Leitsatz (amtlich)

Dem Hauptschuldner und dem mitverklagten selbstschuldnerischen Bürgen sind die Kosten des Rechtsstreits jedenfalls dann nicht in entsprechender Anwendung des § 100 Abs. 4 ZPO "als Gesamtschuldnern" aufzuerlegen, wenn eine Verurteilung in der Hauptsache nicht erfolgt ist und beide auch sonst nicht in der Hauptsache unterlegen sind, die Pflicht zur Tragung der Kosten vielmehr auf anderen Rechtsvorschriften - hier den §§ 269 Abs. 3. S. 3, 91a Abs. 1 ZPO - beruht.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Beschluss vom 07.01.2016; Aktenzeichen 6 O 245/15)

 

Tenor

1) Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1) sowie von Amts wegen wird der Kostenbeschluss des LG Saarbrücken vom 7.1.2016 - Az. 6 O 245/15 - dahin abgeändert, dass die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten mit der Maßgabe auferlegt werden, dass die Beklagten zu 1) und 3) für den nach § 100 Abs. 1 ZPO auf sie entfallenden Kostenanteil gesamtschuldnerisch haften.

2) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

3) Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

4) Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat die Beklagte zu 2) aus einem Leasingvertrag über eine Siebanlage nach Zahlungsverzug und Vertragskündigung und die Beklagten zu 1) und 3) als selbstschuldnerische Bürgen - zunächst im Mahnverfahren - als Gesamtschuldner auf Zahlung von 8.328,41 EUR nebst Zinsen (abzüglich am 2.3. und 30.3.2015 vom Beklagten zu 1) jeweils gezahlter 500 EUR) in Anspruch genommen.

Nachdem gegen den Mahnbescheid vom Beklagten zu 1), der zugleich Geschäftsführer der Beklagten zu 2) und 3) ist, (Gesamt-) Widerspruch eingelegt worden war und die Klägerin ihren Anspruch begründet hatte, konnte sie das Leasingobjekt zu einem die Klageforderung übersteigenden Betrag verwerten.

Daraufhin hat die Klägerin die Klage gegen die - zwischenzeitlich in Insolvenz gefallene (Bl. 34 d.A.) - Beklagte zu 2) und den Beklagten zu 3), denen die Anspruchsbegründung bis dahin nicht zugestellt werden konnte, zurückgenommen (Bl. 70 d.A.). Die gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Klage hat sie mit Schriftsatz vom 3.11.2015 in der Hauptsache für erledigt erklärt (Bl. 69 d.A.). Der Beklagte zu 1) hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.

Durch den angefochtenen Beschluss vom 7.1.2016 hat das LG der Beklagten zu 2) als Hauptschuldnerin und den Beklagten zu 1) und 3) als Bürgen nach den §§ 91a, 269 Abs. 3 ZPO - in entsprechender Anwendung des § 104 Abs. 4 ZPO als Gesamtschuldnern - die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Hiergegen richtet sich die mit Telefaxschreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1) vom 26.1.2016 am gleichen Tag bei Gericht eingelegte sofortige Beschwerde, mit welcher der Beklagte zu 1) sich dagegen wendet, dass ihm die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner neben der Beklagten zu 2) auferlegt wurden.

Der Beklagte zu 1) verweist darauf, dass Hauptschuldner und Bürge keine Gesamtschulner seien. Selbst wenn sie als Streitgenossen zu verurteilen wären, würden sie wegen der Kosten nicht gesamtschuldnerisch haften. Für eine analoge Anwendung des § 100 Abs. 4 ZPO sei mangels planwidriger Regelungslücke kein Raum.

Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie mit Beschluss vom 19.2.2016 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Der Senat hat den Parteien im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zu weiterer Stellungnahme gegeben.

II.1) Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1) gegen den Kostenbeschluss ist nach § 91a Abs. 2 ZPO statthaft. Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Streitwert der Hauptsache übersteigt den in § 511 ZPO genannten Betrag, so dass die sofortige Beschwerde zulässig ist.

2) Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung der angefochtenen Kostenentscheidung.

a) Dass es nach dem bisherigen Sach- und Streitstand in Anwendung billigen Ermessens (§ 91a Abs. 1 S. 1 ZPO) sachgerecht war, dem Beklagten zu 1) die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da die gegen ihn als selbstschuldnerischer Bürge gerichtete Klage bis zum Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses nach den §§ 765, 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. § 535 Abs. 2 BGB und dem zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin geschlossenen Leasingvertrag (Ziff. 9 der AGB) zulässig und begründet war, stellt der Beklagte zu 1) nicht in Frage.

b) Er wendet sich mit seinem Rechtsmittel allein dagegen, dass er als Gesamtschuldner neben den Beklagten zu 2) und 3) in die Kosten verurteilt wurde.

aa) Der Beschwerdeführer weist zu Recht darauf hin, dass Hauptschuldner und (selbstschuldnerischer) Bürge keine echten Gesamtschuldner im Sinne von § 421 BGB sind. Deshalb haftet der Beklagte zu 1) weder in der Hauptsache noch hinsichtlich der Kosten gesamtschuldnerisch neben dem Hauptschuldner für die Kosten des Prozesses. Daran ändert nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 12.7.1955 - V ZR 74/54; NJW 1955, 1398) auch d...

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