Leitsatz (amtlich)
1. Art. 6 Nr. 3 LugÜ begründet keine Zuständigkeit für eine parteierweiternde Widerklage gegen einen Dritten, sondern nur für eine Widerklage gegen den ursprünglichen Kläger.
2. Ansprüche auf Vertragsstrafenzahlung sind als Ansprüche aus einem Vertrag i.S.v. Art. 5 Nr. 1 Halbs. 1 LugÜ einzustufen.
3. Der Erfüllungsort bezüglich der Verpflichtung zur Zahlung einer unselbständigen Vertragsstrafe liegt nach deutschem Recht wegen des akzessorischen Charakters derartiger Vertragsstrafen dort, wo die strafbewehrte Hauptverpflichtung zu erfüllen ist.
Normenkette
LugÜ Art. 5 Nr. 1; Lugü Art. 5 Nr. 3; LugÜ Art. 6 Nrn. 1, 3, Art. 18; EGBGB a.F. Art. 28; BGB §§ 269, 270 Abs. 4; ZPO § 529 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 16.11.2010; Aktenzeichen 33 O 12580/05) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Drittwiderbeklagten wird das Urteil des LG München I vom 16.11.2010 abgeändert, soweit zum Nachteil der Drittwiderbeklagten entschieden worden ist.
Die Drittwiderklage wird insgesamt abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens betreffend Widerklage und Drittwiderklage zu tragen.
2. Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Drittwiderbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
Die Parteien streiten, soweit in der Berufungsinstanz von Interesse, um Zahlungsansprüche, die die Beklagte als Insolvenzverwalterin der im Inland ansässigen A. V. GmbH (Insolvenzschuldnerin) im Wege einer parteierweiternden Drittwiderklage gegen die Drittwiderbeklagte, eine in der Schweiz ansässige Aktiengesellschaft, geltend macht.
Die nachmalige Insolvenzschuldnerin, die Drittwiderbeklagte und der - am vorliegenden Berufungsverfahren nicht beteiligte - Kläger und Widerbeklagte waren alle im Bereich des Vertriebs von Futtermitteln für Katzen und Hunde tätig.
Am 15.12./20.12.2003 schlossen der Kläger als Darlehensgeber und die nachmalige Insolvenzschuldnerin als Darlehensnehmerin einen Darlehensvertrag (vgl. Anlage zum Protokoll des Termins der mündlichen Verhandlung vor dem LG vom 21.2.2006).
Am 5.7.2004 schlossen die nachmalige Insolvenzschuldnerin, die Drittwiderbeklagte und der Kläger die als Anlage B 1 vorgelegte Vereinbarung, in der es u.a. folgendermaßen heißt:
"Präambel:
Die Parteien haben bislang wegen der Identität der Gesellschafter in beiden Gesellschaften ohne schriftliche Festlegung partnerschaftlich zusammengearbeitet. Nachdem die Identität der Gesellschafter in beiden Gesellschaften wegen des wechselseitigen Tausches ihrer Anteile künftig nicht mehr besteht, sind die Parteien übereingekommen, ihre künftige partnerschaftliche Zusammenarbeit schriftlich zu regeln. Grundlage dieser Zusammenarbeit ist, dass jede Partei in Ihrem [sic] Vertragsgebiet alle A. Artikel unabhängig und ungestört von der anderen Partei vertreiben darf, ohne dabei die gemeinsam erarbeitete Unternehmensphilosophie aufzugeben.
A. Produkteplanung
1. Beide Parteien verpflichten sich, unter dem Namen A. oder unter Verwendung der Markenzeichen der A. keine Produkte zu vertreiben, die nicht dem jeweils höchsten Qualitätsstandard gemäß der bestehenden Unternehmensphilosophie entsprechen.
2. Die Parteien sind wechselseitig verpflichtet, der jeweils anderen Partei den uneingeschränkten Bezug aller eigenen Produkte zur Verwendung in deren Vertragsgebiet zu ermöglichen.
3. Im Falle eines Produktwechsels verpflichtet sich die GmbH [= nachmalige Insolvenzschuldnerin], der AG [= Drittwiderbeklagte] auf Wunsch die weitere Verwendung der bisherigen Produkte zu ermöglichen.
4. Für den Fall, dass die GmbH den Produzenten wechselt, wird der AG auf Wunsch ermöglicht, den bisherigen Produzenten beizubehalten.
5. Beschaffung und Vertrieb von Nebenprodukten (Promotionsartikel), die nicht durch die Marke A. geschützt sind, unterliegen der Verantwortung der jeweiligen Partei.
6. Die Parteien sind sich einig, einen Wechsel der Rezepturen oder des Hauptlieferanten oder der Hauptprodukte oder des bestehenden Erscheinungsbildes nach außen nur gemeinsam vorzunehmen. Gleiches gilt für die künftige Gestaltung des Erscheinungsbildes nach außen, insbesondere für die Gestaltung der Etiketten und bereichsübergreifenden Insertionen. Dabei soll die bisherige Marketingagentur des Herrn N. weiterhin mit der Gestaltung beauftragt bleiben.
B. Marketingplan: ...
C. Verwendung der Markenrechte:
1. Die AG ist berechtigt, den Handelsnamen und die Handelsmarken der GmbH in den freigegebenen Ländern zu verwenden. Aufgrund des mit M. bestehenden Vertrages ist die GmbH berechtigt, die Verwendung des Namens "A." für den ausschließlichen Bereich "Tiernahrung für Hunde und Katzen" an die AG für das Gebiet schriftlich weiter zu geben, in welchem die Gemeinschaftsmarke A. 240 1677 Sch...