Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 01.07.2004; Aktenzeichen 16 O 192/04) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des LG Saarbrücken v. 1.7.2004 - 16 O 192-04 wird kostenpflichtig als unzulässig verworfen.
Gründe
Auf Antrag des Beklagten hat das LG die Zwangsvollstreckung gegen den im vorliegenden Rechtsstreit ergangenen Vollstreckungsbescheid des AG Merzig v. 23.4.2004 (AG Merzig v. 23.4.2004 - 19 B 325/04), gegen den der Beklagte fristgerecht Einspruch eingelegt hat, durch Beschluss v. 1.7.2004 gem. § 719 Abs. 1 S. 2 ZPO ohne Sicherheitsleistung mit der Begründung eingestellt, dass der verfahrenseinleitende Mahnbescheid nicht wirksam zugestellt worden sei (Bl. 79 d.A.). Der vom Kläger hiergegen am 13.7.2004 eingelegten sofortigen Beschwerde (Bl. 104 d.A.) hat das LG durch Beschluss v. 22.7.2004 nicht abgeholfen (Bl. 117 d.A.).
Die sofortige Beschwerde ist nicht zulässig. Zwar hat die früher wohl herrschende Rechtsprechung die sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen über Anträge auf Einstellung der Zwangsvollstreckung (§§ 707, 719 Abs. 1 ZPO) trotz der eindeutigen und gegenteiligen Regelung in § 707 Abs. 2 S. 2 ZPO in Fällen "greifbarer Gesetzeswidrigkeit" ausnahmsweise zugelassen (Musielak/Lackmann, ZPO, 3. Aufl., § 707 Rz. 13; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 707 Rz. 22, jeweils m.w.N.). Diese Rechtsprechung ist jedoch angesichts der grundlegenden Neugestaltung des Verfahrensrechts durch das Zivilreformgesetz überholt, weil der Gesetzgeber die von der Rechtssprechung praktizierte "Ausnahmebeschwerde" nicht in die Zivilprozessordnung übernommen hat. Mit dem In-Kraft-Treten des Zivilreformgesetzes muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die Zulassung einer Ausnahmebeschwerde nicht (mehr) dem Willen des Gesetzgebers entspricht.
Dementsprechend hat der 9. Zivilsenat des BGH, dem sich auch andere Senate angeschlossen haben, mit Beschluss v. 7.3.2002 (BGH v. 7.3.2002 - IX ZB 11/02, MDR 2002, 901 = BGHReport 2002, 431, mit zust. Anm. Gummer = NJW 2002, 1577 = MDR 2002, 901) entschieden, dass nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Zivilprozessreformgesetz der BGH gegen Beschlüsse des Beschwerdegerichts ausschließlich in den Fällen des § 574 Abs. 1 ZPO angerufen werden kann. Ein außerordentliches Rechtsmittel zum BGH sei, so der BGH weiter, auch dann nicht statthaft, wenn die Entscheidung ein Verfahrensgrundrecht des Beschwerdeführers verletze oder aus sonstigen Gründen "greifbar gesetzeswidrig" sei. In einem solchen Fall sei die angefochtene Entscheidung durch das Gericht, das sie erlassen habe, auf eine (fristgebundene) Gegenvorstellung hin zu korrigieren. Werde ein Verfassungsverstoß nicht beseitigt, komme allein eine Verfassungsbeschwerde zum BVerfG in Betracht, §§ 574 ff. ZPO (n.F.).
Diese vom BGH entwickelten Grundsätze, denen der Senat folgt, gelten sinngemäß für den vorliegenden Fall. Da ein Rechtsmittel gegen Beschlüsse, die eine Einstellung der Zwangsvollstreckung anordnen oder entsprechende Anträge ablehnen, grundsätzlich unanfechtbar sind (§ 707 Abs. 2 ZPO i.V.m. §§ 719 Abs. 1 S. 1, 700 Abs. 1 ZPO), ist eine sofortige Beschwerde auch nicht in Fällen einer "greifbaren Gesetzeswidrigkeit" gegeben. Dies hat zur Folge, dass eine Korrektur selbst "greifbar gesetzeswidriger" Entscheidungen künftig nur noch im Wege der Gegenvorstellung oder der Verfassungsbeschwerde möglich ist (OLG Köln OLGReport Köln 2004, 179; für die inhaltlich gleich gelagerten Fälle der Unzulässigkeit von Rechtsmitteln nach § 769 ZPO, in denen nach überwiegender Rechtsprechung § 707 Abs. 2 S. 2 ZPO entsprechend anzuwenden ist, vgl. ausdrücklich BGH NJW 2004, 2224; OLG Frankfurt v. 29.8.2002 - 26 W 102/02, OLGReport Frankfurt 2004, 102 = NJW-RR 2003, 140; OLG Koblenz OLGReport Koblenz 2003, 332; OLG Stuttgart v. 18.11.2003 - 16 WF 112/03, OLGReport Stuttgart 2004, 168; OLG Karlsruhe v. 24.9.2003 - 15 W 2/03, OLGReport Karlsruhe 2004, 256; OLG Saarbrücken v. 12.3.2004 - 6 WF 10/04, OLGReport Saarbrücken 2004, 415; a.A. OLG Dresden JurBüro 2003, 107; OLG Schleswig v. 18.8.2003 - 16 W 110/03, OLGReport Schleswig 2004, 130).
Im Übrigen wäre die sofortige Beschwerde auch nicht begründet. Das LG ist nämlich zutreffend davon ausgegangen, dass der Vollstreckungsbescheid v. 23.4.2004 nicht in gesetzlicher Weise i.S.v. § 719 Abs. 1 S. 2 ZPO ergangen ist, weil der Beklagte durch Vorlage von zwei eidesstattlichen Versicherungen sowie der Meldebescheinigung v. 28.1.2004 (Bl. 76 - 78 d.A.) glaubhaft gemacht hat, dass er im Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheides nicht mehr unter der im Mahnbescheid angegebenen Anschrift "... sondern unter der Anschrift ..." jeweils in, wohnhaft war und auch seine Firma nach dort verlegt hatte. Das im Bereich des früheren Anwesens noch aufgestellte Reklameschild der Firma des Beklagten mit der alten Anschrift (vgl. hierzu das Foto Bl. 108 d.A.) diente nach dem Vortrag des Beklagten allein Werbezwecken und ist zur Widerlegung des behaupteten und glaubhaft gemachten Wohn...