Leitsatz (amtlich)
1. Ein Unternehmer hat aus § 648a BGB keinen Anspruch auf Sicherheit für Forderungen aus Bereicherungsrecht, Geschäftsführung ohne Auftrag oder § 2 Abs. 8 Nr. 2 S. 2 VOB/B, weil in diesen Fällen eine auftragslose Leistung vorliegt, die einen Anspruch auf eine vertragliche Vergütung oder deren Surrogat nicht begründet.
2. Eine ursprünglich vertraglich nicht geschuldete, aber nachträglich anerkannte Leistung führt gemäß § 2 Abs. 8 Nr. 2 S. 1 VOB/B zu einem nach § 648a BGB zu sichernden vertraglichen Vergütungsanspruch.
3. Im Rechtsstreit auf eine Sicherheit nach § 648a BGB genügt für die Vergütungshöhe ein schlüssiger Vortrag (Anschluss BGHZ 200, 274), während der Unternehmer auf das Bestreiten des Bestellers den vertraglichen Anspruchsgrund beweisen muss.
Normenkette
BGB § 648a; VOB/B § 2 Abs. 8 Nr. 2 Sätze 1-2
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 18 O 476/15) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14.09.2016, Az. 18 O 476/15, abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin zu 2 Sicherheit gemäß § 648a BGB i.V.m. §§ 232 ff. BGB in Höhe von 151.958,47 EUR zu leisten.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 2 14 %, die Beklagte 86 %. Der ausgeschiedenen Klägerin zu 1 werden diejenigen Mehrkosten des Rechtsstreits auferlegt, die dadurch entstanden sind, dass die Klage zunächst durch sie erhoben worden ist.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart ist im Umfang wie in Ziffer 1 zugesprochen ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 181.455,23 EUR (Klage: 178.928,74 EUR zuzüglich Widerklage: 2.526,49 EUR) festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin zu 2 (im Folgenden: Klägerin) begehrt Zahlung einer Bauhandwerkersicherung von der Beklagten für vereinbarte und noch nicht bezahlte Vergütung.
Die Klägerin, ein regional tätiges Bauunternehmen, verpflichtete sich mit Bauvertrag vom 28.07.2014 gegenüber der Beklagten, einem gewerblich tätigen Wohnbauunternehmen, zur Durchführung von Rohbauarbeiten für das Bauvorhaben 6-Familien-Haus mit Tiefgarage in der ...straße in .... Die Beklagte verpflichtete sich zur Zahlung einer vorläufigen Vertragssumme von ca. 350.000,- EUR netto bzw. 416.500,- EUR brutto (Anlage K 1). Dem Bauvertrag liegen die "Angebots- und Vertragsbedingungen für Bauleistungen und lieferungen" zugrunde, die auf die VOB/B verweisen und dabei abweichende Bestimmungen treffen (Anlage K 4, B 7). Vertragsinhalt wurde auch das Schreiben der Klägerin mitsamt Einheitspreisliste vom 04.08.2014 (Anlage K 2). Es gab jedenfalls drei Änderungen, für die der Klägerin zusätzliche Vergütungsansprüche zustehen, namentlich waren zusätzliche Arbeiten zur Vorbereitung des Kranfundaments und der Baugrube erforderlich, wurde aufgrund einer Planänderung die Tiefgaragenzufahrt betoniert und lieferte die Klägerin auf Wunsch der Beklagten eine Abwasserhebeanlage. Die Beklagte akzeptierte die Zusatzkosten für den Autokran und die zum Transport des Minibaggers erforderlichen Kosten (Anlage B 9 - B 11). Die Klägerin führte die Arbeiten von Januar bis Juli 2015 im Wesentlichen vertragsgemäß aus. Am 12.08.2015 wurden die Arbeiten abgenommen (Anlage K 5, Abnahmeprotokoll Anlage K 6). Die im Abnahmeprotokoll vorbehaltenen geringfügigen Mängel beseitigte die Klägerin bis 02.09.2015, sodass ihre Leistung vertragsgerecht und mangelfrei war.
Die Klägerin rechnete ihre Leistungen mit vorläufiger Schlussrechnung vom 14.07.2015 ab, wobei sie einen Rechnungsbetrag von brutto 502.872,23 EUR errechnete abzüglich Sicherheitseinbehalt sowie geleistete Abschlagszahlungen, sodass ein Zahlungsbetrag von 170.542,94 EUR in Rechnung gestellt wurde (Anlage K 7). Die Parteien vereinbarten, dass die Klägerin diese vorläufige Schlussrechnung in eine 7. Abschlagsrechnung mit einem reduzierten Betrag von 110.261,42 EUR umwandelte (Anlage K 9). Diesen Betrag zahlte die Beklagte unter Berücksichtigung von 3 % Skonto. Mit Schlussrechnung vom 12.08.2015 in Höhe von 505.836,46 EUR netto bzw. 601.945,39 EUR brutto abzüglich gezahlter Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 439.282,90 EUR brutto rechnete die Klägerin letztlich weitere 162.662,49 EUR brutto ab (Anlage K 11, Aufmaßlisten, Schnitte und Pläne, Anlage K 12 und K 13).
Nachdem die Beklagte die Prüfbarkeit der Rechnung moniert hatte, übermittelte die Klägerin eine aktualisierte Schlussrechnung vom 12.08.2015, orientiert an der Einheitspreisliste vom 04.08.2014, und fügte ein erstelltes Beiblatt für die Sc...