Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung bei versäumter Kontrolle der Berufungsbegründungsfrist
Leitsatz (amtlich)
Keine Wiedereinsetzung bei versäumter Kontrolle der Berufungsbegründungsfrist.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 24.09.2012; Aktenzeichen 6 O 203/12) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Teilend- und Vorbehaltsurteil des LG Saarbrücken vom 24.9.2012 - 6 O 203/12 - wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag des Beklagten vom 5.12.2012 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 9.170 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beklagte wurde durch das angefochtene Teilend- und Vorbehaltsurteil des LG Saarbrücken vom 24.9.2012 - 6 O 203/12 - unter Zurückweisung der Widerklage zur Räumung und Herausgabe näher bezeichneter Räumlichkeiten sowie zur Zahlung von 1.285 EUR nebst Zinsen unter dem Vorbehalt der Entscheidung über die von ihm erklärte Aufrechnung mit einer angeblichen Schadensersatzforderung aus der Veräußerung einer Theke durch den Betreuer des Klägers i.H.v. 500 EUR verurteilt. Das Urteil ist dem Beklagten am 28.9.2012 zugestellt worden. Mit am 26.10.2012 eingegangenem Schriftsatz hat der Beklagte gegen das Urteil Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist am 29.11.2012 eingegangen. Nach gerichtlichem Hinweis auf den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist hat der Beklagte mit Schriftsatz vom am 5.12.2012, eingegangen am 6.12.2012, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.
II. Die Berufung des Beklagten war gem. § 522 Abs. 1 i.V.m. § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil die Berufungsbegründungsfrist von zwei Monaten ab Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils (§ 517 ZPO) nicht eingehalten worden ist. Das Urteil ist dem Beklagten am 28.9.2012 zugestellt worden, so dass die Berufungsbegründungsfrist am 28.11.2012 (24.00 Uhr) endete. Die Berufungsbegründung ist erst am 29.11.2012 (einem Donnerstag) und damit nach Ablauf der Zweimonatsfrist bei Gericht eingegangen.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist war nicht zu gewähren. Der Antrag vom 5.12.2012 ist zwar zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 234, 236 ZPO), aber nicht begründet. Denn der Beklagte war gem. § 233 ZPO nicht ohne sein Verschulden gehindert, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Insoweit muss er sich das Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 85 ZPO), das darin liegt, die Eintragung der Berufungsbegründungsfrist nicht überprüft zu haben. Im Anwaltsbüro der Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist die Notierung, Überwachung und Kontrolle der Fristen der Rechtsanwaltsfachangestellten N. P. übertragen. Der Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist zuzugestehen, dass ein Rechtsanwalt die Berechnung und Notierung - worauf es vorliegend ausschließlich ankommt - einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft überlassen kann, soweit nicht besondere Gründe gegen deren Zuverlässigkeit sprechen (BGH FamRZ 2011, 559, m.w.N.). Indes liegt ein dem Beklagten zurechenbares Verschulden seines Prozessbevollmächtigten an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist darin, dass diese bei der Fertigung der Berufungsschrift vom 25.10.2012 den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht nachgeprüft und eine Korrektur der fehlerhaft notierten Frist unterlassen hat. Insoweit entspricht es der ständigen Rechtsprechung des BGH, dass sich der Rechtsanwalt nur von der routinemäßigen Fristberechnung und Fristenkontrolle durch Übertragung dieser Tätigkeit auf zuverlässige und sorgfältig überwachte Bürokräfte entlasten kann. Hiervon ist die Prüfung des Fristablaufs im Zusammenhang mit der Bearbeitung der Sache zu unterscheiden. Diesen hat der Rechtsanwalt eigenverantwortlich nachzuprüfen, wenn ihm die Sache zur Vorbereitung der fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt wird. Nach den zur anwaltlichen Fristenkontrolle entwickelten Grundsätzen hat der Rechtsanwalt alles ihm Zumutbare zu tun und zu veranlassen, damit die Fristen zur Einlegung und Begründung eines Rechtsmittels gewahrt werden. Die Überwachungspflicht des Rechtsanwalts, dem die Handakten zwecks Fertigung der Berufungsschrift vorgelegt werden, beschränkt sich daher nicht auf die Prüfung, ob die Berufungsfrist zutreffend notiert ist, sondern erstreckt sich auch auf die ordnungsgemäße Notierung der Berufungsbegründungsfrist, die nach § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils zu laufen beginnt und deren Ablauf im Zeitpunkt der Fertigung der Berufungsschrift bereits feststeht. Mit der anwaltlichen Verpflichtung, alle zumutbaren Vorkehrungen gegen Fristversäumnisse zu treffen, is...