Leitsatz (amtlich)

1. Die Einziehung einer zur Sicherheit abgetretenen Forderung durch den Insolvenzverwalter führt in der Regel nicht zu einer Belastung der Masse mit Umsatzsteuer i.S.d. § 171 Abs. 2 Satz 3 InsO.

2. Der Insolvenzverwalter kann die Verwertungspauschale von 5 % (§ 171 Abs. 2 Satz 1 InsO) nicht zusätzlich zu den Rechtsverfolgungskosten für die zwangsweise Durchsetzung der zur Sicherheit abgetretenen Forderungen verlangen.

 

Normenkette

InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 171 Abs. 2 Sätze 1, 3

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Urteil vom 28.11.2005; Aktenzeichen 8 O 1418/05)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 22.02.2007; Aktenzeichen IX ZR 112/06)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 28.11.2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des LG Osnabrück wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der D. eG, der Beklagte Insolvenzverwalter über das Vermögen der P. GmbH,. Beide Unternehmen unterhielten vor den (jeweils 2001 eröffneten) Insolvenzverfahren miteinander Geschäftsbeziehungen. Der D.-eG standen erhebliche Forderungen gegen die Firma P. zu, die im Rahmen einer Globalabtretung alle bestehenden und zukünftigen Forderungen an die D. eG abgetreten hatte.

Der Beklagte anerkannte das Absonderungsrecht der D. eG und nahm aufgrund seiner Befugnisse aus § 166 Abs. 2 InsO die Verwertung der abgetretenen Forderungen vor. Über die - noch nicht abgeschlossene - Verwertung erteilte er eine Zwischenabrechnung per 30.6.2005, nach der (unstreitig) ein Bruttoerlös von 118.855,17 EUR erzielt wurde. Von dem Erlös zog der Beklagte 44.330,93 EUR für "vorläufige Kosten/Auslagen" (im Wesentlichen Rechtsanwaltsgebühren und Gerichtskosten für geführte Prozesse) ab. Ferner brachte er eine Feststellungspauschale von 4 % des Bruttoerlöses (4.754,21 EUR), eine Verwertungspauschale von 5 % des Bruttoerlöses (5.942,76 EUR) sowie Umsatzsteuer i.H.v. 16.393,82 EUR in Abzug.

Der Kläger ist der Auffassung, dass der Abzug der Verwertungspauschale und der Umsatzsteuer nicht gerechtfertigt sei. Die Verwertungspauschale könne nicht zusätzlich zu den tatsächlichen Kosten verlangt werden, die für die Einziehung von Forderungen entstehen. Umsatzsteuer sei nicht abzuziehen, weil der Einzug von Forderungen durch den Insolvenzverwalter keine umsatzsteuerpflichtige Leistung des Insolvenzverwalters sei und die Masse deshalb nicht belaste.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 22.336,58 EUR nebst Zinsen zu verurteilen.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Wegen der Feststellungen und der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er den in erster Instanz gestellten Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Das LG habe die Regelungen in §§ 170, 171 InsO fehlerhaft angewendet. Die Vorschriften dienten dazu, die Masse zu entlasten und die Absonderungsberechtigten an den durch die Feststellung und Verwertung ihrer Sicherheit entstandenen Kosten zu beteiligen. Im vorliegenden Fall sei die Gläubigergesamtheit durch die Verwertung mit erheblichen Aufwendungen belastet worden, die den Abzug des Pauschalbetrages von 5 % vom Verwertungserlös rechtfertigten. Daneben seien auch die bei Dritten entstandenen Kosten für die gerichtliche Durchsetzung der abgetretenen Forderungen in Abzug zu bringen, die der Insolvenzmasse nicht zur Last fallen dürften. Es handele sich insoweit nicht um Verwertungskosten i.S.d. § 171 Abs. 2 InsO.

Auch der Umsatzsteuerbetrag sei dem Verwertungserlös zu entnehmen. Der Erlösanspruch des gesicherten Gläubigers sei auf den Nettoerlös beschränkt. Bei der Steuerschuld handele es sich um eine Masseverbindlichkeit gem. § 55 InsO.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Beklagte ist sowohl zur Zahlung des einbehaltenen Umsatzsteueranteils von 16.393,82 EUR als auch zur Zahlung der einbehaltenen Verwertungspauschale von 5.942,76 EUR verpflichtet.

1. Das LG ist mit zutreffender Begründung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beklagte die Umsatzsteuer nicht gem. § 171 Abs. 2 Satz 3 InsO vom Verwertungserlös abziehen durfte. Die Verwertung der zur Sicherheit abgetretenen Forderungen durch den Beklagten als Insolvenzverwalter hat nicht zu einer Belastung der Masse mit Umsatzsteuer geführt. Zwar gelten Umsatzsteueransprüche, die aus Maßnahmen des Insolvenzverwalters begründet sind, als Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO (MünchKomm/Kling, InsO, Rz. 137 zum Insolvenzsteuerrecht). D...

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