Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 28.10.2008; Aktenzeichen 9 O 351/08)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 28.10.2008 (Az.: 9 O 351/08) wie folgt abgeändert:

Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wird für unzulässig erklärt.

Der Rechtsstreit wird an das Arbeitsgericht Stuttgart verwiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Wert des Beschwerdeverfahrens: bis 16 000 EUR

 

Tatbestand

I.

Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma W. GmbH & Co. KG von der Beklagten die Zahlung von 57 695,80 EUR nebst Zinsen aufgrund Insolvenzanfechtung gestützt auf §§ 129 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO und hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 2 050,40 EUR ferner gestützt auf §§ 129 Abs. 1, 130 Abs. 1 InsO.

Die Beklagte war Arbeitnehmerin der späteren Gemeinschuldnerin. Sie wurde von dieser im Juli 2006 gekündigt und erhob daraufhin Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht S. In der mündlichen Verhandlung über die Kündigungsschutzklage vom 17.11.2006 schloss sie mit der späteren Gemeinschuldnerin einen Vergleich (Anlage K8, Bl. 46 f.d.A.), in dem u.a. außer Streit gestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis infolge ordentlicher betriebsbedingter Kündigung mit Ablauf des 28.2.2007 enden wird, und sich die spätere Gemeinschuldnerin verpflichtete, an die Klägerin eine Abfindung i.S. der §§ 9, 10 KSchG von 50 000,00 EUR brutto in 3 Raten zu erbringen sowie das Gehalt der Klägerin für den Zeitraum Juli 2006 bis einschließlich November 2006 nachzuzahlen. Sie erbrachte an die Beklagte bis zum 4.5.2007 aufgrund des Vergleichs Leistungen i.H.v. 57 695,80 EUR.

Auf Antrag eines Gläubigers vom 30.7.2007 hin, beim Insolvenzgericht eingegangen am 31.7.2007 (Anlage K2, Bl. 13 d.A.), ist über das Vermögen der Gemeinschuldnerin durch Beschluss des Amtsgerichts L. vom 1.10.2007 (K1, Bl. 11 d.A.) das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter ernannt worden.

Mit seiner am 9.10.2008 beim Landgericht Stuttgart eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Rückzahlung sämtlicher durch die spätere Gemeinschuldnerin zum 4.5.2007 an die Beklagte aufgrund des Vergleichs erbrachten Leistungen in Höhe von 57 695,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1.10.2007 (Bl. 2 d.A.) mit der Begründung, diese seien anfechtbar erlangt worden.

Die Beklagte hat dies bestritten und Klagabweisung beantragt.

Sie hat ferner unter Bezugnahme auf einen Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 27.2.2008 (5 AZB 43/07) gerügt, das Landgericht Stuttgart sei nicht zuständig, vielmehr sei der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet (Schriftsatz vom 14.10.2008, Bl. 71 d.A.).

Der Kläger hat daraufhin beantragt, vorab nach § 17a Abs. 3 GVG die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs auszusprechen (Schriftsatz vom 24.10.2008, Bl. 99 d.A.) und dazu u.a. angeführt, der genannte Beschluss des Bundesarbeitsgerichts sei falsch und nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei für insolvenzrechtliche Anfechtungsansprüche der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Mit Beschluss vom 28.10.2008 (Bl. 103 d.A.) hat das Landgericht daraufhin den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt.

Gegen diesen ihr am 31.10.2008 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit am 6.11.2008 eingegangenem Schriftsatz (Bl. 109 d.A.) sofortige Beschwerde eingelegt, der das Landgericht mit Beschluss vom 6.11.2008 (Bl. 112 d.A.) nicht abgeholfen hat.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach § 17a Abs. 4 Satz 3, Abs. 3 GVG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere innerhalb der zweiwöchigen Notfrist (§ 17a Abs. 4 Satz 3 GVG i.V.m. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) eingegangene sofortige Beschwerde ist begründet.

Bei dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der Leistungen, die von der späteren Insolvenzschuldnerin vor Insolvenzeröffnung auf den von dieser mit der Beklagten als ihrer (damaligen) Arbeitnehmerin im Kündigungsschutzprozess geschlossenen Vergleich erbracht wurden, wegen Anfechtbarkeit der Erfüllungshandlung (§§ 129 ff. InsO) handelt es sich um eine Streitigkeit, für die der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet ist.

1. Macht ein Insolvenzverwalter insolvenzrechtliche Anfechtungsansprüche gerichtlich geltend, so sind zwar die Anforderungen an eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit i.S. von § 13 GVG erfüllt, denn es kommt darauf an, ob sich das Klagebegehren nach den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen bei objektiver Würdigung aus einem Sachverhalt herleitet, der nach bürgerlichem Recht zu beurteilen ist. Ob der Insolvenzverwalter bestimmte Rechtshandlungen nach den §§ 129 ff. InsO anfechten und daraus einen Rückgewähranspruch herleiten kann, ist nach den Rechtssätzen der Insolvenzordnung und damit nach bürgerlichem Recht zu entscheiden; d.h., der insolvenzrechtliche Anfechtungsanspruch hat eine bürgerlich-rechtliche Rechtsnatur. Diese ...

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