Leitsatz (amtlich)

Bei einem nur fahrlässigen Organisationsverschulden eine Architekten muss dieser grundsätzlich nicht die lange Verjährungsfrist gem. § 195 a.F. BGB gegen sich gelten lassen. Etwas anderes gilt dann, wenn sich ein Architekt bewusst unwissend hält und die Pflicht zur Bauüberwachung nicht erfüllt.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 17.11.2005; Aktenzeichen 9 O 1049/05)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 17.11.2005 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Magdeburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszugs trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet

Der Wert der Beschwer und der Streitwert für den Berufungsrechtszug werden auf 30.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung eines Vorschusses für eine Ersatzvornahme aus einem Einheitsarchitektenvertrag in Anspruch und begehrt zusätzlich die Feststellung der Einstandspflicht für zukünftige Schäden.

Die Beklagte ist seit dem 10.8.1995 Rechtsnachfolgerin der Firma Design-Planungsgruppe form Art B. + Partner GmbH, welche seit dem 23.6.1992 im Handelsregister des AG Wolfsburg eingetragen ist.

Der Kläger schloss mit der "B., L. & Partner, Wg." am 4.2.1993 einen Einheitsarchitektenvertrag zwecks Umbau und Rekonstruktion des Anwesens A. straße 1 in Sch.. Hierin verpflichtete sich die Firma B. zur Erstellung der Entwurfs-, Genehmigungs- und Ausführungsplanung, zur Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe sowie zur Objektüberwachung und -betreuung. Die Geltung der VOB/B wurde nicht vereinbart.

Unterzeichnet wurde der Vertrag durch die Auftragnehmerin von Herrn U.B. Sämtliche Korrespondenz durch die Auftragnehmerin/Fa. B. das Bauvorhaben betreffend mit Behörden oder mit dem Kläger (Rechnungen pp.) wurde in der Folgezeit durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten bzw. die Beklagte geführt.

Nach Auftragserteilung gab die Firma B. eine bauphysikalische Untersuchung des Gebäudes bei dem S. Ingenieurbüro in Wl. in Auftrag. Aus dem Gutachten ergab sich ein Pilzbefall des Holzes im Bereich der Geschossdecke zum nicht ausgebauten Dachboden. Im Gutachten wurde empfohlen, die durch Pilz zerstörten Hölzer komplett auszutauschen sowie befallene Hölzer gründlich mit einer Drahtbürste vor dem Wiedereinbau abzubürsten. Entsprechende Maßnahmen wurden durch die Firma B. veranlasst. Das Objekt wurde im Jahr 1993 fertiggestellt und bezogen.

Im Sommer 2002 zeigte der Kläger der Firma B. erstmals Feuchtigkeitsschäden an.

Bei einer erneuten Besichtigung im Jahr 2004 stellte der Kläger fest, dass ein hölzerner Stützbalken unter der Dachterrasse erheblich durchfeuchtet war. Dies zeigte der Kläger der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 27.2.2004 an. Mit Antwortschreiben vom 2.3.2004 lehnte die Klägerin jegliche Verantwortung ab, wobei sie bestätigte, dass das Bauvorhaben durch sie betreut wurde.

Der Kläger beantragte daraufhin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11.3.2004 die Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens beim AG Schönebeck.

Der vom AG Schönebeck im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eingesetzte Sachverständige H. kam in seinem Gutachten vom 5.10.2004 zu folgendem Ergebnis: Mindestens ein Stützbalken sei erheblich durchfeuchtet und durch Insektenfraß komplett zerstört. Sämtliche Balken müssten ausgetauscht bzw. saniert werden, da die Tragfähigkeit am Aufleger nicht gewährleistet sei. Die Sockelleisten lösten sich von der Wandfläche völlig ab, deutliche waagerechte Rissbildungen oberhalb der Sockelleiste seien feststellbar. Im Bereicht der Laibung gebe es Mängel am Putz. Durch Risse könne Feuchtigkeit in den Dachterrassenaufbau eindringen. Der Aufbau der Dachterrasse sei nicht fachgerecht, da der Beton und die Dichtungsbahnen falsch ausgewählt seien. Die Dachterrasse weise auch insoweit erhebliche Mängel auf, als sie eine geschlossene Brüstung habe, aber nur einen Ablauf; ein zweiter Ablauf bzw. zumindest ein Notüberlauf sei erforderlich. Die Abdichtung der Terrasse genüge nicht der damals gültigen DIN 18195. Kosten für die Mängelbeseitigung betrügen 15.000 EUR, Kosten für weitere Untersuchungen müssten mit 5.500 EUR in Ansatz gebracht werden.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 18.4.2005 sodann Klage erhoben beim LG Magdeburg.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei Rechtsnachfolgerin der Firma B. bzw. rechtlich mit dieser identisch und müsse den geltend gemachten Anspruch gegen sich gelten lassen. Er ist weiterhin der Ansicht, dieser Anspruch sei nicht verjährt. Die Verjährung betrage 30 Jahre gem. § 638 BGB aF, da ein Organisationsverschulden der Beklagten vorgelegen habe, da diese ihren Überwachungspflichten nicht genügt habe.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 20.500 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit...

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