Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsgefahr, Haftungsquote, Fahrzeug, Revision, Verkehrsteilnehmer, Nachweis, Parkplatz, Zulassung, Klage, Kostenentscheidung, Anwendbarkeit, Schutz, Sitzungsniederschrift, ausparken, Die Fortbildung des Rechts, Fortbildung des Rechts, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Urteil vom 05.03.2021; Aktenzeichen 13 O 938/20)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin vom 06.04.2021 wird das Endurteil des LG Landshut vom 05.03.2021 (Az. 13 O 938/20) abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

I. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin samtverbindlich einen Betrag in Höhe von 2.425,64 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.10.2019 zu bezahlen.

II. Die Beklagten werden verurteilt, zugunsten der Klägerin samtverbindlich 402,88 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.10.2019 an die K. & S. GbR, ..., IBAN..., BIC ... zur Rechnung-Nr. .252F zu bezahlen.

III. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin samtverbindlich 157,79 EUR außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.04.2020 zu bezahlen.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, die über die Ziffern 1 und 2 hinausgehenden unfallbedingten Schadensersatzansprüche zu 100% an die Klägerin auszugleichen.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

2. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. Verb. m. § 544 II Nr. 1 ZPO).

B. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

I. Das Landgericht hat zu Unrecht die Betriebsgefahr des Klägerfahrzeugs im Rahmen der Abwägung der jeweiligen Verursachungsbeiträge mit einer Haftungsquote von 25% berücksichtigt und folglich zu Unrecht die Klage teilweise abgewiesen.

1. Da die Unfallschäden jeweils bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden sind und die Ersatzpflicht weder wegen Vorliegens höherer Gewalt nach § 7 II StVG ausgeschlossen ist, noch ein unabwendbares Ereignis für einen der beiden Fahrzeugführer nach § 17 III StVG vorliegt, hängt die Schadensersatzpflicht nach §§ 17 I, 18 III StVG im Verhältnis der Klägerin zu den Beklagten von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Die Beteiligten haben dabei jeweils die Umstände zu beweisen, die dem anderen zum Verschulden gereichen und aus denen sie die nach der Abwägung für sich günstigen Rechtsfolgen herleiten wollen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.12.2017 - I-1 U 84/17 -, Rn. 16, juris mit Verweis auf BGH, Urteile vom 15. November 1960 - VI ZR 30/60 - VersR 1961, 249, 250; vom 8. Januar 1963 - VI ZR 35/62 - VersR 1963, 285, 286; vom 23. November 1965 a.a.O S. 165; vom 29. November 1977 - VI ZR 51/76 - VersR 1978, 183, 185).

2. Der Klägerin gelang der Nachweis, dass der Beklagte zu 1) gegen die Vorschrift des § 1 II StVO, die vorliegend ergänzend im Lichte der Rechtsgedanken des § 9 Abs. 5 StVO auszulegen ist, verstoßen hat.

Aufgrund der Angaben der Unfallparteien (vgl. S. 2 ff. der Sitzungsniederschrift des Erstgerichts vom 12.02.2021, Bl. 114 ff. d. LG-A.) und aufgrund der ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. R. in der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2021 (vgl. S. 4 der entsprechenden Sitzungsniederschrift, Bl. 44 d. OLG-A.) geht der Senat davon aus, dass der Beklagte zu 1) mit seinem Fahrzeug jedenfalls aus seinem Stellplatz rückwärts ausgefahren ist und die Klägerin spätestens im Zuge der Rückwärtsfahrt hätte erkennen und durch ein Anhalten den Unfall vermeiden können. Denn für den Fall, dass sich das Klägerfahrzeug schon im Bereich kurz vor Einfahrt in den Gefahrenbereich hinter dem Beklagtenfahrzeug befunden hat, führte der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend aus, dass dann das Klägerfahrzeug für den Beklagten zu 1) schon bei Abfahrt des Beklagten nach hinten sichtbar gewesen wäre (vgl. S. 4 der Sitzungsniederschrift vom 01.12.2021, Bl. 44 d. OLG-A.). Weiter führte der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend aus, dass in jedem anderen Fall das Klägerfahrzeug für den Beklagten zu 1) während der Rückwärtsfahrt, nachdem das Beklagtenfahrzeug etwas mehr als die Hälfte der Fahrzeuglänge nach hinten gefahren war, auch während der Annäherung sichtbar gewesen wäre, da spätestens eine halbe Fahrzeuglänge vor Kollisionskontakt sich das Klägerfahrzeug selbst bei der günstigen Betrachtung für die Beklagtenseite unmittelbar hinter dem Klägerfahrzeug befunden hat (vgl. S. 4 der Sitzun...

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