Leitsatz (amtlich)
Nach § 675f Abs. 4 Satz 1 BGB handelt es sich bei jeder einzelnen Ein- oder Auszahlung von Bargeld auf ein Girokonto oder von einem solchen um eine Leistung, für die als Gegenleistung ein Entgelt vereinbart und verlangt werden kann; die Vorschrift begründet deshalb eine Hauptleistungspflicht des Zahlungsdienstnutzers. Klauseln, welche die Höhe dieses Entgelts bestimmen, sind nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB entzogen.
Normenkette
BGB § 675f Abs. 4 S. 1, § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
LG Memmingen (Aktenzeichen 1 HK O 893/16) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 16. November 2016 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die beklagte Sparkasse bietet Privat- und Firmenkunden entgeltliche Giroverträge in verschiedenen Gestaltungen an.
Bei dem Vertragsmodell S-Giro Basis berechnet sie einen monatlichen Grundpreis von 3,90 EUR und daneben für die Leistung beleghafte Buchungen und Kassenposten mit Service je Buchung einen Betrag von 2,00 EUR, wie sich aus der nachfolgend wiedergegebenen Anlage MB 2 ergibt:
((Abbildung))
Bei dem Vertragsmodell S-Giro Komfort berechnet die Beklagte einen monatlichen Grundpreis von 7,90 EUR und daneben für die Leistung beleghafte Buchungen und Kassenposten mit Service je Buchung einen Betrag von 1,00 EUR, wie sich aus der nachfolgend wiedergegebenen Anlage MB 3 ergibt:
((Abbildung))
Schließlich bietet die Beklagte auch ein Vertragsmodell S-Giro Premium an, bei dem sie für die Leistung beleghafte Buchungen und Kassenposten mit Service kein gesondertes Entgelt neben dem Grundpreis von 14,90 EUR berechnet.
Bei allen drei Vertragsarten sind am Geldautomaten Auszahlungen - allerdings nur bis zu 1.500,- EUR täglich - und Einzahlungen von Bargeld ohne gesonderte Entgelte möglich.
Die klagende Wettbewerbszentrale sieht in der Vereinbarung gesonderter Entgelte für die Leistung beleghafte Buchungen und Kassenposten mit Service, nach ihrer Ansicht also für das Einzahlen oder das Auszahlen von Bargeld an der Kasse, die unlautere Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Nach erfolgloser Abmahnung hat sie mit ihrer am 20. Juni 2016 zugestellten Klage, der die Beklagte entgegengetreten ist, Ansprüche auf Unterlassung und Ersatz ihrer pauschalierten Abmahnkosten geltend gemacht.
Mit Urteil vom 16. November 2016, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug und beantragt,
das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Beklagte verurteilen,
1. es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis für die Ein- und Auszahlung von Bargeld auf bzw. von Girokonten an der Kasse ein Entgelt vorzusehen, sofern nicht mindestens fünf Einzahlungen oder Auszahlungen von Bargeld an der Kasse und/oder am Geldautomaten pro Monat ohne Berechnung möglich sind, insbesondere wenn dies wie in den Anlagen MB 2 und MB 3 der Klage geschieht
2. an sie einen Betrag von 246,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2017 Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
1. Der Unterlassungsantrag ist schon deshalb unbegründet, weil er die konkrete Verletzungsform verfehlt, welche die Klägerin im beanstandeten Vorgehen der Beklagten sieht.
Das von der Klägerin beantragte Verbot erfasst grundsätzlich Preis- und Leistungsverzeichnisse, die für die Ein- und Auszahlung von Bargeld auf bzw. von Girokonten an der Kasse ein Entgelt vorsehen; vom Verbot ausgenommen sind jedoch die Fälle, in denen pro Monat mindestens fünf Ein- oder Auszahlungen an der Kasse und/oder am Geldautomaten ohne Berechnung möglich sind. Wegen der "und/oder"-Verknüpfung genügt es für eine Ausnahme vom Verbot, wenn zwar an der Kasse keine, aber am Geldautomaten mindestens fünf Vorgänge pro Monat kostenfrei sind.
Das ist indes genau das Verhalten, das die Klägerin bei der Beklagten beanstandet: Bei den Verträgen S-Giro Basis und S-Giro Komfort ist zwar keine einzige Ein- oder Auszahlung an der Kasse kostenfrei, d...