Leitsatz (amtlich)
Gegen einen fingierten Verkehrsunfall kann u.a. sprechen, dass das Geschehen am späten Vormittag auf einem belebten Parkplatz vor einem Einkaufzentrum stattfand, beide beteiligten Fahrzeuge nach dem Unfall vor Eintreffen der Polizei nicht bewegt worden waren und der Geschädigte sein Fahrzeug vor einer Veräußerung dem Sachverständigen des gegnerisches Haftpflichtversicherers zur Begutachtung zur Verfügung gestellt hat.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 26.08.2013; Aktenzeichen 3 O 100/12) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 26.8.2013 verkündete Urteil des LG Halle, Az.: 3 O 100/12, abgeändert und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, 6.456,24 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2011 sowie 607,50 EUR außergerichtliche Kosten an den Kläger zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger macht als Eigentümer eines Mercedes Benz Schadensersatz aus einem nach Behauptung der Beklagten zu 2 gestellten Verkehrsunfall geltend.
Am Vormittag des 1.10.2011 kam es auf dem Parkplatz des ... -Centers in M. zur Beschädigung eines Mercedes Benz E 200 CDI, den der Kläger zuvor mit schriftlichem Kaufvertrag vom 24.2.2010 (Bl. 183 Bd. I d.A.) vom Zeugen K. für 13.400,- EUR erworben hatte.
Nach der polizeilichen Unfallanzeige (Bl. 8 ff. Bd. I d.A.) streifte der Beklagte zu 1 mit seinem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten, elf Jahre alten Skoda Octavia, der eine Laufleistung von rund 177.000 km aufwies und mit einem Kurzzeitkennzeichen versehen war, beim Einparken an der rechten Seite des neben ihm stehenden Pkw des Klägers entlang, wodurch umfangreiche Karosserieschäden an dem Mercedes entstanden. Gegenüber den beiden Polizeibeamten M. und Me., die kurz darauf den Unfall aufnahmen, räumte der Beklagte zu 1 sein Verschulden unumwunden ein.
Der Kläger ließ die Schäden an seinem Mercedes durch den von ihm beauftragten Diplom-Ingenieur G. schriftlich begutachten, der in seinem schriftlichen Gutachten vom 7.10.2011 (Bl. 64 - 71 Bd. I d.A.) zu Nettoreparaturkosten i.H.v. 5.499,47 EUR gelangte. Nachdem auch die Beklagte zu 2 das Fahrzeug durch den ihrerseits beauftragten Sachverständigen S. am 8.12.2011 hatte besichtigen lassen, veräußerte der Kläger den Wagen schließlich im März 2012 im beschädigten Zustand weiter.
Mit Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 3.11.2011 forderte er die Beklagte zu 2 unter Fristsetzung bis zum 15.11.2011 erfolglos zur Regulierung seines Schadens auf.
Der Kläger hat ein gestelltes Unfallgeschehen nachdrücklich in Abrede gestellt. Außer dem Fahrzeugschaden i.H.v. 5.499,47 EUR hat er die unstreitig angefallenen Gutachterkosten von insgesamt 926,77 EUR sowie 30,- EUR als Kostenpauschale und vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 607,50 EUR geltend gemacht.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 6.456,24 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.11.2011 sowie vorgerichtliche Kosten i.H.v. 607,50 EUR zu zahlen.
Die Beklagte zu 2 hat für sich und als Streithelferin für den Beklagten zu 1 beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 2 hat behauptet, der Unfall sei vom Kläger im Zusammenwirken mit ihrem Versicherungsnehmer, dem Beklagten zu 1, inszeniert worden. Darüber hinaus hat sie die Höhe des Schadens bestritten und zuletzt behauptet, der beschädigte Mercedes habe vor dem Unfall lediglich noch einen Wiederbeschaffungswert von 2.000,- EUR aufgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 52 - 56 Bd. II d.A.) und den Berichtigungsbeschluss des LG vom 29.9.2013 (Bl. 80, 81 Bd. II d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat Beweis erhoben durch Vernehmung der beiden Polizeibeamten M. und Me., des Diplom-Ingenieurs G. und der im Auftrage der Beklagten zu 2 tätig gewordenen Schadensermittlerin F. als Zeugen. Des Weiteren sind auch der Verkäufer des Mercedes K. und der bei den Verkaufsgesprächen anwesende Bekannte des Klägers K. als Zeugen angehört worden. Darüber hinaus hat es zum Unfallhergang den Beklagten zu 1 als Partei vernommen wie auch den Kläger informatorisch angehört und anschließend zur Plausibilität des Unfallgeschehens und der streitigen Kompatibilität der Schäden an den beteiligten Fahrzeugen ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Diplom-Ingenieur R. vom 20.3.2012 eingeholt.
Mit Urteil vom 26.8.2013 ist die Klage abgewiesen worden, da, so die Begründung, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von einem gestellten Unfallgeschehen auszugehen sei. Es lägen eine Reihe von Indizien vor, die anerkanntermaßen für eine Unfallmanipulation sprächen. Gegen eine solche Manipulation sprechende oder eher neutrale Aspekte fielen demgegenüber nicht sonderlich ins Gewicht, vor allem dann nicht, wenn man berücksichtige, dass der Kläger...