Leitsatz (amtlich)

Wird über die Ablehnung eines Sachverständigen unrichtig nicht mit Beschluss, sondern im instanzabschließenden Urteil entschieden, ist dieses wegen des Verfahrensfehlers nur dann anfechtbar, wenn eine sofortige Beschwerde nach § 406 Abs. 5 ZPO gegen einen ablehnenden Beschluss gem. § 406 Abs. 4 ZPO Erfolg gehabt hätte. Eine entsprechende Prüfung kann das Berufungsgericht selbst vornehmen.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 27.10.2011; Aktenzeichen 9 O 2195/09)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 27.10.2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Magdeburg unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 2.972,39 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.9.2009 sowie ein Schmerzensgeld i.H.v. 1.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.9.2009 zu zahlen.

Die Beklagten werden weiter verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Kosten der Prozessbevollmächtigten i.H.v. 446,13 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.9.2009 zu zahlen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen der Kläger 58 v.H. und die Beklagten als Gesamtschuldner 42 v.H.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das am 27.10.2011 verkündete Urteil des LG Magdeburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert beträgt 9.527,72 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger macht Ansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 22.6.2009 auf der L. zwischen S. und C. gegen die Beklagten geltend. Der Beklagte zu 1. fuhr in einer Kolonne aus fünf Fahrzeugen als zweites Fahrzeug hinter der Zeugin Sp. mit einer Geschwindigkeit von ca. 85 km/h; der Kläger fuhr mit seinem Motorrad Kawasaki ZX 12 R von hinten an die Kolonne heran. Sowohl der Kläger als auch der Beklagte wollten überholen. Während des bereits begonnenen Überholmanövers des Klägers begann der Beklagte zu 1. seinerseits, den vor ihm fahrenden Wagen der Zeugin Sp. zu überholen. Die Einzelheiten des Überholvorganges und des Unfallgeschehens sind streitig. Es kam zum Auffahrunfall zwischen dem Kläger und dem Beklagten. In der Folge des Unfalles stürzte der Kläger von seinem Motorrad in den linken Straßengraben, das Motorrad überschlug sich. Das Motorrad erlitt durch den Unfall einen Totalschaden i.H.v. 4.950 EUR, welcher zwischen den Parteien unstreitig ist. Der Kläger erlitt eine Luxation (Verrenkung) des linken Ellenbogengelenkes, welche operativ behandelt wurde, sowie eine traumatische Ruptur des Ligamentums collaterale ulnare links (Riss des Kollateralbandes des Ellenbogengelenkes) und eine Olecranonfraktur links (Ellenhakenfraktur). Er befand sich in stationärer Behandlung vom 22.6. bis 1.7.2009 und trug sechs Wochen lang Gips. Anschließend befand er sich in physiotherapeutischer Behandlung.

Darüber hinaus begehrt der Kläger eine Auslagenpauschale i.H.v. 25 EUR sowie die Kosten für die beschädigte Schutzkleidung i.H.v. 1.052,72 EUR (Bl. 20 I d.A.). Weiterhin begehrt der Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld i.H.v. mindestens 2.500 EUR und die Erstattung der vorprozessual entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Der Kläger hat behauptet, er habe nach dem Durchfahren einer Rechtskurve die Straße auf ca. 400 bis 450 m einsehen können und zum Überholen der ebenfalls in der Kolonne fahrenden Fahrzeuge des Zeugen M. sowie einer unbekannten Fahrerin eines roten Kleinwagens angesetzt. Als er sich in Höhe der B-Säule des roten Kleinwagens und ca. 15 m hinter dem Beklagten zu 1. befunden habe, sei der Beklagte zu 1. ohne zu blinken ausgeschert. Trotz Bremsmanövers sei es zum Zusammenstoß gekommen, als das letzte Hinterrad des Beklagten zu 1. die Mittellinie überquert habe. Er ist daher der Ansicht, der Beklagte zu 1. habe den Unfall allein verschuldet.

Der Beklagte hat behauptet, sein Fahrzeug habe sich bereits vollständig und längere Zeit auf der Gegenfahrbahn befunden, als es zum Zusammenstoß gekommen sei. Der Kläger sei ungebremst mit überhöhter Geschwindigkeit auf ihn aufgefahren, nachdem er seine Bremse nach einer Vollbremsung wieder gelöst habe, so dass er in nach links gerichteter Fahrt auf sein Fahrzeug aufgefahren sei. Er hat die Ansicht vertreten, für die Kleidung sei allenfalls der Zeitwert zu erstatten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des in erster Instanz unstreitigen und streitigen Sachverhaltes und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine Haftung der Beklagten gem. §§ 17 Abs. 3, 18 Abs. 1, 115 VVG, 1 PflVersG sei ausgeschlossen, weil der Unfall für den Beklagten zu 1. unvermeidbar war und ihn kein Verschulden traf. Vielmehr habe der Unfall auf dem verkehrswidrigen Verhalten des wegen G...

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