Leitsatz (amtlich)

1. Ein privatrechtlicher, auf Veräußerung/Erwerb eines Grundstücks gerichteter Vertrag mit der Gemeinde begründet keine Amtspflichten, selbst wenn er öffentlich-rechtliche Bestandteile enthält.

2. Ist eine im Grundstückskaufvertrag enthaltene Ablösungsvereinbarung i.S.v. § 133 Abs. 3 S. 5 BauGB nach § 134 BGB nichtig, weil es an einer wirksamen Ablösungsbestimmung mangelt, haftet die Gemeinde dem Erwerber aufgrund eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (c.i.c.) auf Schadensersatz.

3. Dem Käufer sind unter diesem Gesichtspunkt Finanzierungszinsen auf den die Ablösung betreffenden Kaufpreisanteil zu erstatten.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 01.03.2005; Aktenzeichen 11 U 40/05)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 1.3.2005 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision ist nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 3.549,64 EUR festgesetzt.

Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen sieht der Senat gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1, 543 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 S. 1 EGZPO ab.

 

Gründe

I. Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht auf keiner Rechtsverletzung i.S.v. § 513 Abs. 1 Alt. 1 ZPO, weil die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu berücksichtigenden Tatsachen eine abweichende Entscheidung nicht zulassen. Die Beklagte ist den Klägern zum Ersatz des zugesprochenen Zinsschadens, allerdings nicht aus Amtshaftungsgesichtspunkten, sondern aufgrund eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (c.i.c.), verpflichtet.

1. Die Einzelrichterin hat ausgeführt, die Beklagte sei wegen einer Amtspflichtverletzung schadensersatzpflichtig und habe deshalb den geltend gemachten Zinsschaden zu erstatten. Es gehöre zu den Pflichten des Beamten, Vorschüsse auf den Erschließungsaufwand zurückzuzahlen, wenn und soweit erkennbar werde, dass die Vorauszahlungen deutlich über dem abzudeckenden Kostenvolumen lägen. Auf die Abrede der Parteien im Grundstückskaufvertrag, wonach eine Ablösung des Erschließungsbeitrages vereinbart worden sei, komme es nicht an. Die Beklagte habe nachfolgend diesen Teil des Vertrages nicht mehr als verbindlich und die Ablösungsbeträge als Vorauszahlung behandelt. Hieran sei sie festzuhalten. Ab Juni 1999 sei der zuviel entrichtete Anteil daher zurückzuzahlen gewesen. Die von diesem Zeitpunkt an hierauf entrichteten Zinsen müssten den Klägern als Schaden ersetzt werden.

Dies hält einer rechtlichen Überprüfung durch den Senat nur i.E. stand.

2. Zutreffend ist lediglich der Ausgangspunkt des LG, wonach es zu den eine Haftung aus § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG begründenden Amtspflichten gehören kann, Zahlungen ohne Verzögerung zu leisten, womit es eines Rückgriffs auf die privatrechtlichen Verzugsbestimmungen nicht bedarf (BGH, Urt. v. 1.10.1981 - III ZR 13/80, MDR 1982, 210 = NJW 1982, 1277 f.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 21.1.1996 - 13 U 156/95, NVwZ-RR 1997, 490 [491]). Anschließend hat die Einzelrichterin allerdings nicht geprüft, ob sich aufgrund der konkreten Umstände des vorliegenden Falles für die Bediensteten der Beklagten überhaupt Amtspflichten ergaben, die verletzt werden konnten. Hierzu bedurfte es einer Auseinandersetzung mit dem geschlossenen Grundstückskaufvertrag, die die angefochtene Entscheidung zu Unrecht für entbehrlich hält.

Die Kläger haben die zurück zu gewährende Leistung auf der Grundlage eines Kaufvertrages erbracht. Folgerichtig kann sich der Rückzahlungsanspruch nur aus dem Vertrag oder den ihm zugrunde liegenden Rechtsquellen ergeben. Wie die Beklagte meinte, die Zahlung der Kläger teilweise behandeln zu müssen, ist unerheblich. Eine Vorausleistung i.S.v. § 133 Abs. 3 S. 1-4 BauGB lag nicht vor, da ein hierfür konstitutiver Vorausleistungsbescheid weder ergangen (vgl. § 6 Abs. 7 S. 3 KAG LSA) noch durch eine, was unten auszuführen sein wird (4.a)), Beitragssatzung i.S.v. § 132 BauGB gedeckt war.

3. Der sonach allein maßgebliche Vertrag der Parteien begründete keine Amtspflichten.

a) Die sich aus dem Kaufvertrag vom 2.12.1994 ergebenden Rechte und Pflichten sind insgesamt privatrechtlicher Natur. Ein Amtshaftungsanspruch kommt daher nicht in Betracht (Erman/Hecker, BGB, 11. Aufl., § 839 Rz. 22).

Amtspflichten i.S.v. § 839 BGB können nur im öffentlich-rechtlichen Funktionskreis verletzt werden. Nur im Falle einer Amtsausübung auf der Grundlage und nach Maßgabe des öffentlichen Rechts tritt die Verwaltung rechtlich überlegen auf, was allein die besondere Schutzbedürftigkeit des Bürgers und die Haftungsübernahme des Staates begründet (Papier in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 839 Rz. 173). Bei Betätigung im privatrechtlichen Geschäftskreis haftet die Gemeinde deshalb nicht nach Art. 34 S. 1 GG, sondern nach §§ 31, 89, 831 oder 278 BGB (Palandt/Sprau, BGB, ...

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