Normenkette
BGB § 1612a; ZPO § 642
Verfahrensgang
AG Wangen (Beschluss vom 12.10.2001; Aktenzeichen 1 F 143/01) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des AG – FamG – Wangen v. 12.10.2001 (1 F 143/01) abgeändert:
Den Antragstellern wird für folgende Anträge Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungen unter Beiordnung von RA K.S. zu den Bedingungen eines am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts bewilligt:
I. Der Antragsgegner hat an den Antragsteller Ziff. 1 Unterhalt wie folgt zu zahlen, die Rückstände sofort, die laufenden Zahlungen jeweils bis spätestens 3. eines Monats:
1. Rückständigen Unterhalt für den Zeitraum von August 2000 bis November 2001 i.H.v. insgesamt 5.255 DM,
2. ab 1.12.2001 monatlichen Unterhalt i.H.v. 135 % des Regelbetrags der 3. Altersstufe nach der Regelbetragsverordnung abzgl. hälftiges Kindergeld für ein drittes Kind, die Rückstände sofort zahlbar, die laufenden Zahlungen bis spätestens 3. eines jeden Monats.
II. Der Antragsgegner hat an den Antragsteller Ziff. 2 Unterhalt wie folgt zu zahlen, die Rückstände sofort, die laufenden Zahlungen jeweils bis spätestens 3. eines Monats:
1. Für den Zeitraum von August 2000 bis November 2001 rückständigen Unterhalt i.H.v. insgesamt 5.785 DM,
2. für Dezember 2001 574 DM
3. für die Zeit ab 1.1.2002 287 Euro.
Die weitergehenden Anträge der Antragsteller auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und ihre weitergehenden Beschwerden werden zurückgewiesen.
Von der Erhebung einer Beschwerdegebühr wird abgesehen (KV Nr. 1952, Anl. 1 zu § 11 GKG).
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde hat weitgehend Erfolg.
1. Bedenken bestehen allerdings zunächst hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des FamG Wangen für die beabsichtigte Klage des Antragstellers Ziff. 2, da der Antragsgegner seinen allgemeinen Gerichtsstand nicht am Sitz dieses FamG hat und der ausschließliche Gerichtsstand des § 642 ZPO, welcher für Verfahren, die die gesetzliche Unterhaltspflicht eines Elternteils oder beider Elternteile ggü. einem minderjährigen Kind betreffen, das Gericht als zuständig ansieht, bei dem das Kind oder der Elternteil, der es gesetzlich vertritt, seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, nach zwischenzeitlich wohl allgemeiner Auffassung nicht für volljährige Kinder gilt, auch wenn diese gem. § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB privilegiert sind (vgl. Zöller. 22. Aufl., § 642 ZPO Rz. 2; Baumbach/Lauterbach, 59. Aufl., § 642 ZPO Rz. 1). Die Gleichstellung der hausangehörigen Schüler unter 21 Jahren mit minderjährigen Kindern in § 1603 Abs. 2 BGB ist nämlich in der ZPO nicht nachvollzogen. Dabei liegt nach inzwischen gefestigter Meinung auch kein Redaktionsversehen vor. Der ausschließliche Gerichtsstand am Wohnsitz des Kindes war im Gesetzgebungsverfahren zunächst nur für das vereinfachte Verfahren nach den §§ 645 ff. ZPO vorgesehen, das volljährigen Kindern nicht offen steht. Nur um einen Wechsel der Zuständigkeit beim Übergang ins streitige Verfahren zu vermeiden, wurde die Regelung auf alle Verfahren, die Unterhalt für minderjährige Kinder betreffen, ausgedehnt. Dass nicht die besondere Schutzbedürftigkeit des Kindes, sondern reine Zweckmäßigkeitserwägungen zum Erlass der Regelung geführt haben, spricht entscheidend gegen eine generelle Erstreckung des § 642 ZPO auf Kinder i.S.d. § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB.
Der Gesichtspunkt der Vermeidung einer Zuständigkeitszersplitterung war aber auch maßgeblich für die Einführung des Wahlgerichtsstandes für die Geltendmachung von Ehegattenunterhalt bei gleichzeitiger Anhängigkeit des Kindesunterhalts bei dem für den letzteren zuständigen Gericht (§ 642 Abs. 3 ZPO). Diese Regelung ist analogiefähig. Das Bedürfnis, einander widersprechende Entscheidungen verschiedener Gerichte über Unterhaltsansprüche, die sich wechselseitig beeinflussen können, durch Zuständigkeitskonzentration zu vermeiden, besteht bei gleichzeitiger gerichtlicher Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen von Kindern aus derselben Familie in gleicher Weise wie bei Parallelprozessen über Ehegatten- und Kindesunterhalt und verlangt nach gleichartigen Lösungen. Die örtliche Zuständigkeit des AG Wangen auch für die beabsichtigte Klage des Antragstellers Ziff. 2 sollte deshalb entsprechend § 642 Abs. 3 ZPO bejaht werden.
2. Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht nicht entgegen, dass jedenfalls der Teil der geltend gemachten Kindesunterhaltsansprüche, welche auf das Sozialamt übergegangen sind, auf die Antragsteller zurückübertragen wurden. Der Senat vertritt insoweit in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Regelung in den §§ 91 Abs. 3 BSHG, 7 Abs. 4 S. 3 UVG, wonach der Leistungsträger Kosten der gerichtlichen Geltendmachung eines rückübertragenen Anspruchs, mit denen der Leistungsempfänger selbst belastet wird, zu übernehmen hat, keinen Anspruch auf vorschüssige Kostentragung begründet und deshalb der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht entgegensteht. Die Verweisung des Hilfsbedürftigen auf einen (rechtlich zweifelhaften) Vorschuss...