Leitsatz (amtlich)

Auf Lebensversicherungsverträge, welche in der Zeit zwischen dem 29.07.1994 und dem 31.12.1994 zu von der Aufsichtsbehörde genehmigten Bedingungen geschlossen wurden, finden hinsichtlich von Widerspruchs- und Rücktrittsmöglichkeiten des Versicherungsnehmers nicht die Regelungen des VVG 1990, sondern diejenigen des VVG 1994 unter Berücksichtigung der Übergangsvorschriften des Dritten Durchführungsgesetzes/EWG zum VAG Anwendung (entgegen OLG Dresden, Beschluss vom 03.01.2019, Az.: 4 U 1303/18).

 

Normenkette

VAGEWGDG 3 Art. 16 § 11; VVG § 8 Abs. 5 Fassung: 1994-04-29

 

Verfahrensgang

LG Schwerin (Urteil vom 20.11.2020; Aktenzeichen 1 O 50/20)

 

Tenor

I. Nach vorläufiger Einschätzung der Sach- und Rechtslage ist beabsichtigt, der Zwischenfeststellungsklage und jedenfalls zum überwiegenden Teil dem Auskunftsanspruch im Rahmen der Stufenklage gemäß den Berufungsanträgen des Klägers durch Teilurteil stattzugeben.

II. Es erscheint sachgerecht, hierüber durch Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach §§ 525 Satz 1, 128 Abs. 2 ZPO zu befinden.

Die Parteien werden daher zur Vermeidung eines ansonsten erforderlichen Termins zur mündlichen Verhandlung um Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten. Für diesen Fall werden die Parteien des Weiteren gebeten mitzuteilen, ob sie

1) auf die Einreichung weiterer Schriftsätze nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens sowie

2) auf die gesonderte Mitteilung des Verkündungstermins

verzichten.

Sollten beide Parteien entsprechende Erklärungen abgeben, wird der Senat unverzüglich durch Beschluss das schriftliche Verfahren anordnen und - entsprechend dem darin festzusetzenden Verkündungstermin - das Urteil verkünden.

III 1. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird vorläufig auf bis zu 30.000 Euro festgesetzt.

2. Es ist beabsichtigt, den Streitwertbeschluss des Landgerichts vom 20.11.2020 von Amts wegen abzuändern und dahingehend neu zu fassen, dass der Streitwert für den ersten Rechtszug auf bis zu 25.000,00 EUR festgesetzt wird.

IV. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

 

Gründe

I. Die Berufung erscheint nach vorläufiger Einschätzung der Sach- und Rechtslage zulässig und hinsichtlich der mit dem Rechtsmittel verfolgten Zwischenfeststellungsklage sowie jedenfalls großenteils in der Auskunftsstufe der weitergehenden Stufenklage auch begründet.

A. Die Zulässigkeit der Berufung ist insbesondere unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Beschwer und des Bestrebens, diese mit dem Rechtsmittel zu beseitigen, gegeben. Es reicht dafür nämlich aus, dass das vorinstanzliche Begehren zumindest teilweise weiterverfolgt und nicht ausschließlich ein neuer Anspruch geltend gemacht wird (vgl. Zöller-Heßler, ZPO, 33. Aufl., 2020, vor § 511 Rn. 10 m. w. N.). Die (Zwischen)Feststellungsklage sowie die dem Leistungsbegehren vorgelagerten Ansprüche der Stufenklage sind daher lediglich bezogen auf die Zulässigkeit der entsprechenden Klageänderungen bzw. -erweiterungen im zweiten Rechtszug zu prüfen, weil der Kläger seinen erstinstanzlich abgewiesenen Zahlungsantrag jedenfalls dem Grunde nach weiterverfolgt und nur eine Veränderung der Höhe der streitgegenständlichen Forderung in Abhängigkeit von den Auskünften möglich ist, welche von der Beklagten gefordert werden.

B. In dem eingangs unter Ziffer I) genannten Umfang ist die Berufung des Klägers sodann begründet.

1. Die Klage ist ihrerseits hinsichtlich der mit den Berufungsanträgen verbundenen Klageänderungen zulässig.

a. Dies bestimmt sich im zweiten Rechtszug nach § 533 ZPO, wonach eine Klageänderung im Berufungsverfahren nur zulässig ist, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich hält und sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.

aa. Selbst ohne eine nicht ersichtliche Einwilligung der Beklagten sind die Anträge zumindest nach § 533 Nr. 1, 2. Alt ZPO sachdienlich.

(a) Diese Beurteilung erfordert eine Berücksichtigung, Bewertung und Abwägung der beiderseitigen Interessen. Es kommt insoweit allein auf die objektive Beurteilung an, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einem anderenfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Unter diesem Gesichtspunkt ist nicht die beschleunigte Erledigung des anhängigen Prozesses, sondern die Erledigung der Streitpunkte zwischen den Parteien entscheidend. Deshalb steht der Sachdienlichkeit einer Klageänderung grundsätzlich nicht entgegen, dass im Falle ihrer Zulassung Beweiserhebungen nötig werden und dadurch die Erledigung des Prozesses verzögert würde (vgl. BGH, Urteil vom 27.09.2006, Az.: VIII ZR 19/04, - zitiert nach juris -, Rn. 10 f.).

(b) Mit einer Entscheidung über die Berufungsanträge des Klägers wird in dem vorliegenden Fall ein ...

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