Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 04.11.2022; Aktenzeichen 10 O 405/22) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 24. November 2022 verkündete Einzelrichterurteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil und das angefochtene Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 24. November 2022 sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Der Kläger nimmt die Beklagte als Herstellerin seines Fahrzeugs Audi A4 allroad quattro Avant, 3.0 TDI - DPF und des darin verbauten Turbodieselmotors vom Typ V6-TDI wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger erwarb am 10. Oktober 2016 den von der Beklagten hergestellten Pkw Audi A 4 allroad quattro Avant 3.0 V6-TDI als Gebrauchtfahrzeug zu einem Kaufpreis von 37.800,00 Euro. Das Fahrzeug, das am 16. Januar 2014 erstzugelassen worden war, wies zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses einen Stand von 23.939 km auf. Der Kläger finanzierte den Fahrzeugkauf durch ein Darlehen.
Der Pkw ist mit einem von der Beklagten entwickelten und hergestellten 3.0 Liter V6-TDI Turbodieselmotor des Typs EA896Gen2 Euro5 ausgestattet. Für den Fahrzeugtyp wurde eine Typengenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 2007 über die Typengenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (im Folgenden: VO (EG) 715/2007) mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt. Der Pkw verfügt werkseitig über eine temperaturabhängige Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster), bei der ein Teil der Abgase wieder zurück in das Ansaugsystem des Motors geführt wird und dort erneut an der Verbrennung teilnimmt, was zu einer Verringerung der Stickoxidemissionen führt. Die Abgasrückführung wird bei kühleren Temperaturen zurückgefahren (sog. "Thermofenster"), wobei zwischen den Parteien streitig ist, bei welchen Außentemperaturen die Abgasrückführung reduziert wird.
Das Kraftfahrtbundesamt ordnete für bestimmte Fahrzeugmodelle der Beklagten wegen des Vorliegens unzulässiger Abschalteinrichtungen verpflichtende Rückrufe an. Das Fahrzeug des Klägers ist jedoch von keinem verpflichtenden Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes (im Folgenden: KBA) betroffen. Seit April 2020 bot die Beklagte im Rahmen einer freiwilligen Service-Maßnahme den Haltern von Fahrzeugen mit einem Motor vom Typ des klägerischen Fahrzeugs ein Software-Update an.
Mit dem als Anlage K 10 vorgelegten anwaltlichem Schreiben vom 22. März 2022 ließ der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung binnen 10 Tagen zur Rückerstattung des gezahlten Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw auffordern.
Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe durch den Einbau unzulässiger Abschalteinrichtungen in die Motorsteuerung des streitgegenständlichen Fahrzeuges in verbotener Weise Einfluss auf dessen Emissionsverhalten genommen und so im Rahmen des Typengenehmigungsverfahrens unter Vorspiegelung der Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte die Erlangung der EG-Übereinstimmungsbescheinigung und die damit einhergehende Erteilung der Betriebserlaubnis erwirkt. Dass das KBA noch keinen verpflichtenden Rückruf betreffend das streitbefangene Fahrzeug angeordnet habe, schließe eine Manipulation an der Motorsteuerungssoftware nicht aus. Anhaltspunkte für die Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen lägen nämlich nicht erst dann vor, wenn bereits ein Rückruf erfolgt sei. Der Kläger hat insoweit vorgetragen, dass in der Motorsteuerung der von der Beklagten hergestellten Fahrzeugen sowohl eine sog. Akustikfunktion als auch eine Lenkwinkelerkennung zum Einsatz gekommen sei, wodurch der Pkw in der Lage sei, den Prüfstand als solches zu erkennen und in diesem Fall die Abgasreinigung zu optimieren und für ein Einhalten der Stickoxidgrenzwerte auf dem Prüfstand zu sorgen. Die Motorsteuerungssoftware könne anhand des Lenkwinkels von Quer- und Längsbeschleunigung erkennen, ob der Wagen sich auf dem Prüfstand des NEFZ befinde oder im realen Straßenverkehr gefahren werde. Nur auf dem Prüfstand finde eine Abgasreinigung statt. Außerdem sei in der Motorsteuerung des Fahrzeugs eine temperaturgesteuerte Abschaltvorrichtung (sog. Thermofenster) verbaut, die schon bei Außentemperaturen unter 15° Celsius die Abgasrückführung reduziere und schließlich gänzlich abschalte. Das in dem Fahrzeug implementierte Thermofenster sei so programmiert, dass im Ergebnis nur auf dem Prüfstand eine den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Abgasrückführung erreicht werde, im realen Straßenverkehr sei dies dagegen ganz überwiegend nicht möglich. Die Beklagte habe die Funktion des sog. Thermofensters, das als unzulässige Abschalteinricht...