Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Auch bei einer strafrechtlichen Unterbringung nach § 63 StGB in einem Bezirkskrankenhaus befindet sich der Betroffene in einem "Heim" im Sinne von § 5 VBVG.

  • 2.

    Der Betroffene hat dort jedenfalls dann seinen gewöhnlichen Aufenthalt, wenn er nicht mehr über einen anderen Daseinsmittelpunkt mit Rückkehrmöglichkeit verfügt.

  • 3.

    Eine zeitliche Lücke von sechs Monaten zwischen dem Ende einer vorläufigen Betreuung und der endgültigen Betreuerbestellung führt jedenfalls dann nicht zur Annahme einer Erstbetreuung ab dem Zeitpunkt der Bestellung des endgültigen Betreuers, wenn dieser in der Zwischenzeit tatsächlich für den Betroffenen tätig geworden ist und einen einheitlichen Vergütungsantrag für einen die Lücke überspannenden Gesamtzeitraum einreicht.

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 03.03.2006; Aktenzeichen 13 T 23600/05)

AG München (Aktenzeichen 706 XVII 02493/04)

 

Tenor

  • I.

    Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 3. März 2006 wird zurückgewiesen.

  • II.

    Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 592,53 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Für den nicht mittellosen Betreuten wurde durch Beschluss des Amtsgerichts vom 20.4.2004 die Beschwerdeführerin als vorläufige Betreuerin bis 15.10.2004 bestellt.

Seit 3.1.2005 befindet er sich im Bezirkskrankenhaus, zunächst auf der Grundlage eines vorläufigen Unterbringungsbefehls nach § 126a StPO, seit 19.5.2005 aufgrund Unterbringung gemäß § 63 StGB. Die Beschwerdeführerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts vom 24.3.2005 (wirksam geworden am 29.3.2005) zur endgültigen Betreuerin bestellt mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung; Gesundheitsfürsorge; Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern; Wohnungsangelegenheiten; Vertretung gegenüber therapeutischen Einrichtungen, eventuell Heimen; Vertretung in strafrechtlichen Angelegenheiten.

Für die Zeit vom 1.7.2005 bis 30.9.2005 machte die Betreuerin einen Aufwand von sieben Stunden pro Monat zu je 44 Euro sowie anteilig einen Tag Betreuungszeit mit einem verringerten Ansatz von sechs Stunden pro Monat geltend (insgesamt 922,53 Euro). Das Amtsgericht hat der Betreuerin nur eine Vergütung in Höhe von 330 Euro bewilligt und den darüber hinausgehenden Antrag zurückgewiesen. Als Beginn der Betreuung sei der 21.4.2004 anzusetzen. Die zeitliche Lücke zwischen 15.10.2004 und 29.3.2005 nach Auslauf der vorläufigen Betreuung und bis zur Bestellung als endgültige Betreuerin führe nicht zu einem Neubeginn der Betreuung am 29.3.2005. Es habe nie die Absicht bestanden, das Betreuungsverfahren einzustellen. Die Anordnung der endgültigen Betreuung sei aus rein praktischen Gründen gescheitert, weil die Anhörung des Betroffenen nicht möglich gewesen sei. Die Betreuerin habe ihre Betreuungsarbeit auch tatsächlich fortgesetzt. Im Übrigen sei der Betreute, der im gesamten Abrechnungszeitraum im Bezirkskrankenhaus untergebracht gewesen sei, als in einem Heim lebend anzusehen. Er habe dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt. Es seien daher nur 2,5 Stunden pro Monat anzusetzen.

Mit Beschluss vom 3.3.2006 bestätigte das Landgericht auf die sofortige Beschwerde der Betreuerin die Entscheidung des Amtsgerichts. Mit der zugelassenen, form- und fristgerecht eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt die Betreuerin ihr Ziel weiter, der Vergütungsberechnung den von ihr beantragten höheren Stundenansatz zugrunde zu legen.

II.

Das zugelassene und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1.

Das Landgericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt:

Als Beginn der Betreuung sei der 21.4.2004 anzusehen. Der zeitliche Zwischenraum von einem halben Jahr spreche im konkreten Fall nicht dagegen, eine durchgehende Betreuung anzunehmen. Bei der Auslegung des VBVG sei die Bundestagsdrucksache 15/2494 heranzuziehen. Hieraus ergebe sich, dass bei zeitlichen Lücken der Betreuung im Einzelfall zu klären sei, ob es sich jeweils wieder um eine Erstbetreuung mit der Folge einer erhöhten Anfangsvergütung handle. Hiergegen spreche im verfahrensgegenständlichen Fall, dass die rechtzeitige Anordnung der endgültigen Betreuung vor Ablauf der vorläufigen lediglich daran scheiterte, dass die Anhörung des Betreuten nicht früher möglich gewesen sei. Dieser habe vereinbarte Termine nicht eingehalten. Entscheidend sei aber das Argument, dass die Betreuerin, wie sich aus ihrem Vergütungsantrag vom 2.7.2005 ergebe, auch im Zeitraum Mitte Oktober 2004 bis 29.3.2005 durchgehend für den Betreuten tätig gewesen sei. Bei einer tatsächlich kontinuierlich durchgängig geführten Betreuungsarbeit erscheine es nicht sachgerecht, rechtlich eine Unterbrechung von einem halben Jahr und eine neue Betreuung mit Anordnung vom 29.3.2005 anzunehmen.

Der Betreute sei vergütungsrechtlich als Heimbewohner gemäß § 5 Abs. 1 VBVG anzusehen. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 VBVG würden von der forensischen Psychiatrie des Bezirkskrankenhauses erfüllt. Der Betreute sei dort auf...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?