Leitsatz (amtlich)
1. Die Zuständigkeitskonzentration in Angelegenheiten, die die Annahme eines Kindes betreffen und bei denen ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen, bezieht sich gem. § 43b Abs. 2 S. 2 FGG i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 AdWirkG nur auf die Verfahren, indenen der Anzunehmende zur Zeit der Annahme des 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (ebenso: OLG Schleswig v. 21.4.2006 - 2 W 57/06, OLGReport Schleswig 2006, 583 = FamRZ 2006, 1462; entgegen: OLG Köln FGPrax 2006, 211).
2. Die Zuständigkeitskonzentration für das Verfahren der Minderjährigenadoption endet mit dem Eintritt der Volljährigkeit. Für das sich anschließende Verfahren der Annahme eines Volljährigen ist eine örtliche Zuständigkeit des "Konzentrationsgerichts" auch nicht nach dem Grundsatz der perpetuatio fori gegeben (Fortführung zum Beschluss des Senats vom 20.11.2006 - 8 AR 42/06).
Verfahrensgang
Tenor
Für das Adoptionsverfahren ist das AG Ulm - VormG - örtlich zuständig.
Gründe
I. Der am 1.9.1988 geborene Anzunehmende ist bei den Annehmenden aufgewachsen bis zu deren Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im Sommer 2003. Danach kehrte er zu seinen leiblichen Eltern zurück, die jedoch bei einem Verkehrsunfall im September 2003 verstarben. Seitdem stand er unter der Vormundschaft einer Tante und lebt wieder im Haushalt der Annehmenden.
Am 29.6.2006 ging beim AG Stuttgart - Vormundschaftsgericht - ein notariell beurkundeter Adoptionsantrag vom 26.6.2006 ein, mit dem der Ausspruch der Annahme des Anzunehmenden durch die Annehmenden beantragt wurde. Gleichzeitig wurde die Zustimmung des noch minderjährigen Anzunehmenden durch diesen selbst erklärt und von den Annehmenden vorsorglich auch der Antrag auf die Annahme des Anzunehmenden als Volljährigen gestellt. Die notariell beurkundete Adoptionseinwilligung der gesetzlichen Vertreterin des Anzunehmenden erfolgte am 25.7.2006. Danach wurden weitere Unterlagen angefordert und eingereicht. Nach Eintritt der Volljährigkeit des Anzunehmenden erklärte dieser zur notariellen Niederschrift den seinerseits nunmehr erforderlichen eigenen Adoptionsantrag am 19.10.2006, der am 23.10.2006 beim AG Stuttgart einging.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das AG Stuttgart mit Beschluss vom 31.10.2006 das Verfahren an das AG - Vormundschaftsgericht - Ulm abgegeben, weil nach Eintritt der Volljährigkeit des Anzunehmenden seine Zuständigkeit als "Konzentrationsgericht" nicht mehr gegeben sei. Das AG Ulm hat mit Beschluss vom 1.12.2006 die Übernahme abgelehnt, da es die Zuständigkeit des "Konzentrationsgerichts" nach wie vor für gegeben erachtet. Das AG Stuttgart hat sich mit Beschluss vom 29.12.2006 für unzuständig erklärt und das Verfahren zur Zuständigkeitsbestimmung gem. § 5 FGG dem OLG Stuttgart vorgelegt.
II.1. Das OLG Stuttgart ist als gemeinsames nächsthöheres Gericht gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 FGG zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreites berufen, weil die AG Stuttgart und Ulm zu verschiedenen Landgerichtsbezirken innerhalb des OLG-Bezirks gehören und beide AG sich in der Adoptionssache als unzuständig erachten (Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler, FG, 15. Aufl. 2003/2005, § 5 Rz. 38).
2. Örtlich zuständig für das Adoptionsverfahren ist gem. § 43b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 FGG das AG Ulm. Denn in dessen Bezirk befindet sich der Wohnsitz der beiden Annehmenden.
Eine Zuständigkeit des AG Stuttgart als "Konzentrationsgericht" gem. § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG ist nicht gegeben, weil sich diese Zuständigkeitszuweisung nicht auf die Annahme Volljähriger erstreckt:
a) Der Anwendungsbereich des § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Adoptionswirkungsgesetzes vom 5.11.2001 (BGBl. Teil I 2001, Bd. 3, S. 2950, 2953) wird in der Rechtsprechung der OLG bezüglich der Adoption von Volljährigen unterschiedlich behandelt (OLG Schleswig v. 21.4.2006 - 2 W 57/06, OLGReport Schleswig 2006, 583 = FamRZ 2006, 1462; OLG Köln FGPrax 2006, 211). Das Schleswig-Holsteinische OLG beschränkt die vorgenannte Konzentrationsvorschrift auf Anzunehmende, die zur Zeit der Annahme noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, während das OLG Köln diese Einschränkung nicht vornimmt.
b) Der Senat folgt der vom OLG Schleswig vertretenen Rechtsmeinung.
Die Einfügung von Satz 2 in § 43b Abs. 2 FGG erfolgte durch Gesetz zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der internationalen Adoption und zur Weiterentwicklung des Adoptionsvermittlungsrechts vom 5.11.2001 (BGBl. I, 2950). Dieses Gesetz umfasst das Gesetz zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 29.5.1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (AdÜbAG), das Gesetz über Wirkungen der Annahme als Kind nach ausländischem Recht (AdWirkG), Änderungen des Adoptionsvermittlungsgesetzes und in Art. 4 damit zusammenhängende Änderungen sonstigen Bundesrechts, u.a. unter Abs. 2 die Einführung des § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG. Das Haager Übereinkommen und das AdWirkG betreffen ausschließlich die Minderjä...