Verfahrensgang
LG Ravensburg (Urteil vom 15.12.2005; Aktenzeichen 3 O 361/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Ravensburg vom 15.12.2005 - 3 O 361/05 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in selber Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Berufungsstreitwert: 120.697,27 EUR.
Gründe
I.1. Der Kläger begehrt vom beklagten Land Zahlung im Rahmen einer Insolvenzanfechtung.
Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Das LG hat die Klage abgewiesen.
Verjährung liege nicht vor.
Dennoch stehe dem Kläger ein Anspruch nach § 143 Abs. 1 InsO nicht zu.
Weder das Pfandrecht noch die Überweisungen seien nach den §§ 130-132 InsO anfechtbar. Das Pfandrecht beruhe auf einer vor der 3-Monatsfrist vorgenommenen Rechtshandlung. Bei Forderungspfändungen sei grundsätzlich auf die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner abzustellen. Als der Pfändungsbeschluss dem Drittschuldner zugegangen sei, habe das in Anspruch genommene Konto der Insolvenzschuldnerin kein Guthaben aufgewiesen. Das Vorhandensein eines Guthabens sei nicht notwendige Voraussetzung für das Entstehen eines Pfandrechts. Es könnten auch künftige Forderungen gepfändet werden.
Das beklagte Land habe im Hinblick auf den erst am 30.9.2003 gestellten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit den Überweisungen im Zeitraum vom 16.4.2003 bis 10.6.2003 ein insolvenzfestes Pfandrecht erworben. Die genaue kreditrechtliche Abwicklung könne offen bleiben. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 11.4.2003, zugestellt am 14.4.2003, erstrecke sich auf alle Ansprüche des Schuldners aus dem von der Kreissparkasse S. gewährten Kontokorrentkredits. Aus diesen Ansprüchen seien die Steuerforderungen des beklagten Landes erfüllt worden.
Es könne offen bleiben, ob für den Fall, dass das Konto der Insolvenzschuldnerin tatsächlich immer im Soll geführt worden sein soll, der Abruf des Kontokorrentkredits ggü. der Kreissparkasse als solcher anfechtbar sei.
Der Abruf sei eine Rechtshandlung der Insolvenzschuldnerin, die der Pfändung zeitlich vorhergegangen und damit nicht von der Pfändungsverfügung umfasst sei. Eine solche Rechtshandlung stelle eine Gläubigerbenachteiligung nicht dar, weil Voraussetzung einer Benachteiligung die Pfändbarkeit des Vermögensgegenstandes sei, auf den sich die Rechtshandlung beziehe. Bei einem Dispositionskredit bestehe vor dem Abruf durch den Darlehensnehmer kein Anspruch auf Auszahlung gegen die Bank, den ein Pfandgläubiger ohne Mitwirkung des Kreditinhabers einziehen könne. Es stehe im Belieben des Schuldners, ob und in welchem Umfang er die ihm eingeräumte Kreditlinie in Anspruch nehme.
Solange der Schuldner keine Verfügung über den ihm eingeräumten Kredit vornehme, habe die Pfändung für den Gläubiger keinen realisierbaren Wert.
Es seien ausdrücklich nur die Zahlungen (Überweisungen vom Geschäftskonto) der Insolvenzschuldnerin an das beklagte Land im Zeitraum vom 16.4.2003 bis 10.6.2003 angefochten. Die Anfechtung erfasse die den Zahlungen zugrunde liegende Pfändung, nicht aber die Inanspruchnahme des Kontokorrentkredits.
Die Pfändung sei nicht nach § 133 InsO anfechtbar. Die Pfändung sei eine einseitige Zwangsvollstreckungsmaßnahme eines Gläubigers. § 133 Abs. 1 InsO bezeichne nur solche Rechtshandlungen als anfechtbar, die der Schuldner mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen habe. Anknüpfungspunkt der gesetzlichen Regelung sei der in einer Rechtshandlung zum Ausdruck gekommene Wille des Schuldners, den Anfechtungsgegner zum Nachteil anderer Gläubiger zu bevorzugen. Die Insolvenzschuldnerin habe an der Pfändungsmaßnahme nicht mitgewirkt.
Die Überweisungen als solche seien nicht nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar. Die Zahlungen im Rahmen der Überweisungen seien durch das Pfandrecht gedeckt gewesen. Eine vom Bestehen des Pfandrechts unabhängige Zahlung sei nicht erfolgt.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
2. Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung des Klägers.
Das LG gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass eine Anfechtbarkeit nach § 133 Abs. 1 InsO nicht gegeben sei. Der Meinung des LG, die Vornahme der angefochtenen Überweisungen nicht als Rechtshandlung der Insolvenzschuldnerin anzusehen, könne nicht gefolgt werden. Die Rechtsprechung des BGH sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Der BGH führe aus, es mangele an einer Handlung des Schuldners i.S.d. § 133 Abs. 1 InsO, wenn der Schuldner nur noch die Wahl habe, die geforderte Zahlung sofort zu leisten oder die Vollstreckung zu dulden. Der BGH gehe davon aus, dass eine (freiwillige) Handlung nur vorliege, wenn der Schu...