Normenkette

BGB § 280 Abs. 1, §§ 633, 634 Nr. 4, § 635 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München II (Urteil vom 19.04.2013; Aktenzeichen 13 O 4204/12)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 14.12.2022; Aktenzeichen VII ZR 56/22)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Endurteil des Landgerichts München II vom 19.04.2013, Az. 13 O 4204/12, abgeändert:

Die Kläger haben gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Schadensersatz wegen des Erwerbs der Doppelhaushälfte aufgrund der in Ziff. 2 ff. der Entscheidungsgründe festgestellten Mängel.

Die weitergehende Berufung wird - soweit sie nicht vom Ausspruch des Anspruchsgrundes erfasst wird - zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten - nunmehr - um Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Doppelhaushälfte, an der die Beklagten vor Veräußerung an die Kläger bauliche Maßnahmen durchgeführt haben.

Ursprünglich waren die Beklagten Eigentümer des streitgegenständlichen Anwesens, das zunächst nur mit einem einzelnen Haus aus dem Jahr 1955 bebaut war. Sie führten im Zeitraum 2008/2009 bauliche Maßnahmen - unter anderem die Installation eines neuen Gasbrennwertkessels, einer Solaranlage, neue Heizkörper und Fußbodenheizung, Erneuerung der Hauswasserinstallation, Dachflächenentwässerung, Auswechslung der Fenster sowie der Haustüre, Verfliesung von Küche, Wohnzimmer, Flur und Badezimmer, Neuverputz (der genaue Umfang ist streitig), Trockenbau- und Wärmedämmarbeiten, Erneuerung der Dachdeckung, neuer Estrich (in Richtung des Kellers streitig) an dem 1955 errichteten Haus durch, wobei sie teilweise selbst Leistungen erbrachten, teilweise Drittfirmen beauftragten. Direkt anschließend an das streitgegenständliche Haus bauten die Beklagten eine zweite (Doppel-) Haushälfte, deren Eigentümer sie bis heute sind und die sie bis heute selbst bewohnen.

Die Kläger wurden im Jahr 2009 auf die streitgegenständliche Doppelhaushälfte durch eine von den Beklagten geschaltete Internetanzeige (Anlage K 9a) aufmerksam, die u.a. folgende Formulierungen enthielt:

"Die DHH aus dem Jahre 1955 ist kernsaniert und mit einer 3fach-Fensterverglasung und 12 cm Isolierung ausgestattet ... Erstbezug nach Sanierung, Baujahr 1955, letzte Modernisierung/Sanierung 2009 ...".

Nach Besichtigung unterzeichneten die Parteien privatschriftlich am 15.08.2009 eine sog. Reservierungsvereinbarung (Anlage K 9), in der u.a. Folgendes ausgeführt ist:

"5. Der Käufer hat das Haus besichtigt, er kauft es im gegenwärtigen Zustand. Weitergehende Rechte des Käufers wegen offener oder verborgener Mängel werden ausgeschlossen, insbesondere für Flächenmaß, Beschaffenheit, Verwendbarkeit und Ertrag. Der Verkäufer erklärt, dass das Haus saniert worden ist und versichert, dass ihm keine offenbarungspflichtigen Mängel des Vertragsobjektes bekannt sind. Der Verkäufer weist darauf hin, dass Teile der Renovierung vom Verkäufer selbst durchgeführt worden sind: Fliesen, Elektroarbeiten, Gartengestaltung. Für diese Arbeiten besteht keine Gewährleistung."

Am 28.08.2009 schlossen die Parteien nach nochmaliger Besichtigung einen notariellen Vertrag (Anlage B2) über den Erwerb der streitgegenständlichen Doppelhaushälfte zum Preis von 290.000 Euro. Ziff. IV. 3. des Vertrages lautet u.a. wie folgt:

"Der Erwerber hat das Vertragsobjekt eingehend besichtigt, er kauft es im gegenwärtigen Zustand, der als vertragsgemäß vereinbart ist. Dem Erwerber ist insbesondere bekannt, dass es sich bei dem Vertragsgegenstand um ein renoviertes Gebäude Baujahr 1955 handelt, dessen Bausubstanz nicht den heutigen Standards und Normen entspricht. Dem Erwerber ist auch bekannt, dass auf dem Vertragsgegenstand nach dem genehmigten Bauplan die Errichtung eines PKW-Stellplatzes erforderlich ist. Weitergehende Rechte des Erwerbers wegen offener oder verborgener Mängel werden ausgeschlossen, insbesondere für Flächenmaß, Beschaffenheit, Verwendbarkeit und Ertrag ... Der Veräußerer tritt dem Erwerber aufschiebend bedingt auf die vollständige Kaufpreiszahlung alle seine etwaigen Schadensersatz- und sonstigen Ansprüche, insbesondere auch Versicherungsansprüche, ab, die er wegen eines Schadens oder eines Mangels am Vertragsobjekt gegen Dritte haben könnte. Der Veräußerer übernimmt keine Haftung für das Bestehen oder die Durchsetzbarkeit solcher Ansprüche. Für Mängel und Schäden am Vertragsobjekt, die der Veräußerer beseitigt, entfällt die Abtretung diesbezüglicher Ansprüche."

Mit Schreiben vom 21.10.2010 (Anlage K 12) rügten die Kläger gegenüber den Beklagten auf der Basis eines eingeholten Privatgutachtens von Dipl.-Ing. A. H. (Anlage K 10) zahlreiche bauliche Mängel am Anwesen und setzten eine Frist zur Beseitigung. Nach deren fruchtlosen Ablauf leiteten die Kläger vor dem Landgericht München II ein selbständiges Beweisverfahren (Az. 13 OH 310/11) ein und begehrten die Feststellung zahlreicher Mängel sowie deren Beseitigungskosten. Mit Gutachten vom 23.02.2011 (Bl. 38/114 im OH-Verfahren) bestätigte der gerichtlich be...

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