Entscheidungsstichwort (Thema)

Beginn der Frist zur Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist

 

Leitsatz (amtlich)

Der Prozessbevollmächtigte einer Partei dem die Handakte zur Fertigung der Berufungsbegründung vorgelegt wird und der sich sodann entschließt, Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu beantragen, hat aus diesem Anlass zu prüfen, ob diese Frist richtig errechnet und im Fristkalender eingetragen ist. Lässt sich dabei erkennen, dass die Berufungsfrist bereits abgelaufen ist, so beginnt die Wiedereinsetzungsfrist mit diesem Zeitpunkt und nicht erst mit einem späteren gerichtlichen Hinweis auf den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist.

 

Normenkette

ZPO § 85 Abs. 2, §§ 233, 234 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, § 520 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Rockenhausen (Urteil vom 13.10.2005; Aktenzeichen 3 F 593/03)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des AG - FamG - Rockenhausen vom 13.10.2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird abgewiesen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt den Wegfall seiner durch Urteil des AG - FamG - Worms vom 19.6.1991 (AG Worms, Urt. v. 19.6.1991 - 1 F 189/90) titulierten Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts an die Beklagte.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 19.10.2005 zugestellte Urteil des FamG vom 13.10.2005, mit welchem seine Abänderungsklage abgewiesen wurde, legte der Kläger mit Schriftsatz vom 3.11.2005, eingegangen am 8.11.2005, Berufung ein. Mit Schriftsatz vom 20.12.2005, eingegangen am selben Tag, beantragte er die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.1.2005.

Mit Verfügung vom 21.12.2005 lehnte der Vorsitzende des Senats die beantragte Fristverlängerung ab, weil die Berufungsbegründungsfrist bereits am 19.12.2005 abgelaufen war. Daraufhin beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 24.1.2006, eingegangen am selben Tag, ihm wegen Versäumung dieser Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, und begründete zugleich seine Berufung.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs trägt er vor, die Frist zur Begründung der Berufung sei von der Mitarbeiterin seines Prozessbevollmächtigten, I.W., unzutreffend auf den 20.1.2006 notiert worden. Diese habe sich dabei versehentlich am Ablauf der Frist zur Einlegung der Berufung orientiert, die rechnerisch am 19.11.2005 abgelaufen sei und wegen des Umstandes, dass dieser Tag ein Samstag gewesen sei, das Fristende - sich auch insoweit versehend - auf den 20.12.2005 notiert. Diese Mitarbeiterin sei mit der Fristnotierung betraut. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers kontrolliere dies stichprobenartig.

Sein Prozessbevollmächtigter habe eine Vorfrist auf den 13.12.2005 eingetragen. Da es jedoch nicht möglich gewesen sei, die Berufungsbegründung bis zum 20.12.2005 als notiertem Fristende befriedigend fertig zu stellen, habe er dann entsprechend der Fristeintragung im Kalender am 20.12.2005 Verlängerung der Frist der Berufungsbegründung beantragt. Kenntnis davon, dass es sich dabei nicht um den richtigen Tag für das Fristende gehandelt habe, habe sein Prozessbevollmächtigter erst durch das Schreiben des Pfälzischen OLG vom 21.12.2005, das ihn am 10.1.2006 erreicht habe, erlangt.

Das Empfangsbekenntnis zur Verfügung des Vorsitzenden vom 21.12.2005 wurde trotz entsprechender Anforderung (Verfügung v. 30.1.2006) nicht zu den Akten zurückgereicht.

II. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht entsprochen werden.

1. Gemäß § 233 ZPO ist einer Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden daran gehindert war, eine Notfrist oder eine andere der dort genannten Fristen, zu der auch die Frist zur Begründung der Berufung zählt, einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten muss sich die Partei gem. § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zurechnen lassen. Fehlleistungen von Angestellten des Prozessbevollmächtigten hat die Partei dagegen nicht zu vertreten, soweit sich darin nicht ein Organisations-, Aufsichts- oder Informationsverschulden des Prozessbevollmächtigten selbst auswirkt (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 233 Rz. 19 f.).

Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss innerhalb eines Monats, nachdem das Hindernis behoben ist, angebracht werden (§ 234 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 ZPO).

Er muss die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten (§ 236 Abs. 2 ZPO). Hierzu gehört auch der Vortrag, dass der Wiedereinsetzungsantrag rechtzeitig nach Behebung des Hindernisses gestellt ist (BGH v. 18.10.2000 - XII ZB 163/00, FamRZ 2001, 416); ein Nachschieben von Gründen ist grundsätzlich nicht möglich.

2. Ursache der Verhinderung des Klägers, die Berufung rechtzeitig zu begründen, war die Unkenntnis darüber, dass die Berufungsbegründungsfrist bereits am 19.12.2005 abgelaufen war und damit auch der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist spätestens bis zu diesem Tag hätte gestellt werden müssen.

a) Die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung beginnt ...

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