Leitsatz (amtlich)

1. Für eine nachträgliche Änderung des dinglichen Erbbauzinses ist gemäß §§ 877, 876 Satz 1 BGB als Inhaltsänderung die Zustimmung der Inhaber gleich- oder nachrangiger Rechte am Erbbaurecht erforderlich.

2. Die Zustimmung der Inhaber gleich- oder nachrangiger Rechte ist auch dann erforderlich, wenn die Inhaltsänderung darauf beruht, dass aufgrund Bestandteilzuschreibung nunmehr durch die verdeckte Nachverpfändung in Bezug auf das bestandteilzugeschriebene Erbbaurecht eine Grundschuld im Rang der im Inhalt zu ändernde Erbbauzinsreallast vorgeht.

 

Normenkette

BGB §§ 876-877

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Halle (Saale) - Grundbuchamt - vom 25. März 2022 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Gebührenstreitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 22.680,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Beteiligte zu 1) ist als Eigentümerin des in den Grundbüchern von ... Blatt 115 und 705 verzeichneten Grundbesitzes eingetragen. Die Beteiligten zu 2) sind als Berechtigte eines Erbbaurechts für die Dauer von 75 Jahren an dem im Grundbuch von ... Blatt 705 verzeichneten Grundstück im Grundbuch (Erbbaugrundbuch) von ... Blatt 706 eingetragen. In lfd. Nr. 1 der Abt. Ill des Grundbuchs von ... Blatt 706 ist zugunsten der Beteiligten zu 3) eine Grundschuld ohne Brief über einen Betrag in Höhe 313.000,00 EUR eingetragen. In lfd. Nr. 1 der Abt. ll des Grundbuchs von ... Blatt 706 ist - im Rang vor der vorstehenden Grundschuld - zugunsten des jeweiligen Eigentümers des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks ein, Erbbauzins in Höhe von 1.134,00 EUR jährlich eingetragen.

Mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2021 haben die Beteiligten zu 1) und 2) unter Vorlage einer Ausfertigung des Nachtrages zum Erbbaurechtsvertrag vom 10. August 2021, einer kirchenrechtlichen Genehmigung und einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts beantragt, das im Grundbuch von ... Blatt 115 verzeichnete Flurstück 160 als Bestandteil zu dem in Blatt 705 für ... gebuchten Erbbaugrundstück zuzuschreiben und die Ausdehnung des Erbbaurechts auf das Flurstück 160 sowie einen auf 2.268,00 EUR erhöhten Erbbauzins in die betroffenen Grundbücher einzutragen.

Mit Zwischenverfügung vom 25. März 2022 hat das Grundbuchamt die Beteiligten zu 1) und 2) darauf hingewiesen, dass der beantragten Eintragung das Hindernis einer fehlenden Zustimmung der Beteiligten zu 3) zu der Inhaltsänderung der Erbbauzinsreallast entgegenstehe, zu dessen formgerechter Behebung eine Frist von vier Monaten gesetzt werde. Zur Begründung hat das Grundbuchamt ausgeführt, dass es für die begehrte Inhaltsänderung der Zustimmung der Grundschuldgläubigerin bedürfe, die infolge der Bestandteilzuschreibung nunmehr durch die verdeckte Nachverpfändung in Bezug auf das bestandteilzugeschriebene Erbbaurecht im Rang der in Bezug auf die im Inhalt zu ändernde Erbbauzinsreallast vorgehe, so dass ihr Recht nicht nur wirtschaftlich, sondern unmittelbar in ihrer Rangfolge auch materiell-rechtlich gemäß §§ 879, 877, 876 BGB betroffen sei. Danach bedürfe es zur Inhaltsänderung der im Rang vorgehenden Erbbauzinsreallast der Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubigerin nach § 880 Abs. 2 BGB in der Form des § 29 GBO.

Gegen diese Zwischenverfügung haben die Beteiligten zu 1) und 2) mit Schriftsatz vom 9. August 2022 Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und zu entscheiden, dass im Falle der Inhaltsänderung eines Erbbaurechts mittel Bestandteilzuschreibung eines weiteren Grundstücks zum Erbbaugrundstück die Inhaltsänderung keiner Zustimmung eines am Erbbaurecht Berechtigten bzw. - hilfsweise - eines am Erbbaurecht berechtigten Grundpfandrechtsgläubigers bedürfe. Sie haben zur Begründung ausgeführt, dass nach überwiegender Meinung im Rahmen einer Inhaltsänderung die Zustimmung des Drittberechtigten dann entbehrlich sei, wenn dessen dingliche Rechtsstellung durch die Inhaltsänderung nicht berührt werde. Dies setze voraus, dass jede rechtliche und nicht bloß wirtschaftliche Beeinträchtigung des Dritten ausgeschlossen sei. Die Zustimmung sei nur dann erforderlich, wenn die Rechtsstellung des Drittberechtigten durch die Inhaltsänderung verschlechtert werde.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde durch Beschluss vom 16. September 2022 nicht abgeholfen und das Verfahren dem Oberlandesgericht - Beschwerdesenat - zur Entscheidung vorgelegt. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben zu ihrer Beschwerde mit Schriftsatz vom 28. September 2022 ergänzend ausgeführt, dass auch im Zusammenhang mit der zur Eintragung bewilligten Änderung der vorrangigen Erbbauzinsreallast die Zustimmung des Grundpfandrechtsgläubigers dann entbehrlich sei, wenn dessen dingliche Rechtsstellung durch die Inhaltsänderung nicht berührt werde. So liege es hier. Die Änderung des Zinses sei allein der Flächenvergrößerung geschuldet, welche aus der Bestandteilzuschreibung resultiere. Die mittels der Reallast gesicherte wiederkehrende Leistung und ihre Anpassu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge