Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschalteinrichtung, Klagepartei, Sittenwidrigkeit, Sachmängelhaftung, Verbotsirrtum, Differenzschaden, Rechtsprechung des BGH, Berufungsrücknahme, Schriftsätze, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Unzulässigkeit, Außergerichtliche Rechtsverfolgung, Prozeßbevollmächtigter, Rechtsmißbrauch, Verkehrserforderliche Sorgfalt, Kaufvertrag, Basiszinssatz, Verwaltungsgerichtsurteile, Fahrzeuge

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Urteil vom 27.03.2020; Aktenzeichen 41 O 569/19)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klagepartei wird das Endurteil des Landgerichts Ingolstadt vom 27.03.2020, Az. 41 O 569/19, in Ziffer 1 seines Tenors dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klagepartei 3.432,50 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.06.2019 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klagepartei 90%, die Beklagte 10%.

4. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 bezeichnete Urteil des Landgerichts Ingolstadt, soweit es noch Bestand hat, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus dem Kauf eines Pkws im Rahmen des sogenannten Dieselskandals.

A. Die Klagepartei kaufte mit Bestellung vom 22.12.2015 von der B. A. GmbH in K. den gebrauchten Pkw Audi A5 Coupe 3,0l TDI, FIN: ...285, Motorkennbuchstabe CLAB mit einem Kilometerstand von 52.300 km zum Preis von 34.325,00 EUR brutto (vgl. Anl. K 1). In dem Fahrzeug war ein 3-Liter-Dieselmotor EU 5 verbaut, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob es sich dabei um den Motortyp EA 897 (so die Klagepartei) oder EA 896Gen2 handelt. In der Motorsteuerungssoftware kommt ein Thermofenster zur Anwendung.

Die Klagepartei verkaufte das streitgegenständliche Fahrzeug am 10.09.2021 bei einem Kilometerstand von "ca. 130.000" zu einem Preis von 16.500,00 EUR. Der Kaufvertrag enthielt den Passus "Ggf. noch bestehende Ansprüche gegenüber Dritten aus Sachmängelhaftung werden an den Käufer abgetreten" (vgl. den Kaufvertrag laut Anl. BB 23).

Die Klagepartei trug vor, dass in der Motorsteuerungssoftware eine Software mit dem Codenamen "Akustikfunktion" installiert sei, die erkenne, ob sich das Fahrzeug in der Prüfstandsanordnung befinde. Unter Prüfstandsbedingungen würde die Abgasaufbereitung so optimiert, dass möglichst wenig Stickoxide entstünden, während im normalen Fahrbetrieb Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb gesetzt würde. Zu diesem Zweck sei neben der Systemsteuerung ein zusätzliches Steuergerät, die "Auxiliary Emission Control Device" (AECD) eingebaut worden. Darüber hinaus sei das OBD-System dahingehend manipuliert, dass dieses bei der Inspektion fälschlicherweise melde, dass die Abgassysteme ordnungsgemäß funktionierten.

In dem streitgegenständlichen Fahrzeug komme auch eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form der "Aufheizstrategie" zum Einsatz. Diese Funktion diene dazu, dass der Oxydationskatalysator möglichst schnell nach Motorstart seine Arbeitstemperatur erreiche. Dabei seien die Deaktivierungsbedingungen so ausgeprägt, dass die Funktion mit Sicherheit im NEFZ aktiv sei, während sie im realen Fahrbetrieb überwiegend deaktiviert sei. Schließlich sei in dem Fahrzeug auch noch eine Lenkwinkelerkennung implementiert, die die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unzulässig reduziere.

Wie sich aus Anl. K 12 ergebe, habe das Kraftfahrtbundesamt mittlerweile einen Rückruf für das streitgegenständliche Fahrzeug angeordnet.

Die Klagepartei beantragte,

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerpartei EUR 35.262,88 nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem 04.01.2016 bis zum 08.02.2019 und seither fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz abzüglich einer im Termin mit 5.470,23 EUR bezifferten Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ...285 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 09.02.2018 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten des [sic] außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.02.2018 zu zahlen.

Die Beklagte beantragte,

Klageabweisung.

Sie erwiderte, dass in dem Motor keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verbaut seien.

Mit Endurteil vom 27.03.2020, Az. 41 O 569/19, wies das Landgericht Ingolstadt die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Landgericht u.a. aus, dass die Klagepartei im Hinblick auf die unstreitige Tatsache, dass streitgegenständliche Fahrzeugs von einem Rückruf durch das KBA nicht betroffen sei, nicht hinreichend dargetan habe, dass in dem Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen in Form einer "Aufheizstrategie" und einer Lenkwinkelerkennung implementiert s...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge