Leitsatz (amtlich)
Verschenkt ein inländischer Schuldner ein im Ausland gelegenes Grundstück, so scheidet die Anwendung deutschen Anfechtungsrechts auch dann aus, wenn die Gläubigerbenachteiligung im Inland eintritt.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 23.08.2006; Aktenzeichen 21 O 111/05) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten Ziff. 1 und 2 wird das Urteil des LG Stuttgart vom 23.8.2006 - 21 O 111/05 - abgeändert und die Klage gegen die Beklagten Ziff. 1 und Ziff. 2 abgewiesen.
2. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz hat die Klägerin 71 % der Gerichtskosten zu tragen, der Beklagte Ziff. 3 29 %.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziff. 1 und 2 in erster Instanz hat die Klägerin zu tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten Ziff. 3 in erster Instanz hat die Klägerin 56 % zu tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin in erster Instanz hat der Beklagte Ziff. 3 29 % zu tragen.
Im Übrigen tragen der Beklagte Ziff. 3 und die Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten des ersten Rechtszugs selbst.
4. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin und der Beklagte Ziff. 3 können die gegen sie gerichtete Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Streitwert:
- in erster Instanz: Klage: Antrag Nr. 1 und 2: 156.256,27 EUR, Nr. 3: 156.256,27 EUR, Widerklage: 125.005,01 EUR (156.256,27 EUR × 0,8), insgesamt: 437.517,56 EUR
- Berufung der Klägerin und der der Beklagten Ziff. 1 und 2 jeweils: 99.826,44 EUR, insgesamt: 199.652,88 EUR
Gründe
I. Gestützt auf das Recht der Gläubigeranfechtung verlangt die Klägerin von den Beklagten, die Zwangsvollstreckung in ein in Österreich gelegenes Grundstück zu dulden. Sie behauptet, die Beklagten Ziff. 1 und 2 hätten in anfechtbarer Weise das Eigentum an dem Grundstück erlangt, wodurch die zwangsweise Durchsetzung ihrer Forderungen gegen W. Sch. - den Vater der Beklagten Ziff. 1 und 2 - vereitelt worden sei. Die nach der Übertragung des Grundeigentums auf die Beklagten Ziff. 1 und 2 zugunsten des Beklagten 3 - einem Bekannten von W. Sch. - vollzogene Bestellung eines Grundpfandrechts sei ebenfalls anfechtbar.
Die Klägerin erwirkte am 24.8.2001 gegen W. Sch. ein rechtskräftiges Versäumnisurteil des LG Stuttgart (25 O 334/01), durch das ein Zahlungsanspruch i.H.v. 292.853,09 EUR zzgl. Zinsen tituliert wurde (K1; Bl. 12). Die Forderung der Klägerin hat ihren Grund in einer Bürgschaft, die W. Sch. am 22.3.2000 für Kreditverbindlichkeiten der Firma E. GmbH (nachfolgend E.) bei der Klägerin übernommen hatte. W. Sch. war Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer der E. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der E. wurde am 14.9.2001 mangels Masse abgelehnt. Die Klägerin betrieb aufgrund des Versäumnisurteils erfolglos die Zwangsvollstreckung gegen W. Sch., der am 26.7.2004 die eidesstattliche Versicherung abgab (K 5), berichtigt bzw. ergänzt durch die weitere eidesstattliche Versicherung vom 9.8.2004 (K 6).
W. Sch. war Eigentümer eines bebauten Grundstücks in N., G. 36, in Österreich. Spätestens durch den Notariatsakt vom 26.2.2001 - beurkundet in S., Österreich - kam W. Sch. mit seinen Töchtern - den Beklagten Ziff. 1 und 2 - überein, dass diese das Grundstück als Schenkung erhalten sollten. Die Beklagen räumten ihrem Vater im Gegenzug ein Fruchtgenussrecht auf Lebenszeit an dem Grundstück ein und verpflichteten sich, das Grundstück nicht ohne Zustimmung ihres Vaters zu veräußern oder zu belasten. Zu Gunsten der Beklagten Ziff. 1 und 2 wurde in Bezug auf den Eigentumserwerb am 5.6.2001 zunächst eine Vormerkung eingetragen (B3, Bl. 114). Nach Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts vom 27.2.2002 erfolgte im Grundbuch am 13.3.2002 die Anmerkung der sog. Rechtfertigung (K13, Bl. 155).
Zu Gunsten des Beklagten Ziff. 3 erging am 29.3.2004 ein Vollstreckungsbescheid des AG Stuttgart gegen W. Sch. (K7) über einen Zahlungsbetrag i.H.v. 211.521,45 EUR, wobei als Anspruchsgrund ein Darlehen angegeben war, das der Beklagte Ziff. 3 in der Zeit vom 1.1.1996 bis 31.12.2000 gewährt habe. Durch Notariatsakt am 2.4.2004 wurde an dem auf die Beklagten Ziff. 1 und 2 übertragenen Grundstück zugunsten des Beklagten Ziff. 3 ein Sicherungspfandrecht über einen Betrag von 240.000 EUR bestellt.
Die Klägerin meint, die Beklagten Ziff. 1 und 2 seien verpflichtet, wegen der zunächst noch 156.256,27 EUR betragenden und zuletzt noch offenen Schuld i.H.v. 99.826,44 EUR die Zwangsvollstreckung in das streitgegenständliche Grundstück zu dulden. Sie behauptet, der Vater der Beklagten Ziff. 1 und 2 habe seinen Töchtern das Grundstück in Österreich zum Zwecke der Vollstreckungsvereitelung geschenkt und an sie übereignet. Sie meint, die G...