Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf einer Niederlassungserlaubnis
Normenkette
AufenthG § 52 Abs. 1 S. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
VG des Saarlandes (Urteil vom 25.06.2008; Aktenzeichen 10 K 302/07) |
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 25. Juni 2008 – 10 K 302/07 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Eltern des 1993 in A…-Stadt geborenen Klägers gehören zur Volksgruppe der Ägypter aus Gjakove im Kosovo, reisten im Juli 1992 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Auf die nach Ablehnung dieses Antrags erhobene Klage verpflichtete zunächst das Verwaltungsgericht das Bundesamt im April 1994, dem Anerkennungsbegehren zu entsprechen. (vgl. das Urteil vom 11.4.1994 – 5 K 571/93.A –)
Der Kläger selbst wurde im Oktober 1994 auf entsprechenden Antrag vom Bundesamt unter Hinweis auf eine für ethnische Albaner aus dem Kosovo im Rückkehrfall in Anknüpfung an ihre Volkszugehörigkeit zu befürchtende Gruppenverfolgung als Asylberechtigter anerkannt. (vgl. den Anerkennungsbescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 20.10.1994 – E 1802560-138 –) Eine Klage des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten gegen den Anerkennungsbescheid hat das Verwaltungsgericht im April 1995 mit dem Hinweis abgewiesen, dass dem Kläger jedenfalls ein Anspruch auf Familienasyl mit Blick auf die im Verfahren der Eltern ergangene verwaltungsgerichtliche Entscheidung zustehe. (vgl. VG des Saarlandes, Urteil vom 20.4.1995 – 5 K 804/04.A –) Unter dem 28.6.1995 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt.
Das die Verpflichtung der Anerkennung der Eltern enthaltende Urteil wurde im November 1996 auf die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten vom Oberverwaltungsgericht aufgehoben. (vgl. hierzu OVG des Saarlandes, Urteil vom 4.11.1996 – 3 R 149/96 –) Daraufhin widerrief das Bundesamt im März 2003 die Asylanerkennung des Klägers. (vgl. den Bescheid vom 4.3.2003 – 5005635-138 –) Rechtsbehelfe dagegen blieben ohne Erfolg. (vgl. VG des Saarlandes, Urteil vom 9.12.2004 – 10 K 101/03.A –)
Mit Schreiben vom 21.12.2005 teilte die Landeshauptstadt A…-Stadt (Bürgeramt City) dem Antragsgegner mit, dass für den Kläger ein Antrag auf Einbürgerung gestellt worden sei und bat um Übersendung der Ausländerakten.
Durch Bescheid vom 12.6.2006 widerrief der Beklagte daraufhin unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit auch die nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes inzwischen als Niederlassungserlaubnis fort geltende Aufenthaltserlaubnis des Klägers, forderte ihn zur Ausreise binnen eines Monats auf und drohte ihm für den Fall der Nichtbefolgung die Abschiebung an. In der Begründung wurde auf das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des einschlägigen § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwiesen. Im Rahmen des darin vom Gesetzgeber eröffneten Ermessensspielraums seien sämtliche Umstände des Einzelfalls einschließlich schutzwürdiger Interessen des Ausländers an dem weiteren Verbleib in Deutschland in den Blick zu nehmen. Ein auf der Asylanerkennung aufbauendes Aufenthaltsrecht könne dem Widerruf nicht entgegenstehen. Seit der Abweisung der Asylklage der Eltern im Jahre 1996 sei klar gewesen, dass die Asylanerkennung keinen Bestand haben könne. Die durch die Geburt in Deutschland zwangsläufig entstehende Verwurzelung in hiesige Lebensverhältnisse könne kein Bleiberecht begründen. Besondere wirtschaftliche Bindungen bestünden nicht. Die gesamte Familie beziehe dauerhaft öffentliche Hilfen. Weiter heißt es in dem Bescheid, “im Übrigen” dürfte sich ein Einbürgerungsanspruch des Klägers mit dem Widerruf erledigt haben.
Durch Beschluss vom 14.12.2006 – 2 W 26/06 – hat der Senat die aufschiebende Wirkung des dagegen erhobenen Widerspruchs des Klägers unter Verweis auf die unzureichende Berücksichtigung wesentlicher, gegen den Widerruf der Niederlassungserlaubnis sprechender Gesichtspunkte im Rahmen der Ermessensentscheidung wieder hergestellt. In der Begründung heißt es unter anderem, zwar bestehe nach dem Fortfall des für die Gewährung der Aufenthaltserlaubnis allein maßgeblichen Aufenthaltszwecks der Schutzbedürftigkeit des Ausländers vor politischer Verfolgung ein gewichtiges öffentliches Interesse am Widerruf eines nur mit Blick darauf erteilten ausländerrechtlichen Aufenthaltstitels. Der Fall des Klägers zeichne sich indes dadurch aus, dass durch den Widerruf eine wesentliche Voraussetzung des ansonsten bestehenden Anspruchs auf die von ihm beantragte Einbürgerung entfalle. Die dem Staatsangehörigkeitsrecht bei minderjährigen Kindern mit langjährig rechtmäßigem Aufenthalt in Deutschland zu entnehmenden integrationsfördernden Wertungen für eine erleichterte Einbürgerung seien vom Beklagten bei seiner Widerrufsentscheidung nicht ausreichend berücksicht...