Leitsatz (amtlich)

§ 18 Abs. 1 VersAusglG ist auf Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung anwendbar.

 

Normenkette

VersAusglG § 18 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Tuttlingen (Urteil vom 03.02.2009; Aktenzeichen 2 F 213/08)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligen zu Ziff. 1 und Ziff. 2 wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Tuttlingen vom 3.2.2009 -, Az. 2 F 213/08, in Ziff. 2 des Tenors wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Ziff: 2:

Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.

2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner jeweils zur Hälfte; ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten jeweils selbst.

3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.336 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Das AG - Familiengericht - Tuttlingen hat durch Urteil vom 3.2.2009 die Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners geschieden und hat gleichzeitig den Versorgungsausgleich - nach altem Recht - durchgeführt.

Die Beteiligte zu Ziff. 1 und 2 hat gegen den ihr am ... zugestellten Beschluss mit am ... beim OLG Stuttgart eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt.

Hierbei hat sie gerügt, dass die vom Familiengericht durchgeführte Bewertung der bei ihr für beide Eheleute bestehenden Anrechte mit den gesetzlichen Bestimmungen nicht übereinstimme. Denn das Familiengericht habe bei der Umrechnung der Anrechte in eine dynamische Rentenanwartschaft durch einen Fehler bei der Heranziehung des Barwertfaktors im Ergebnis nicht zutreffende Werte ermittelt.

Die Beteiligte zu Ziff. 1 und 2 hat beantragt, den Versorgungsausgleich entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen durchzuführen.

Mit Beschluss vom 9.4.2009 hat der Senat das Verfahren entsprechend § 148 ZPO ausgesetzt, bis die Beteiligte zu Ziff. 1 und 2 die Bewertung der Rentenanwartschaften von Versicherten rentenferner Jahrgänge neu geregelt hat.

Der Senat hat hierbei darauf hingewiesen, dass über die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu Ziff. 1 und 2 zum damaligen Zeitpunkt nicht entschieden werden könne, da die Höhe der Anwartschaften beider Eheleute derzeit nicht berechnet werden könne, nachdem den damals mitgeteilten ehezeitbezogenen Anwartschaften jeweils eine Startgutschrift zugrunde lag.

Die Bemessung solcher Startgutschriften war vom BGH mit Urteil vom 14.11.2007 (FamRZ 2008, 395) als verfassungswidrig beanstandet worden, die entsprechenden Satzungsvorschriften damit als unwirksam qualifiziert worden.

Nach der nunmehr erfolgten Neuregelung der Rentenanwartschaften bei der Beteiligten zu Ziff. 1 und 2 für Versicherte rentenferner Jahrgänge hat der Senat am 11.6.2012 das Verfahren wieder aufgenommen und fortgesetzt.

Der Senat hat sämtliche beteiligten Versorgungsträger um Erteilung nochmaliger Auskünfte zum Versorgungsausgleich nach neuem Recht gebeten. Diese Auskünfte sind zwischenzeitlich eingegangen.

II.1. Angesichts des Zeitpunkts der Einleitung des Verfahrens durch Antrag vom 19.7.2008 und auch des Zeitpunkts des Eingangs der Beschwerde am 19.5.2009 ist die Zulässigkeit der Beschwerde noch an den vor In-Kraft-Treten des FamFG geltenden Vorschriften zu messen.

Hiernach war die Beschwerde gem. § 621e Abs. 1 ZPO statthaft, sie ist gemäß gem. §§ 621e Abs. 3 S. 1, S. 2 ZPO i.V.m. §§ 517, 520 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO in zulässiger Form eingelegt worden.

Für ein vor In-Kraft-Treten des FamFG am 1.9.2009 eingeleitetes Verfahren ist grundsätzlich gem. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG auf das gesamte Verfahren bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss das seinerzeit geltende Verfahrensrecht anzuwenden (BGH, FamRZ 2011, 103 unter Hinweis auf die ständige Senatsrechtsprechung).

Hiermit korrespondierend ist in § 48 Abs. 1 VersAusglG geregelt, dass in Verfahren über den Versorgungsausgleich, die vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden sind, das bis dahin geltende materielle Recht und Verfahrensrecht weiterhin anzuwenden ist.

Abweichend von diesem Grundsatz ist allerdings nach § 48 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG und Art. 111 Abs. 3 FGG-RG das ab dem 1.9.2009 geltende neue materielle Recht und Verfahrensrecht anzuwenden, wenn das Verfahren zum Versorgungsausgleich am 1.9.2009 ausgesetzt war (BGH FamRZ 2011, 635).

Letzteres war im hiesigen Verfahren aufgrund des Aussetzungsbeschlusses des Senats vom 9.4.2009 der Fall gewesen.

2. Auf die zulässige Beschwerde war demnach unter Anwendung der Vorschriften des VersAusglG als maßgebendes materielles Recht das Urteil des AG Tuttlingen vom 3.2.2009 - 2 F 213/08, in Ziff. 2 des Tenors abzuändern.

Zu Grunde zu legen sind die nach neuem Recht erteilten Auskünfte der jeweiligen Versorgungsträger.

Die Auskünfte der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg tragen hinsichtlich der Ermittlung der Entgeltpunkte in zutreffender Weise auch der neuen Rechtsprechung des BGH (BGH FamRZ 2012, 509; FamRZ 2012, 847) Rechnung, wonach für das letzte Jahr der Ehezeit sowie das davorliegende Jahr - hier für die Jahre ... und ... - von endgültigen Durchschnittsentgelten auszugehen ist, nachdem diese zum Zeitpunkt der Aufnahme des Verf...

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