Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Vorrang der Sachenrechtsbereinigung gegenüber dem Insolvenzrecht

 

Normenkette

SachenRBerG § 82; KO § 114; InsO § 32

 

Verfahrensgang

LG Neubrandenburg (Aktenzeichen 6 O 533/98)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Neubrandenburg v. 26.5.1999 (Az.: 3/6 O 533/98) wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung von 6.000 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Beschwer der Beklagten beträgt 99.000 DM.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob die Freigabe von Gebäudeeigentum aus der Gesamtvollstreckungsmasse zulässig ist, wenn der Grundstückseigentümer gem. § 82 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBG von dem Verwalter verlangt, die Fläche, auf der das Gebäude errichtet wurde, zu erwerben.

Die LPG (T) E.T.A.P. hatte auf dem streitgegenständlichen Grundstück in den 50er und 60er Jahren eine Schweinemastanlage, bestehend aus einem Futterhaus und drei Schweineställen errichtet. Durch Umwandlung im Jahr 1990 entstand aus der LPG die Agrar Produkte A.P. e.G. Mit Beschluss vom 1.4.1997 wurde über das Vermögen der Agrar Produkte A.P. e.G. das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und der Kläger zum Verwalter bestellt.

Die Beklagte wurde am 26.11.1997 im Grundbuch als Eigentümerin des Grundstückes eingetragen.

Mit Schreiben vom 18.2.1998 (Anl. K 5 Bl. 18 d.A.) forderte die Beklagte den Kläger auf, die zu den Gebäuden gehörende streitgegenständliche Grundstücksfläche von ihr zu erwerben. Sofern der Kläger von der Möglichkeit des § 82 Abs. 3 SachenRBG Gebrauch machen wolle, könne er die Gebäude bis zum 18.7.1998 auf eigene Kosten beseitigen lassen.

Mit Schreiben vom 4.7.1998 (Anl. K 2, Bl. 7 d.A.) erklärte der Kläger ggü. dem Liquidator der Gemeinschuldnerin wegen Unmöglichkeit der Verwertung und Belastung der Masse die Freigabe der Gebäude aus dem Insolvenzbeschlag.

Mit Schreiben vom 6.10.1998 (Anl. K 6, Bl. 20 d.A.) kündigte der Kläger der Beklagten an, er werde negative Feststellungsklage erheben, wenn die Beklagte an ihrer Rechtsauffassung festhalte.

Mit wechselseitigen Schreiben vom 15.10.1998 (Anl. K 7, Bl. 22 d.A.) und 21.10.1998 (Anl. K 8, Bl. 24 d.A.) hielten die Parteien an ihren gegensätzlichen Rechtsauffassungen fest.

Der Kläger hat geltend gemacht, sein Feststellungsinteresse sei darin begründet, dass sich die Beklagte eines Anspruches nach § 82 SachenRBG berühme.

Die Feststellungsklage sei begründet, denn nach Freigabe der Gebäude aus dem Insolvenzbeschlag sei der Gesamtvollstreckungsverwalter nicht (mehr) passivlegitimiert für eventuelle Ansprüche nach dem SachenRBG. Ein Gesamtvollstreckungsverwalter sei berechtigt, sich objektbezogenen Verpflichtungen durch eine Freigabeerklärung zu entziehen, was in der Rechtsprechung und Literatur anerkannt sei. Dies gelte auch für den Fall einer Insolvenz einer juristischen Person. Es komme deshalb nicht mehr darauf an, ob materiell-rechtlich Ansprüche nach dem SachenRBG bestünden.

Der Kläger hat ursprünglich beantragt,

1. festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, die streitgegenständlichen Gebäude abzureißen,

2. festzustellen, dass er auch nicht verpflichtet ist, das streitgegenständliche Grundstück anzukaufen.

Neben der Klageabweisung hat die Beklagte ursprünglich widerklagend beantragt, festzustellen, dass zu Gunsten der Beklagten ein Andienungsrecht nach § 82 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBG bestehe, hilfsweise, festzustellen, dass der Beklagten ggü. dem Kläger keine Rechte nach §§ 82 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 SachenRBG zustehen, namentlich der Kläger weder verpflichtet ist, die Beklagte von den Abrisskosten freizuhalten noch das streitgegenständliche Grundstück anzukaufen.

Nachdem die Beklagte die Widerklage zurückgenommen hat und die Parteien die Feststellungsklage hinsichtlich der Freistellungsverpflichtung in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, hat der Kläger schließlich beantragt, festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, von der Beklagten das Grundstück Gemarkung P., Flur 5, Flurstück 204/4 nach § 82 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBG anzukaufen.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, hinsichtlich des ursprünglichen Klagantrags zu 1) habe es an einem Feststellungsinteresse gefehlt.

Die Klage sei unbegründet. Der Kläger könne sich nicht auf die Freigabeerklärung berufen, denn diese sei unwirksam. In der Insolvenz einer juristischen Person sei eine Freigabeerklärung nicht zulässig. Im Übrigen seien die Regelungen des SachenRBG vorrangig ggü. den insolvenzrechtlichen Vorschriften, so dass eine Freigabeerklärung dann nicht zulässig sei, wenn ggü. dem Verwalter Ansprüche nach dem SachenRBG geltend gemacht würden.

Das LG hat antragsgemäß festgestellt, dass den Kläger eine Erwerbsverpflichtung nicht treffe.

Ein Feststellungsinteresse sei gegeben, denn die Beklagte habe sich vorprozessual mit i...

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