Entscheidungsstichwort (Thema)
Dieselskandal: Software-Update als eigenständige unerlaubte Handlung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Behauptung, das Software-Update der Beklagten enthalte seinerseits eine neue unzulässige Abschalteinrichtung, handelt es sich in der Regel um einen eigenen Streitgegenstand.
2. Ein Anspruch aus § 826 BGB wegen des Software-Updates würde mangels vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung auch materiell-rechtlich nicht bestehen.
Normenkette
BGB § 826; EGV Nr. 715/2007 Art. 5 Abs. 2 S. 1; ZPO § 533
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 13.12.2019; Aktenzeichen 10 O 1847/19) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 13.12.2019, Az. 10 O 1847/19, wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 8.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche nach dem Kauf eines Gebrauchtwagens im Zusammenhang mit dem sog. "VW-Abgasskandal" geltend. Die Klagepartei erwarb mit Kaufvertrag vom 18.03.2016 einen gebrauchten PKW der Marke VW Passat 2.0 TDI zum Kaufpreis von 7.900,- EUR. Der PKW ist mit einem Dieselmotor Typ EA 189 ausgestattet, den die Beklagte hergestellt hat.
Das Landgericht hat die Klage insgesamt mangels Vorsatznachweis abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt.
Auf den Hinweis des Senats vom 27.08.2020, wonach er die Berufung i.S.v. § 522 Abs. 2 ZPO für unbegründet hält, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 21.09.2020 darauf verwiesen, dass er bereits in erster Instanz auch geltend gemacht habe, dass das Software-Update der Beklagten seinerseits eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt eines sog. "Thermofensters" enthalte, was eine neue, eigenständige sittenwidrige Schädigung i.S.v. § 826 BGB darstelle.
II. Die Berufung des Klägers ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussweg als unbegründet zurückzuweisen, da der Senat einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Der Senat hält das Urteil des Landgerichts im Ergebnis für zutreffend. Er nimmt auf das angefochtene Urteil Bezug. Bezug genommen wird ferner auf die Hinweise des Senats vom 27.08.2020, wonach er die Berufung i.S.v. § 522 Abs. 2 ZPO für unbegründet hält. Auch der weitere Schriftsatz vom 21.09.2020 gab keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung:
1. Gegen die in dem Hinweis des Senats vom 27.08.2020 geäußerte Auffassung, dass angesichts der neuen Rspr. des BGH, wonach Käufern, die sich - wie der Kläger hier - erst für einen Kauf entschieden haben, nachdem die Beklagte ihr sittenwidriges Verhalten ab dem 22.09.2015 geändert hatte, nicht mehr sittenwidrig ein Schaden zugefügt worden ist (BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20), wendet sich die Berufung nicht, sodass insoweit weitere Ausführungen nicht veranlasst sind.
2. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 21.09.2020 darauf hingewiesen hat, dass er bereits in erster Instanz auch geltend gemacht habe, dass das Software-Update der Beklagten seinerseits eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt eines sog. "Thermofensters" enthalte, gibt dies ebenfalls zu keiner anderen Entscheidung Anlass:
a) In prozessualer Hinsicht handelt es sich bei diesem Vorbringen jedenfalls hier um einen eigenen Streitgegenstand. Bei den beiden Ansprüchen 1. Schadenersatz wegen Sittenwidrigkeit der ursprünglichen Abschalteinrichtung und 2. Schadenersatz wegen Sittenwidrigkeit des Software-Updates handelt es sich hier nicht lediglich um jeweils eine von mehreren Grundlagen desselben prozessualen Anspruchs:
(1) Nach der Rechtsprechung des BGH wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. Zum Anspruchsgrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht vorträgt. Die Einheitlichkeit des Klageziels genügt nicht, um einen einheitlichen Streitgegenstand anzunehmen. Kann der Kläger die Klagesumme nur einmal beanspruchen, liegt bei einer Mehrheit von Streitgegenständen eine alternative Klagehäufung i.S.d § 260 ZPO vor, bei der der Kläger allerdings angeben muss, in welcher Reihenfolge er sein Klagebegehren im Hinblick auf die verschiedenen Streitgegenstände stützt (BGH, Urteil vom 5.7.2016 - XI ...