Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücktritt vom Kaufvertrag über ein Fahrzeug mit Dieselmotor
Normenkette
BGB §§ 31, 826
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 16.10.2018; Aktenzeichen 73 O 406/18) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klagepartei wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 16.10.2018, Az. 73 O 406/18, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.997,- Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.12.2017 Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs VW Golf GTD 2.0 mit der Fahrzeugidentnummer ...0363 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.029,35 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.04.2018 zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben die Beklagte 54% und der Kläger 46% zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 24.100,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klagepartei verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen des Erwerbs eines Pkw, in den ein von der Beklagten hergestellter Motor der Baureihe "EA 189" eingebaut ist.
Mit Kaufvertrag vom 22.10.2013 erwarb die Klagepartei bei einem Autohändler den im Tenor bezeichneten gebrauchten Pkw zum Preis von 24.100 Euro. Der Kilometerstand zum Zeitpunkt des Kaufs betrug 13.703 km.
Für den Fahrzeugtyp wurde die EG-Typengenehmigung mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt. Die Steuerungssoftware des in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Motors EA 189 erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird. In diesem Fall veranlasst die Software, dass Abgase beim Durchfahren des Prüfzyklus in den Motor zurückgeführt werden, bevor sie das Emissionskontrollsystem erreichen. Durch die Aktivierung dieses Modus (sog. Modus 1) werden bei der standardisierten Kontrolle auf dem Rollenprüfstand die Grenzwerte nach Euro 5 eingehalten. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltet die Software in Modus 0, bei dem eine deutlich geringere Abgasrückführung erfolgt und in der Folge der Stickoxidausstoß wesentlich höher ist, so dass die Grenzwerte nach Euro 5 nicht mehr eingehalten werden.
Nach Bekanntwerden dieser sog. Umschaltlogik ordnete das Kraftfahrbundesamt als nachträgliche Nebenbestimmung zur EG-Typengenehmigung die technische Überarbeitung der Motorsteuerungssoftware an. Die Beklagte entwickelte daraufhin ein Software-Update, das vom KBA im Sommer 2016 freigegeben wurde. Dieses wurde auch beim Fahrzeug der Klagepartei aufgespielt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.
Ergänzend stellt der Senat fest, dass am 11.12.2019 die Laufleistung des streitgegenständlichen Pkw 122.568 km betrug.
Das Landgericht hat mit Endurteil vom 26.10.2018 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht u.a. ausgeführt, das Verschweigen der Motorsteuerungssoftware führe nicht zu einem Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, da keine entsprechende Offenbarungspflicht bestanden habe. Auch fehle es an einer besonderen Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten.
Die Klagepartei hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie u.a. aus, das Landgericht habe zu Unrecht eine Haftung aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verneint. Die Beklagte habe allein um des eigenen Gewinnstrebens willen eine Betrugssoftware entwickelt, eingebaut und getarnt. Sie habe Käufer und Zulassungsbehörde getäuscht, um Gewinnmargen hochzuhalten und Forschungskosten auf Kosten der Käufer zu sparen.
Die Klagepartei beantragt,
1. Unter Abänderung des am 26.10.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Landshut, Aktenzeichen 73 O 406/18, wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 24.100 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.12.2017, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs VW Golf GTD 2.0, Fahrzeugidentnummer ...0363, zu zahlen.
2. Unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils wird die Beklagte weiterhin verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.242,84Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 27.12.2017 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Urteil des Landgerichts sei zutr...