Verfahrensgang

LG Ulm (Aktenzeichen 4 O 220/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.01.2003; Aktenzeichen VI ZR 139/02)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Ulm vom 27.7.2001 abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits aus beiden Instanzen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert Berufungsverfahren: bis 16.000 Euro

 

Gründe

I. Der Kläger trägt den bürgerlichen Nachnamen Netz. Die Beklagte firmiert unter OpenNet Internet Solutions GmbH und hat für sich bei der für Deutschland zuständigen Domainvergabestelle (DENIC) die Domain www.netz.de registrieren lassen.

Der Kläger sieht darin eine unbefugte Namensanmaßung nach § 12 BGB. Das LG hat sich dem angeschlossen und die Beklagte antragsgemäß verurteilt, ggü. der DENIC den Verzicht auf die ihr erteilte Domain „netz.de” zugunsten des Klägers zu erklären und es darüber hinaus zu unterlassen, die Domainbezeichnung „www.netz.de” für sich zu beanspruchen und/oder für sich zu verwenden.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klagabweisungsantrag weiter verfolgt.

Zur Begründung lässt sie im Wesentlichen vortragen: Entgegen der Auffassung des LG fehle es schon an einem Namensgebrauch durch die Beklagte. Denn „netz” bezeichne eine Sache und habe deshalb für Internet-Nutzer weder Namensfunktion noch Unterscheidungskraft. Selbst wenn man – mit dem LG – einen Namensgebrauch einmal unterstelle, sei dieser nicht unbefugt. Denn die Beklagte verfolge mit der für sie registrierten Domain „netz” ihr eigenes wirtschaftliches und deshalb legitimes Interesse als Internet-Provider. Sie verwende nämlich gebräuchliche Suchbegriffe als Domain-Adresse und verknüpfe sie über sog. „links” mit der von ihr eingerichteten Homepage ihrer Kunden (hier mit den Seiten einer großen Zeitschrift, die sich mit Fragen des Internet beschäftige). Andererseits fehle es an einer eigenen Interessenverletzung des Klägers. Ein vom LG in diesem Zusammenhang geprüfter Anspruch des Klägers auf Repräsentation im Internet sei allenfalls im Zusammenhang mit einem Bestreiten seines Namensrechts (§ 12 BGB – 1. Alt. von S. 1) relevant. Eine solche Namensleugnung scheide hier aber jedenfalls deshalb aus, weil „netz” als Sachbegriff keine Namensfunktion habe.

Die Beklagte beantragt deshalb, das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Ulm abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt demgegenüber, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Dazu verteidigt er das Urteil des LG als richtig. § 12 BGB müsse nämlich „internetbezogen” ausgelegt werden. Denn eine Domain könne nur ein einziges Mal vergeben werden. Eine vergebene Domain blockiere deshalb alle anderen Internet-Nutzer, die ggf. das selbe Wort für sich registrieren lassen wollten. Da die Beklagte im vorliegenden Falle die Domain nicht einmal für eine eigene Seite nutze, bestreite sie damit sittenwidrig das Recht des Klägers als Namensträger zur Namensführung.

II. Die Berufung ist zulässig und begründet. Denn die Voraussetzungen für einen auf Namensrecht gestützten Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch liegen nicht vor. Weitere Anspruchsgrundlagen (vor allem MarkenR oder UWG) scheiden hier von vornherein aus, weil der Kläger ausschließlich Schutz für seinen bürgerlichen Namen beansprucht. Auf die Berufung der Beklagten hin ist das Urteil des LG deshalb abzuändern und die Klage abzuweisen.

1. a) Entgegen der Auffassung des LG kann der Kläger seine mit der Klage verfolgten Ansprüche nicht auf § 12 S. 1 – 2. Alt. BGB stützen. Denn es kann schon aufgrund seines eigenen Vortrags nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte den Domainbestandteil „netz” überhaupt als Namen gebraucht. Einen Namen gebraucht nämlich nur, wer ihn verwendet um damit seine eigene Identität zu kennzeichnen und von anderen zu unterscheiden (OLG Düsseldorf v. 17.11.1998 – 20 U 162/97, OLGReport Düsseldorf 1999, 205 = NJW-RR 1999, 626 [627]). Denn nur unter dieser Voraussetzung bestünde die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung; eine solche Zuordnungsverwirrung ist Voraussetzung für eine Namensanmaßung nach § 12 BGB (BGH v. 9.6.1994 – I ZR 272/91, BGHZ 126, 208 [215] = MDR 1995, 170; Palandt/Heinrichs, 61. Aufl., § 12 BGB Rz. 20). Damit diese Voraussetzung hier erfüllt wäre, müsste „Netz” die Firma der Beklagten schlagwortartig bezeichnen. Dass dies der Fall ist, behauptet der Kläger aber nicht. Übrig bleibt damit nur die von der Beklagten vorgetragene Deutungsalternative: Im Kontext ihrer Domain-Bezeichnung erscheint „netz” als Sachbegriff, nicht aber als Name/Firma.

b) Selbst wenn aber die Beklagte „netz” namensmäßig gebrauchen würde, wäre das Namensrecht des Klägers mangels Interessenverletzung nicht verletzt. § 12 BGB schützt den Namensträger nämlich nur dann gegen den unbefugten Gebrauchs seines Namens, wenn sein Interesse verletzt ist. Zwar ist der Begriff des Interesses weit auszulegen. Schutzwürdig s...

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