Leitsatz (amtlich)
1. Stellt eine Partei die Begründung einer eingelegten Berufung zurück, weil sie die Entscheidung über ihr Prozesskostenhilfegesuch abwarten will, so hat ihr Anwalt grundsätzlich durch einen rechtzeitigen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist dafür zu sorgen, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht notwendig wird (BGH v. 13.10.1992 – XI ZB 12/92, VersR 1993, 1125).
2. Etwas anderes gilt nur, wenn der Auftrag der Partei an den Anwalt – in Kenntnis der rechtlichen Folgen – ausdrücklich nicht die Stellung eines Verlängerungsantrages umfasste (BGH BGHZ 38, 376) bzw. wenn der Anwalt der Partei ggü. unzweifelhaft zum Ausdruck bringt, dass er mit der Rechtsmitteleinlegung und der Stellung des Prozesskostenhilfeantrages seine Tätigkeit als beendet ansieht und es ablehnt, die Einhaltung der Begründungsfrist weiter zu überwachen (BGH BGHZ 7, 280).
3. Abgrenzung zu BGH (BGH v. 9.7.2003 – XII ZB 147/02, BGHReport 2003, 1155 = MDR 2003, 1308 = FamRZ 2003, 1462).
Verfahrensgang
AG Germersheim (Urteil vom 25.11.2002; Aktenzeichen 1 F 226/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des AG – FamG – Germersheim vom 25.11.2002 wird als unzulässig verworfen.
Gründe
A. Das erstinstanzliche Urteil ist den Klägervertretern am 17.1.2003 zugestellt worden. Die Frist zur Begründung der am 17.2.2003 „zunächst nur zur Fristwahrung” eingelegten Berufung lief deshalb bis 17.3.2003.
Mit gesondertem Schriftsatz vom 17.2.2003 beantragte die Klägerin Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlich abgewiesenen Antrag auf Auskunftserteilung weiter verfolgen wollte. Hilfsweise begehrte sie Zahlung des Regelbetrages als Kindesunterhalt. Die nachgesuchte Prozesskostenhilfe wurde der Klägerin mit Beschluss des Senats vom 15.5.2003, zugestellt am 26.5.2003, bewilligt.
Mit Schriftsatz vom 5.6.2003, bei Gericht eingegangen am 6.6.2003, hat die Klägerin sodann ihre Berufung im Umfang der bewilligten Prozesskostenhilfe begründet und um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nachgesucht.
B. Das Rechtsmittel der Klägerin ist unzulässig, da es nicht innerhalb der gem. § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO bis 17.3.2003 laufenden Berufungsbegründungsfrist begründet worden ist.
1. Der Klägerin kann nicht darin gefolgt werden, dass ihre Berufung mit Schriftsatz vom 17.2.2003 nicht „unbedingt” (soll heißen: (noch) nicht wirksam) eingelegt worden sei. Die Klägerin hat ihr Rechtsmittel nach eigener Erklärung „zur Fristwahrung” eingelegt, lediglich die (weitere) Durchführung von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht. Davon ist sie offensichtlich auch selbst ausgegangen, denn sie hat mit Schriftsatz vom 5.6.2003 nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe lediglich wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist um Wiedereinsetzung nachgesucht, nicht auch wegen Versäumung der Berufungsfrist. Würde man ihrer Ansicht folgen, das Rechtsmittel sei nicht schon mit Schriftsatz vom 17.2.2003 eingelegt worden, wäre ihre Berufung schon deshalb unzulässig, weil sie zu keinem späteren Zeitpunkt wirksam eingelegt und kein Wiedereinsetzungsantrag gestellt worden ist.
2. Die Berufungsbegründung der Klägerin ist erst am 6.6.2003 bei Gericht eingegangen. Der Schriftsatz vom 17.2.2003 stellt entgegen der Auffassung der Klägerin eine Berufungsbegründung nicht dar. Dieser Schriftsatz dient allein der Begründung des Prozesskostenhilfeantrages der Klägerin. Dies ergibt sich rein äußerlich schon daraus, dass der Schriftsatz mit „Prozesskostenhilfeantrag” überschrieben ist. Die Klägerin ist selbst auch davon ausgegangen, dass dieser Schriftsatz eine Berufungsbegründung nicht darstellt, denn sie hat mit Schriftsatz vom 5.6.2003 wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Darauf, ob der Inhalt des Schriftsatzes vom 17.2.2003 inhaltlich den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügen würde, kommt es deshalb nicht an (vgl. BGH v. 16.10.1985 – VIII ZB 15/85, VersR 1986, 91).
3. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Fristversäumnis kann der Klägerin nicht bewilligt werden, da sie nicht ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten, § 233 ZPO.
Dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin, dessen Verschulden sich die Klägerin zurechnen lassen muss, ist nämlich vorzuwerfen, dass er nicht um Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nachgesucht hat.
Stellt eine Partei die Begründung einer eingelegten Berufung zurück, weil sie die Entscheidung über ihr Prozesskostenhilfegesuch abwarten will, so hat ihr Anwalt grundsätzlich durch einen rechtzeitigen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist dafür zu sorgen, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht notwendig wird (BGH v. 13.10.1992 – XI ZB 12/92, VersR 1993, 1125). Etwas anderes gilt nur, wenn der Auftrag der Partei an den Anwal...