Entscheidungsstichwort (Thema)

Urhebervertragsrecht - Pflicht zur Verhandlung über gemeinsame Vergütungsregeln

 

Leitsatz (amtlich)

1. Werknutzer im Sinne des § 36 UrhG ist nur, wer Vertragspartner des Urhebers ist.

2. Als Vertragspartnerin der bei der Filmherstellung mitwirkenden Kameraleute muss sich die Klägerin bei Eigenproduktionen auf Verhandlungen über die Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln (§§ 36, 36a UrhG) einlassen.

3. Zwar sieht § 36 Abs. 1 S. 3 UrhG vor, dass in Tarifverträgen enthaltene Regelungen gemeinsamen Vergütungsregeln vorgehen; dem kann allerdings nicht entnommen werden, dass im Falle bestehender Tarifverträge kein Bedürfnis zum Abschluss gemeinsamer Vergütungsregeln nach § 36 UrhG gegeben ist.

 

Normenkette

UrhG § 32 Abs. 1, § 32a Abs. 2, § 34 Abs. 4, § 36

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 05.05.2015; Aktenzeichen 33 O 10898/14)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 02.03.2017; Aktenzeichen I ZR 45/16)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 5. Mai 2015 werden zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 1/4 und der Beklagte 3/4 zu tragen.

III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darüber, inwieweit die Klägerin verpflichtet ist, mit dem Beklagten über die Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln nach § 36 UrhG zu verhandeln.

Die Klägerin, eine Anstalt des öffentlichen Rechts und Mitglied in der ARD, strahlt Fernseh- und Hörfunkprogramme aus. Rechte an den Inhalten für ihre Programme erwirbt die Klägerin unter anderem durch Eigenproduktionen, von ihr finanzierte Auftragsproduktionen, von ihr anteilig finanzierte Koproduktionen sowie durch Lizenzproduktionen, an denen die Klägerin lediglich Rechte erwirbt, ohne im Wege einer Beauftragung oder Koproduktion an der Herstellung beteiligt zu sein. Bei Auftragsproduktionen, Koproduktionen und Lizenzproduktionen schließen die Kameraleute ihre Verträge ausschließlich mit dem jeweiligen Filmhersteller ab. Bei Eigenproduktionen greift die Klägerin sowohl auf bei ihr fest angestellte als auch auf freie Kameraleute zurück.

Der Beklagte ist ein Verband der freischaffenden, bildgestaltenden Kameraleute.

Der Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 19. April 2013 auf, Verhandlungen zu gemeinsamen Vergütungsregeln nach § 36 UrhG mit ihm aufzunehmen. Hierauf teilte die Klägerin mit, dass sie "kein Werknutzer im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 UrhG" sei. Sie zeigte sich jedoch grundsätzlich bereit, an Gesprächen über die Vergütung von Kameraleuten im Bereich der Auftragsproduktion mitzuwirken. Nach weiterer Korrespondenz zwischen den Parteien fand sodann im Oktober 2013 ein erster Gesprächstermin statt. Mit Schreiben vom 11. November 2013 übersandte der Beklagte im Nachgang zu diesem Gesprächstermin an die Klägerin einen Entwurf für gemeinsame Vergütungsregeln.

Es folgte weiterer Schriftverkehr zwischen den Parteien, im Rahmen dessen die Klägerin dem Beklagten unter anderem mitteilte, dass das geforderte Modell von Wiederholungsvergütungen für die ARD-Anstalten nicht in Betracht komme und man weitere Details gerne in einer nächsten Verhandlungsrunde erörtern wolle.

Nachdem der Beklagte die Klägerin mehrfach unter Fristsetzung zu einer konkreten Stellungnahme zu seinem Vergütungsvorschlag aufgefordert hatte, erklärte er mit Schreiben vom 6. März 2014 die Verhandlungen für gescheitert.

Mit Schreiben vom 10. März 2014 übersandte der Beklagte der Klägerin ohne Erfolg einen weiteren Vorschlag für gemeinsame Vergütungsregeln. Im Mai 2014 leitete der Beklagte schließlich beim Oberlandesgericht München ein Schlichtungsverfahren ein.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

festzustellen, dass der Kläger gegenüber dem Beklagten nicht verpflichtet ist, mit diesem über die Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln nach § 36 UrhG über Eigenproduktionen und/oder Auftragsproduktionen und/oder Koproduktionen und/oder Lizenzproduktionen zu verhandeln.

Der Beklagte hat in erster Instanz beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat mit Endurteil vom 5. Mai 2015 festgestellt, dass der Kläger gegenüber dem Beklagten nicht verpflichtet ist, mit diesem über die Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln nach § 36 UrhG über Auftragsproduktionen und/oder Koproduktionen und/oder Lizenzproduktionen zu verhandeln. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, Auf dieses Urteil wird einschließlich der darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richten sich die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin.

Der Beklagte hat in der Berufungsins...

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