genügt auch die Vorlage eines der beteiligten Gerichte (st. Rspr., s. BGH NJW 1979, 1048; NJW 1985, 2537). Ein - regelmäßig bindender - Beschluss nach § 281 ZPO erfüllt die Voraussetzungen einer "rechtskräftigen Unzuständigerklärung" i.S.v. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO, 29. Aufl., § 36 Rz. 25 m.w.N.). Jedenfalls die Entscheidung des LG Frankfurt/M. vom 3.6.2013 ist als abschließende Kompetenzleugnung zu verstehen (vgl. BGH NJW-RR 1992, 579); in dieser Konstellation rechtfertigt sich die Anwendung der Nr. 6.
Grundsätzlich ist das Gericht als zuständig zu bestimmen, an das die Sache in dem zuerst ergangenen Beschluss verwiesen worden ist. Dies ergibt sich aus § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO, wonach ein auf der Grundlage von § 281 Abs. 1 ZPO ergangener Beschluss für das Gericht, an das die Sache verwiesen wird, bindend ist, was a...