Leitsatz (amtlich)
Die Zuständigkeitskonzentration in Angelegenheiten, die die Annahme eines Kindes betreffen und bei denen ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen, bezieht sich gem. § 43b Abs. 2 S. 2 FGG i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 AdWirkG nur auf die Verfahren, in denen der Anzunehmende zur Zeit der Annahme das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (ebenso: OLG Schleswig v. 21.4.2006 - 2 W 57/06, OLGReport Schleswig 2006, 583 = FamRZ 2006, 1462; entgegen: OLG Köln FGPrax 2006, 211).
Verfahrensgang
AG Aalen (Aktenzeichen 1 XVI 5/06) |
AG Stuttgart (Aktenzeichen F8 XVI 186/06) |
Tenor
Für das Adoptionsverfahren ist das AG Aalen - VormG - örtlich zuständig.
Gründe
I. Der nach seinen Angaben am 18.8.1988 in O.S. geborene Anzunehmende ist nigerianischer Staatsangehöriger und reiste am 14. oder 16.2.2004 in das Bundesgebiet ein. Seine Klage vor dem VG Stuttgart auf Anerkennung als Asylberechtigter, Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG, hilfsweise des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG wurde durch Urteil vom 21.4.2006 abgewiesen. Der Anzunehmende ist ausreisepflichtig, die Abschiebung ist derzeit ausgesetzt (Duldung).
Er ist in der staatlichen Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in Aalen seit 4.3.2004 aufgenommen, hat sich dort bis Juni 2004 ständig aufgehalten und lebt seitdem überwiegend bei der Familie der Annehmenden.
Am 16.8.2006 ging beim AG Aalen - Vormundschaftsgericht - ein notariell beurkundeter Adoptionsantrag ein, mit dem der Ausspruch der Annahme des Anzunehmenden durch die Annehmenden beantragt wurde. Mit Beschluss vom 22.8.2006 hat das AG Aalen das Adoptionsverfahren an das AG Stuttgart - Vormundschaftsgericht - wegen des vorhandenen Auslandsbezugs als "Konzentrationsgericht" abgegeben.
Dieses hat im Hinblick auf die mittlerweile eingetretene Volljährigkeit des Anzunehmenden einen erneuten notariell beurkundeten Adoptionsantrag (§ 1768 BGB) angefordert, der am 13.10.2006 beurkundet und am 16.10.2006 eingereicht wurde. Nach entsprechendem Hinweis mit Verfügung vom 24.10.2006 hat sich das AG Stuttgart mit Beschluss vom 6.11.2006 für unzuständig erklärt und das Verfahren zur Zuständigkeitsbestimmung gem. § 5 FGG dem OLG Stuttgart vorgelegt.
II.1. Das OLG Stuttgart ist als gemeinsames nächsthöheres Gericht gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 FGG zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreites berufen, weil die AG Aalen und Stuttgart zu verschiedenen Landgerichtsbezirken innerhalb des OLG-Bezirks gehören und beide AG sich in der Adoptionssache als unzuständig erachten (Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler, FG, 15. Aufl. 2003/2005, § 5 Rz. 38).
2. Örtlich zuständig für das Adoptionsverfahren ist gem. § 43b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 FGG das AG Aalen. Denn in dessen Bezirk befindet sich der Wohnsitz der beiden Annehmenden.
Eine Zuständigkeit des AG Stuttgart als "Konzentrationsgericht" gem. § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG ist nicht gegeben, weil sich diese Zuständigkeitszuweisung nicht auf die Annahme Volljähriger erstreckt:
a) Der Anwendungsbereich des § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Adoptionswirkungsgesetzes vom 5.11.2001 (BGBl. Teil I 2001, Bd. 3, S. 2950, 2953) wird in der Rechtsprechung der OLG bezüglich der Adoption von Volljährigen unterschiedlich behandelt (OLG Schleswig v. 21.4.2006 - 2 W 57/06, OLGReport Schleswig 2006, 583 = FamRZ 2006, 1462; OLG Köln FGPrax 2006, 211). Das Schleswig-Holsteinische OLG beschränkt die vorgenannte Konzentrationsvorschrift auf Anzunehmende, die zur Zeit der Annahme noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, während das OLG Köln diese Einschränkung nicht vornimmt.
b) Der Senat folgt der vom OLG Schleswig vertretenen Rechtsmeinung.
Die Einfügung von Satz 2 in § 43b Abs. 2 FGG erfolgte durch Gesetz zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der internationalen Adoption und zur Weiterentwicklung des Adoptionsvermittlungsrechts vom 5.11.2001 (BGBl. I, 2950). Dieses Gesetz umfasst das Gesetz zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 29.5.1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (AdÜbAG), das Gesetz über Wirkungen der Annahme als Kind nach ausländischem Recht (AdWirkG), Änderungen des Adoptionsvermittlungsgesetzes und in Art. 4 damit zusammenhängende Änderungen sonstigen Bundesrechts, u.a. unter Abs. 2 die Einführung des § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG. Das Haager Übereinkommen und das AdWirkG betreffen ausschließlich die Minderjährigenadoption (Art. 3 des Haager Abkommens; § 1 AdWirkG). Zentrales Anliegen des Haager Übereinkommens ist die Gewährleistung größtmöglichen Schutzes der betroffenen Minderjährigen. Dem dient auch die Konzentration der Zuständigkeit auf die den örtlichen Vormundschaftsgerichten übergeordneten OLG; damit soll die Fachkompetenz der zuständigen Richter gestärkt werden (vgl. Steiger, Das neue Recht der internationalen Adoption und Adoptionsvermittlung, Bundesanzeiger Verlag, Teil A, Rz. 302).
Die Begrün...