Leitsatz (amtlich)
Zur Abgrenzung des Heims i.S.d. § 5 Abs. 1 und 3 VBVG von betreutem Wohnen: Die sachliche Begrenztheit eines Heims nach Stufen der Pflegebedürftigkeit seiner Bewohner ist allein kein Kriterium, das einer nach ihren Leistungen im Übrigen als Heim einzustufenden Einrichtung den Charakter als Heim i.S.d. HeimG und des VBVG nimmt.
Verfahrensgang
LG Hechingen (Beschluss vom 20.11.2006; Aktenzeichen 3 T 88/06) |
LG Hechingen (Aktenzeichen II VG 2940/2000) |
Tenor
1. Die sofortige weitere Beschwerde des Betreuers gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Hechingen vom 20.11.2006 wird zurückgewiesen.
2. Der Betreuer trägt die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Auslagen sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Gegenstand dieses Verfahrens ist die Festsetzung der Betreuervergütung. Streitig ist, ob der Betreute in einem Heim wohnt oder nicht.
Der am 28.12.1920 geborene Betreute leidet an einem hirnorganischen Psychosyndrom mit beginnender Altersdemenz. Seit April 2000 steht er unter rechtlicher Betreuung. Sein jetziger Betreuer ist Mitarbeiter des beschwerdeführenden Betreuungsvereins und wurde mit Beschluss des Vormundschaftsgerichts vom 15.12.2003 als Vereinsbetreuer bestellt. Der Aufgabenkreis umfasst die Vertretung des Betreuten in den persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Spätestens seit 1990 lebt der Betreute in der "Altenwohnanlage M. e.V." in H.. Der die Wohnanlage tragende (gemeinnützige) Verein ist Mitglied im Caritasverband.
Die Altenwohnanlage M. e.V. schließt mit ihren Heimbewohnern formularmäßige Verträge, die Unterkunft, Verpflegung, Betreuung u.a. umfassen. Überlassen werden Zimmer mit variabler Ausstattung. Bad, Dusche, Toilette gehören zum gemeinschaftlichen Bereich. Zur Mitbenutzung gibt es einen Gruppenwohnbereich, einen Aufenthaltsraum, einen Raum zur Begegnung und Teilnahme am Gemeinschaftsleben, den Garten u.a.. Heizung, Versorgung mit Kalt- und Warmwasser, Versorgung mit elektrischem Strom sind in dem für die Unterkunft angesetzten Entgelt enthalten. Die Reinigung erfolgt durch den Träger. Als Verpflegung werden drei Mahlzeiten täglich, an den Sonntagen zusätzlich Nachmittags-Kaffee oder Tee angeboten.
Zum Betreuungsangebot der Trägers gehören nach dem Formularvertrag folgende Leistungen:
- Allgemeine Betreuung
- Ständige Notbereitschaft
- Vorübergehende Pflege bei kurzfristigen Erkrankungen bis zu einem Zeitraum von ... Wochen im Kalenderjahr
- Vermittlung ärztlicher Hilfe
- Vermittlung von seelsorgerischer Hilfe
- Hinweise auf Freizeitgestaltung
Als Zusatzleistungen können vereinbart werden:
- Zwischenmahlzeit
- Individuelle Speise- und Getränkewünsche
- Bereitstellung von Bettwäsche und Handtüchern
- Waschen und Bügeln der Privatwäsche
Weitergehende Pflegeleistungen sind vom Betreuten durch Verträge mit Drittunternehmen abzudecken. Verschlechtert sich der Gesundheitszustand eines Bewohners in der Weise, dass er pflegebedürftig wird, so kann der Träger dem Bewohner kündigen, wenn ihm die Betreuung im Heim nicht mehr möglich ist. Er hat dann dem Bewohner eine angemessene andere Unterkunft und Betreuung zu zumutbaren Bedingungen nachzuweisen (§ 9 des Vertrags).
Die Altenwohnanlage unterliegt der staatlichen Heimaufsicht (§ 15 HeimG; vgl. § 20 Heimvertrag).
Der mit dem Betreuten geschlossene Heimvertrag vom 4.2.2004 betrifft die Überlassung eines Zimmers von 9,2 qm mit Bett, Kleiderschrank, Kommode, Stuhl und Fernseher für insges. 270 EUR monatlich; wegen Renovierungsrückstands und der geringen Größe des Zimmers ist dieses Entgelt um 50 EUR gemindert. Für Reinigung sind monatlich 260 EUR aufzubringen. Die Mitbenutzung der Gemeinschaftseinrichtungen, Heizung, Strom, Wasser sind im Entgelt enthalten. Für Verpflegung fallen monatlich 456,30 EUR an. Als Betreuungsleistungen des Heims sind vereinbart: Vermittlung ärztlicher Hilfe, Vermittlung seelsorgerischer Hilfe, Hinweise auf Freizeitgestaltung. Hierfür sind monatlich 145 EUR als Entgelt angesetzt. Für Bettwäsche, Handtücher fallen monatlich 40,70 EUR, für Waschen und Bügeln der Privatwäsche des Betreuten weitere 40 EUR monatlich an. Für den TV-Anschluss muss er 3 EUR monatlich bezahlen.
Mit den Mobilen Diensten des Sozialwerkes H. und Umgebung e.V. besteht ein gesonderter Pflege- und Versorgungsvertrag, der "Sachleistungen gemäß Pflegeversicherungsgesetz im Wert von 384 EUR pro Monat" erfasst (Vertrag vom 4.2.2003). Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die beiden Verträge (Bl. 216/230) verwiesen.
Mit Schreiben vom 1.7.2006 beantragte der Betreuer beim Vormundschaftsgericht die Festsetzung seiner Vergütung für den Zeitraum vom 1.7.2005 bis 30.6.2006 i.H.v. 1.848 EUR unter Zugrundelegung eines pauschalen Stundensatzes von 44 EUR bei 3,5 Stunden/Monat.
Das Vormundschaftsgericht bewilligte am 7.7.2006 eine Vergütung aus der Staatskasse - der Betreute ist mittellos - i.H.v. 1.056 EUR (12 Monate × 2 Stunden/Monat × 44 EUR). Es hat seiner Vergütungsberechnung zugrunde gelegt, dass der Betreute in einem Heim lebe. Di...