Leitsatz (amtlich)
1. Die anwaltliche Berufsordnung (BORA) ist auf die Rechtsanwalts AG nicht anwendbar.
2. Durch die Bezeichnung einer Rechtsanwalts AG mit einer werbenden Phantasiebezeichnung verstoßen die Gründer der Gesellschaft, die Rechtsanwälte sind, gegen anwaltliches Berufsrecht.
3. Die Rechtsanwalts AG hat eine berufsrechtswidrig zu Stande gekommene Firma als Störerin zu unterlassen.
Normenkette
BORA §§ 9, 33, 59k; UWG § 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 1 HKO 6877/00) |
Tenor
I. Der Beklagten wird untersagt, sich im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zur Kennzeichnung ihrer Rechtsanwaltskanzlei der Bezeichnung P. zu bedienen.
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird ihr ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten – Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann –, zu vollstrecken an ihrem Vorstand, angedroht.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 10.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend. Sie verlangt, dass die Beklagte in ihrer Firma den Bestandteil „P.” unterlässt.
Die Beklagte wurde am 21.9.1998 von zwei Rechtsanwälten und einem Steuerberater gegründet. Zu ihrem Vorstand wurde Rechtsanwalt Dr. N.B., Kammermitglied der Klägerin, bestellt. Nach anweisendem Beschluss des BayObLG vom 27.3.2000 (3Z BR 3331/99) wurde die „P. Rechtsanwalts AG” in das Handelsregister eingetragen.
Die Klägerin hält die Firma einer Rechtsanwaltskanzlei mit einer Phantasiebezeichnung aus berufsrechtlichen Gründen für unzulässig und unlauter i.S.v. §§ 1, 3 UWG. Sie hat deshalb Klage erhoben mit dem Antrag:
Der Beklagten wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten – Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, zu vollstrecken an ihrem Vorstand – wegen jeder Zuwiderhandlung untersagt, sich im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zur Kennzeichnung ihrer Rechtsanwaltskanzlei der Bezeichnung „P.” zu bedienen.
Das LG hat die Klage abgewiesen, da ein Verstoß der Beklagten gegen berufsrechtliche Vorschriften nicht vorliege und die Gefahr einer Irreführung nicht bestehe.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die den geltend gemachten Anspruch im vollen Umfang weiterverfolgt. Die Beklagte, die beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hält die Klägerin nicht für klagebefugt, die anwaltliche Berufsordnung (BORA) für auf eine Aktiengesellschaft nicht anwendbar und eine Verwechslungsgefahr für ausgeschlossen.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils und die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg, da die Beklagte als Störerin für unerlaubte Wettbewerbshandlungen ihrer Gründer haftet, §§ 1 UWG, 9 BORA, 1004 BGB analog.
1. Klagebefugnis:
Die Klägerin ist gem. § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG klagebefugt und aktivlegitimiert, wettbewerbsrechtliche Ansprüche gegen die Beklagte durchzusetzen. Nach st. Rspr. des BGH (BGH v. 26.9.2002 – I ZR 44/00, MDR 2003, 357 = BGHReport 2003, 337 = NJW 2003, 819 m.w.N. – Anwalts-Hotline) hat eine Rechtsanwaltskammer die Klagebefugnis eines rechtsfähigen Verbandes zur Förderung gewerblicher Interessen, weil auch sie ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung die beruflichen Belange ihrer Mitglieder zu wahren und zu fördern hat. Dies gilt ausdrücklich auch für die Geltendmachung von wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen gegen ihre Mitglieder (BGH v. 26.9.2002 – I ZR 44/00, MDR 2003, 357 = BGHReport 2003, 337 = NJW 2003, 819).
Mit Beschluss des BGH vom 25.11.2002 (BGH, Beschl. v. 25.11.2002 – AnwZ (B) 8/02, BGHReport 2003, 468 = CR 2003, 354 = NJW 2003, 504 – rechtsanwaelte-notar.de) stellte der BGH fest, dass die Bundesrechtsanwaltsordnung dem Vorstand einer Rechtsanwaltskammer nicht das Recht verleiht, festgestellten Verstößen gegen die berufsrechtlichen Vorschriften mit einer Unterlassungsverfügung zu begegnen, da die Bundesrechtsanwaltsordnung keine Befugnisnorm für derartige Eingriffe enthalte. Mit der Klagebefugnis nach § 13 UWG befasst sich der Beschluss nicht. Vom Ergebnis her stützt er die bisherige st. Rspr. zur Klagebefugnis, da dem von der Beklagten vorgebrachten Einwand, das Vorgehen der Rechtsanwaltskammer nach UWG sei rechtsmissbräuchlich, da ihr berufsrechtliche Maßnahmen zur Verfügung stünden, der Boden entzogen wird.
2. Unterlassungsanspruch:
Die Beklagte haftet als Störerin für unlautere Wettbewerbshandlungen ihrer Gründer.
a) Ein Anspruch gegen die Beklagten nach § 1 UWG i.V.m. § 9 BORA unte...