Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 8 O 122/16) |
Tenor
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 10.06.2016 (Az. 8 O 122/16) wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Klägern ist nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in eben dieser Höhe leistet.
Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren: bis EUR 750.000,00
Gründe
I. Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 10.06.2016 Bezug genommen.
II. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 10.06.2016, Aktenzeichen 8 O 122/16, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
1. Das Rechtsmittel hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Rechtssache kommt zudem keine grundsätzliche Bedeutung zu und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Die Zurückweisung der Berufung basiert auf überkommenen Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Soweit die streitbefangenen Widerrufsbelehrungen in anderen Rechtsstreitigkeiten von Relevanz sein könnten, verschafft dies diesem Rechtsstreit für sich genommen keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
2. Zur Begründung wird im Übrigen auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 19.10.2016 (Bl. 186 d.A.) Bezug genommen.
3. Die Gegenerklärung vom 15.11.2016 (Bl. 201 d.A.) gibt keinen Anlass für eine abweichende Bewertung der Sach- und Rechtslage.
a) Das von den Widerrufsbelehrungen angeführte Merkmal der "Absendung des Darlehensvertrages" entspricht der gesetzlichen Vorgabe in § 355 Abs. 2 BGB a.F. In § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. ist (lediglich) die Rede davon, bei schriftlich abzuschließenden Verträgen beginne die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine "Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werde". Auf den Zugang der Willenserklärung des Verbrauchers beim Unternehmer kommt es nach dem Gesetz nicht an. Das mag im Einzelfall zu einer Verkürzung des Widerrufsfrist führen, die man für "verbraucherfeindlich" erachten mag oder auch nicht. Das legitimiert aber keine Rechtsfortbildung contra legem. § 355 BGB a.F. läuft damit auch nicht "vollends ins Leere", da der Verbraucher den Tag der Absendung des Darlehensvertrages unschwer feststellen und mithin die maßgebliche Widerrufsfrist berechnen kann.
b) Der in der Gegenerklärung angeführte § 130 Abs. 1 S. 2 BGB ist für die Bestimmung des Fristanlaufs beim Widerrufsrecht nicht behilflich. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB betrifft die Vertragsabschlussebene. Für die davon zu trennende Frage des Fristanlaufs nach § 355 BGB a.F. ist die Norm nicht weiter von Bedeutung. Das zeigt auch und gerade die von den Klägern in Bezug genommene Bestimmung des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. Die Monatsfrist nach Vertragsschluss gibt im Umkehrschluss zu erkennen, dass die reguläre Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. unabhängig von diesem Merkmal beginnt. § 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. ist argumentativ gleichfalls unbeachtlich. § 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. bestimmt den Endzeitpunkt für die Ausübung des Widerrufsrechts. Die zeitliche Limitierung verfolgt eine andere Intention als die Regelung zum Fristanlauf bei Vorliegen einer Vertragserklärung des Verbrauchers. Es geht nicht um den Fristbeginn, sondern das zeitliche Ende der Widerrufsoption. Das rechtfertigt es, für die Längstfrist von 6 Monaten abweichend vom Fristbeginn an den Vertragsschluss anzuknüpfen. "Systemwidrig" ist mithin allenfalls die Vermengung von Fristanlauf und Vertragsschluss durch die Kläger.
c) Dem Verständnis des Senats von § 355 Abs. 2 BGB a.F. liegt auch keine fehlerhafte Interpretation der BGH-Rechtsprechung (Urteil vom 23. September 2010 - VII ZR 6/10) zu Grunde. Dem angeführten Urteil lässt sich nicht entnehmen, dass dieses auf "Annahmeerklärungen des Unternehmers" begrenzt wäre. Vielmehr wird in dieser Entscheidung - das ist entscheidend - begründet, dass der Beginn der Widerrufsfrist nicht vom Vertragsschluss abhängt (Rd. 18 nach juris). Aus Rd. 25 des angeführten Urteils vom 23. September 2010 folgt auch nicht, dass der Vertragsschluss maßgeblich wäre; vielmehr wird auch dort auf die Vertrags- bzw. Willenserklärung des Verbrauchers und nicht auf den Zugang der Erklärung beim Unternehmer abgestellt.
d) Nach wie vor ist auch bei der Belehrung zu den Rechtsfolgen kein Mangel festzustellen. Natürlich betrifft Satz 2 der Passage zu den Widerrufsfolgen keine...