Leitsatz (amtlich)
1. Begehrt derjenige, dem bei wirksamer Ausschlagung der Nachlass zufiele, die Berichtigung des Grundbuchs, hat das Grundbuchamt trotz Vorliegens öffentlicher Urkunden einen Erbschein zu verlangen, wenn weitere Ermittlungen dazu erforderlich sind, ob die Ausschlagung wirksam erklärt ist.
2. Ist ein Ersatzerbe für den Fall benannt, dass der Überlebende keine entgegenstehenden Verfügungen von Todes wegen trifft, so ist vor Anwendung gesetzlicher Auslegungsregeln zunächst zu klären, ob dies nach dem Willen des Erblassers auch dann gelten solle, wenn der Überlebende die Erbschaft ausschlägt.
Normenkette
BGB §§ 1943, 2102; GBO §§ 22, 29 Abs. 1, § 35 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Garmisch-Partenkirchen |
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des AG Garmisch-Partenkirchen - Grundbuchamt - vom 26.11.2014 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der am 18.9.2014 verstorbene Anton L. ist als Eigentümer von Grundbesitz (Wohnungseigentum) im Grundbuch eingetragen. Er hatte am 19.8.2013 mit seiner Schwester Aurelia L. einen notariellen Erbvertrag errichtet. Darin setzten sich die Geschwister gegenseitig "zu alleinigen und ausschließlichen Erben" ein. In Abschnitt II § 1 Nr. 2 der Urkunde ist geregelt:
Sollte der Überlebende von uns keine entgegenstehenden Verfügungen von Todes wegen mehr treffen, so soll Herr Ulrich L. (= der Beteiligte) alleiniger Erbe des Letztversterbenden, also Schlusserbe sein, ersatzweise...
Mit notarieller Urkunde vom 11.11.2014 erklärte Aurelia L.:
I. Ich,..., komme aufgrund letztwilliger Verfügung (Erbvertrag vom 19.8.2013) und/oder kraft Gesetzes als Erbe in Betracht. In dem Erbvertrag haben der Erblasser, mein Bruder und ich Herrn Ulrich L. als unseren gemeinsamen Schlusserben eingesetzt. Dies ist auch als Ersatzerbeinsetzung durch den Erstversterbenden anzusehen.
II. Ich schlage hiermit die Erbschaft nach Anton L. aus allen möglichen Berufungsgründen und ohne jede unzulässige Bedingung aus. Die Ausschlagung erfolgt nicht zur Wiedererlangung einer Testierfreiheit, sondern zur direkten Weiterleitung der Erbschaft an den gemeinsamen Schlusserben und Ersatzerben ...
Vom Anfall der Erbschaft habe ich Kenntnis seit der Mitteilung des Nachlassgerichts vom (handschriftlich ergänzt) 4.11.2014.
Die notarielle Urkunde wurde zusammen mit einem Formblattschreiben vom 11.11.2014, unterzeichnet von dem Beteiligten und von Aurelia L. persönlich, eingereicht. In dem beigefügten Schriftstück wird einerseits form- und fristgerechte Ausschlagung der Erbschaft erklärt, andererseits unter Bezugnahme auf die Nachlassakten die Berichtigung des Grundbuchs "als Vertreter" beantragt. Zudem ist die Spalte "Ich benötige einen Erbschein" angekreuzt mit dem ebenfalls angekreuzten vorgedruckten Zusatz, dass der Antrag in notarieller Form nachgereicht wird.
Die Niederschrift des Nachlassgerichts vom 17.11.2014 enthält die Aussage eines Zeugen, wonach der Erblasser schon seit langem nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei ("Das weiß jeder").
Mit Schreiben vom 3.12.2014 erklärte der Beteiligte die Erbschaft anzunehmen. Er hat zugleich die Berichtigung des Grundbuchs beantragt und zum Nachweis auf den in der Nachlassakte befindlichen Erbvertrag, die Eröffnungsniederschrift sowie die Ausschlagungserklärung Bezug genommen.
Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 26.11.2014 hat das AG - Grundbuchamt - den fehlenden Erbennachweis durch Erbschein als Eintragungshindernis bezeichnet. Der notarielle Erbvertrag sei nicht ausreichend, da sich aus der Nachlassakte Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers ergeben würden. Die Erbfolge ergebe sich auch nicht direkt aus dem Erbvertrag, sondern erst nach Klärung der Wirksamkeit der Ausschlagung.
Gegen die Zwischenverfügung hat der Beteiligte mit Schreiben vom 9.12.2014 "Widerspruch" eingelegt und im Folgenden Atteste sowie ein von ihm als früherer Betreuer des Erblassers erholtes Privatgutachten vom 27.1.2015 eines Facharztes für Nervenheilkunde zur Testierfähigkeit des Erblassers vorgelegt. Dieses kommt zum Ergebnis, dass "sehr viel mehr für als gegen die Annahme" spreche, der Betroffene sei bei Unterzeichnung des Erbvertrags testierfähig gewesen.
Der Beschwerde hat das Nachlassgericht nicht abgeholfen.
Der Senat hat die Nachlassakten beigezogen.
II. Das Rechtsmittel erweist sich als unbegründet.
1. Das Rechtsmittel ist als unbeschränkte Beschwerde gegen die nach § 18 Abs. 1 GBO ergangene Zwischenverfügung auszulegen, als solche statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO) und auch im Übrigen zulässig, § 73 GBO. Sie hat im Ergebnis jedoch keinen Erfolg; denn das Grundbuchamt kann zum Nachweis der Berichtigungsvoraussetzungen einen Erbschein (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GBO) verlangen.
2. Das Grundbuch kann gemäß § 22 GBO berichtigt werden, wenn die bestehende Unrichtigkeit und die Richtigkeit der begehrten neuen Eintragung jeweils in der Form des § 29 GBO nachgewiesen sind. Für den Nachweis der Erbfo...