Leitsatz (amtlich)

Kostenfestsetzung:

1. Für die Tätigkeit eines Rechtsbeistands im Mahnverfahren ist die 1,0-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3305 RVG-VV nicht erstattungsfähig gem. § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 ZPO, wenn die Höhe der geltend gemachten Hauptforderung für das Streitverfahren die Zuständigkeit des LG begründete.

2. Es liegen auch nicht die Voraussetzungen für die "Notwendigkeit" eines Anwaltswechsels i.S.d. § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO vor.

3. Die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten eines "Hausanwalts" am "dritten Ort" nach Nr. 7003 RVG-VV ist gem. § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur in wenigen Ausnahmefällen gegeben. Ansonsten sind lediglich die fiktiven Reisekosten vom Wohn-/Geschäftssitz der Partei zum Gerichtsort erstattungsfähig.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, § 91 S. 2, § 103 ff.; RVG-VV Nrn. 3305, 7003

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Beschluss vom 19.08.2008; Aktenzeichen 8 O 84/08 Ka)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des LG Heilbronn vom 19.8.2008 - 8 O 84/08, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: 264,52 EUR.

 

Gründe

1. Die Klägerin hat im Hauptsacheverfahren Ansprüche der Firma "... GmbH & Co. KG" ggü. dem Beklagten geltend gemacht, die ihr zum Einzug im eigenen Namen abgetreten worden waren. Die Hauptforderung belief sich auf 6.858,75 EUR. Dem streitigen Verfahren war ein Mahnverfahren vorgeschaltet, in dem sich die Klägerin ausweislich des Mahnbescheids vom 2.11.2006 selbst als Rechtsbeistand vertreten hatte. Der Rechtsstreit wurde beendet durch gerichtlichen Vergleich vom 28.5.2008, mit dem u.a. eine Kostenquote zu Lasten der Klägerin von 53 % und des Beklagten von 47 % und bezüglich der Vergleichskosten Aufhebung vereinbart wurden.

Mit Antrag vom 11.6.2008 verlangte die Klägerin u.a. für das Mahnverfahren eine 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 RVG-VV von 375 EUR, die von der Rechtspflegerin beim Kostenausgleich nicht in Ansatz gebracht wurde, und an Fahrtkosten für ihren Rechtsanwalt nach Nr. 7003 RVG-VV für die Strecke Hannover-Heilbronn-Hannover 283,20 EUR (2 × 472 km × 0,30 EUR), die bei der Kostenfestsetzung nur vom Sitz der Klägerin zum Gerichtsort i.H.v. 95,40 EUR (2 × 159 km × 0,30 EUR) berücksichtigt wurden.

Wegen dieser Kürzungen, durch die die Klägerin im Kostenausgleich bei Zugrundelegung der vereinbarten Quote mit insgesamt 264,52 EUR beschwert ist, hat sie am 29.8.2008 gegen den am 21.8.2008 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.8.2008 sofortige Beschwerde eingelegt, der der Beklagte entgegengetreten ist.

Die Rechtspflegerin hat nicht abgeholfen und die Akte dem OLG mit Beschluss vom 10.12.2008, eingegangen am 30.1.2009, zur Entscheidung vorgelegt.

2. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 ff. ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG), hat aber in der Sache keinen Erfolg.

a) Die Rechtspflegerin hat zu Recht die von der Klägerin für ihre eigene Tätigkeit im Mahnverfahren geltend gemachte 1,0-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3305 RVG-VV als nicht erstattungsfähig gem. § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 ZPO behandelt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auf die vorliegende Fallkonstellation die Entscheidung des BGH v. 20.10.2005 - VII ZB 53/05, (NJW 2006, 446) anwendbar.

Die Klägerin hat sich in dem Mahnverfahren selbst als Rechtsbeistand vertreten. Die Hauptforderung belief sich auf über 5.000 EUR, so dass die Zuständigkeit des LG (§ 23 Nr. 1 i.V.m. § 71 Abs. 1 GVG) gegeben war, vor dem sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Die in einem Anwaltsprozess anfallenden Mehrkosten, die durch die Beauftragung eines Rechtsbeistands im Mahnverfahren anfallen, sind jedoch neben den Kosten des im streitigen Verfahren tätigen Rechtsanwalts grundsätzlich nicht erstattungsfähig - unabhängig davon, ob bei Einleitung des Mahnverfahrens mit der Erhebung eines Widerspruchs zu rechnen war oder nicht (BGH, a.a.O.).

Im Anwaltsprozess ist der Kläger mit Rücksicht auf die ihm obliegende Wahl der kostengünstigsten Rechtsverfolgungsmaßnahme gehalten, mit der Einleitung des Mahnverfahrens, sofern er sich in diesem vertreten lassen will, sogleich einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Die Einschaltung eines Rechtsbeistands ist nicht sachdienlich, weil die im Falle eines Widerspruchs entstehenden Mehrkosten durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts bereits im Mahnverfahren vermeidbar sind. Dabei kommt es nach der BGH-Rechtsprechung nicht darauf an, ob der Kläger mit einem Widerspruch des Beklagten rechnen musste oder nicht.

Die Mehrkosten durch die Einschaltung des Rechtsbeistands im Mahnverfahren - auch wenn sich die Klägerin hier selbst vertreten hat - sind deshalb bereits nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht erstattungsfähig.

Die Klägerin wäre im Übrigen auch nicht berechtigt gewesen, die Kosten eines an ihrem Sitz ansässigen Rechtsanwalts für die Vertretung im Mahnverfahren und eines weiteren Rechtsanwal...

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