Leitsatz (amtlich)
Hat der Erblasser durch letztwillige Verfügung seine gesamten Vermögensgegenstände einzeln und in unterschiedlichem Wert seinen Kindern zugewendet, so ist regelmäßig von der Anordnung unterschiedlicher Erbquoten und nicht von der Anordnung von Vorausvermächtnissen bei gleichen Erbquoten auszugehen.
Normenkette
BGB §§ 2034, 2042, 2087 Abs. 2, §§ 2091, 2303, 2305, 2306 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 24.03.2006; Aktenzeichen 12 O 568/03) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG München II vom 24.3.2006 in Ziff. I., III. und V. aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen und die weitergehende Berufung des Beklagten zu 2) wird zurückgewiesen.
III. Die Gerichtskosten tragen die Kläger zu 4/5 und der Beklagte zu 2) zu 1/5. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen die Kläger; die des Beklagten zu 2) tragen die Kläger zu 4/5 und die der Kläger trägt der Beklagte zu 2) zu 1/5.
Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger verlangen aufgrund Testaments der Mutter der Parteien die Übertragung eines Nachlassgrundstücks. Der Beklagte zu 2) fordert im Wege der Widerklage aufgrund dieses Testaments die Übertragung von Wohnungseigentum.
Die Parteien sind Geschwister, deren gemeinsame Mutter am 1.8.1995 verstorben ist.
Die Mutter hatte am 23.3.1989 ein privatschriftliches Testament (Anlage K 7) mit folgendem Wortlaut errichtet:
"Ich, Elisabeth M., geb. W. am 22.12.13 setze meine Kinder Michael, Hans, Georg u. Elisabeth als Erben ein für S. hof 8. Meine Tochter Elisabeth S. bekommt ein Wohnrecht von Stube, Kammer und Küchen und Garten -nutzung. Michael bekommt das Haus und die Hälfte von Grund und die Schupfe. Die Zufahrt muss gesichert sein. Hans bekommt die andere Hälfte vom Grund mit seiner bebauten Fläche. Georg bekommt 1.000.m2 wo er sich ein Holzlager oder sonst was bauen kann u. das Erbrecht von mir in T., N. gasse 35.
Ich bitte die Bäume am Höhenweg S. hof 8 zu erhalten. Vorkaufsrecht hat jeder der Geschwister."
Die Erblasserin war Alleineigentümerin des Grundstücks S. höfe 8, das aus ihrer Familie stammte. Das im Außenbereich gelegene Grundstück mit einer Gesamtfläche von 9.242.m2 war ursprünglich mit einem alten Bauernhaus bebaut. Anfang der 80er Jahre errichtete der Kläger zu 1) daran angrenzend mit Zustimmung seiner Mutter auf eigene Kosten ein neues Wohnhaus, das von ihm bewohnt wird. Das alte Bauernhaus wurde bereits zu Lebzeiten der Erblasserin von der Tochter der Beklagten zu 1) bewohnt.
Nach dem Tod des am 8.12.1982 verstorbenen Vaters der Parteien hatten diese gemeinsam mit ihrer Mutter mit notariellem Erbauseinandersetzungsvertrag vom 12.7.1983 (Anlage K 6) vereinbart, dass die Mutter Miteigentumsanteile von 356/1000 und 68/1000 verbunden mit dem Sondereigentum an den Räumen Nr. 1 und Nr. 2 des Anwesens B. Str. und N. gasse 35a in T. zum Alleineigentum erhalten sollte. Weitere Miteigentumsanteile erhielt der Kläger zu 1).
Nachdem das Nachlassgericht am 22.1.1996 einen Erbschein (Anlage K 8) erteilt hatte, nach dem die Parteien zu je ¼ Erben nach ihrer Mutter geworden sind, streiten sie nunmehr über die Auslegung des Testaments.
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass ihre Mutter die Parteien zwar zu gleichberechtigten Erben eingesetzt habe, im Testament jedoch Vorausvermächtnisse bezüglich des Grundstücks S. höfe Nr. 8 und des Objekts N. gasse 35 vorgesehen habe.
Die Kläger haben beantragt:
Beide Beklagte - jeder für sich - werden verurteilt, das Eigentum an dem Objekt S. höfe Nr. 8, vorgetragen im Grundbuch des AG Wolfratshausen für L., Band ... 5, Bl ... 3, soweit es ihrer eigenen Miterbenstellung entspricht, an die Kläger zu 1) und 2) je zu ½ Miteigentumsanteil zu übertragen und alle hierfür erforderlichen Erklärungen in notarieller Form abzugeben,
Die Beklagte zu 1) hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise der Klage nur stattzugeben, Zug um Zug gegen die Einräumung des Wohnrechts für die Beklagte zu 1) an der Stube, Kammer einschließlich Küchen- und Gartenbenutzung am alten ehemaligen Bauernhaus des Anwesens S. höfe und Einwilligung in die entsprechenden Grundbuchanträge.
Die Beklagte zu 1) hat hilfsweise Widerklage erhoben und beantragt:
Festzustellen, dass die Klä...