Leitsatz (amtlich)
1. Der streitige Einwand der Abgeltung von Gewährleistungsansprüchen lässt das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens nicht entfallen.
2. Gegenanträge im selbstständigen Beweisverfahren sind jedenfalls dann zulässig, wenn sie sich innerhalb des den Grund des Verfahrens bildenden Rechtsverhältnisses der Parteien halten, in diesem Rahmen ihr Beweisthema in unmittelbarem sachlichem Zusammenhang mit demjenigen des Antragstellers steht und durch die Erweiterung der Beweisaufnahme keine wesentliche Verzögerung eintritt.
Normenkette
ZPO § 485 ff.
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 17 OH 4325/02) |
Tenor
I. Auf die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 1) und 3) bis 9) sowie der Antragsgegnerin wird der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 22.7.2002 abgeändert:
Die mit Beschluss vom 8.8.2002 angeordnete Begutachtung wird auch darauf erstreckt,
a) ob, was die Häuser der Antragsteller zu 1) und 3) bis 9) betrifft, zwischen den einzelnen Häusern Baumängel infolge von Schallbrücken bestehen, worauf diese ggf. zurückzuführen sind und welche Maßnahmen dann zur fachgerechten Mangelbeseitigung erforderlich sind sowie welche Kosten hierfür aufzuwenden sind,
b) ob eine Sanierung gemäß dem Sanierungsvorschlag des Ingenieurbüros S. vom 28.6.1999 i.V.m. dem Sanierungsangebot der Antragsgegnerin vom 24.4.2001 ordnungsgemäß gewesen wäre.
II. Die weiter gehende Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
III. Von den außergerichtlichen Auslagen der Antragsteller zu 1) und 3) bis 9) trägt die Antragsgegnerin 7/8, von denjenigen der Antragsteller zu 2) 3/8.
Von den außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegnerin tragen die Antragsteller zu 1) bis 9) je 1/72, die Antragsteller zu 2) weitere 1/36.
Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Auslagen selbst.
IV. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt insgesamt 20.000 Euro, der Wert des zurückgewiesenen Teils 7.500 Euro.
Gründe
1. Die gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsteller zu 1) und 3) bis 9) hat Erfolg.
a) Das LG hat den Antrag hinsichtlich der behaupteten Schallschutzmängel wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses zurückgewiesen, weil insoweit Gewährleistungsansprüche der Antragsteller durch eine Vereinbarung vom November 1999 abgegolten seien. Nach dem Wortlaut dieser Vereinbarung seien alle den Schallschutz betreffenden Mängel abgegolten, also auch die jetzt gerügten Schallbrücken zwischen den Häusern und nicht nur die Schallschutzmängel zur Straße hin, die damals Anlass der Vereinbarung gewesen seien.
Diese Reichweite der Abgeltung haben die Antragsteller zu 1) und 3) bis 9) bestritten. Lediglich die Antragsteller zu 2) haben unter Rücknahme ihrer Beschwerde nunmehr eine Gesamtabgeltung aller Schallschutzmängel eingeräumt.
b) Liegen Mängel aufgrund bestehender Schallbrücken zwischen den Häusern vor, so bestehen vorliegend grundsätzlich Gewährleistungsansprüche der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 485 ZPO i.Ü. kann den Antragstellern in einem solchen Fall das Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung derartiger Mängel nicht abgesprochen werden.
Anders wäre dies nur, wenn kein Zweifel daran begründet sein kann, dass Ansprüche auch bei Vorliegen der behaupteten Mängel nicht mehr bestehen können. Dies wäre der Fall, wenn eine sich auf diese Mängel beziehende Abgeltungsvereinbarung unstreitig wäre – so wie hier hinsichtlich der Antragsteller zu 2); möglicherweise auch, wenn eine solche Vereinbarung zwar streitig, aber durch Vorlage liquider Beweismittel, z.B. entspr. Urkunden, eindeutig feststünde.
Ein solcher Fall ist hier jedoch hinsichtlich der Antragsteller zu 1) und 3) bis 9) nicht gegeben. Schon der Vortrag der Antragsgegnerin in der Stellungnahme zur Antragsschrift enthält lediglich die Behauptung, die Antragsteller hätten Mängel hinsichtlich des Schallschutzes der Reihenhäuser zur Straße gerügt und diese seien nach Einschalten der Haftpflichtversicherung des seinerzeit tätigen Statikers durch eine Minderung abgegolten worden (Bl. 13 d.A.). Dass die Minderungsvereinbarung sich auch auf die nunmehr gerügten Mängel von Schallbrücken zwischen den Häusern bezogen hätte, hat die Antragsgegnerin nicht einmal behauptet.
Auch bei Berücksichtigung des von den Antragstellern selbst vorgelegten Schreibens der Antragsgegnerin vom 9.11.1999 steht eine Abgeltung hinsichtlich der Antragsteller zu 1) und 3) bis 9) nicht fest. Zwar sollen nach dem Wortlaut dieses Schreibens mit der angebotenen Minderung alle den Schallschutz betreffenden Mängel abgegolten sein. Die auf diesem Schreiben vorgesehene Einverständniserklärung der Antragsteller ist jedoch nicht unterzeichnet, und zudem behaupten die Antragsteller, vor Rücksendung eine Abänderung des Abgeltungsumfangs durch entspr. Streichungen vorgenommen zu haben.
Es kann nicht Gegenstand eines selbstständigen Beweisverfahrens sein, über derartige Rechtsfragen zu entsche...