Verfahrensgang

AG Völklingen (Beschluss vom 07.09.2012; Aktenzeichen 8 F 363/12 SO)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - in Völklingen vom 7.9.2012 - 8 F 363/12 SO - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Der Verfahrenswert der Beschwerdeinstanz wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

3. Dem Antragsgegner wird die von ihm für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe verweigert.

4. Der Antragstellerin wird mit Wirkung vom 16.1.2013 ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für den zweiten Rechtszug unter gleichzeitiger Beiordnung von Rechtsanwältin K., S., bewilligt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin (im Folgenden: Mutter) und der Antragsgegner (im Weiteren: Vater) - beide türkische Staatsangehörige - sind die seit dem 21.10.2005 miteinander verheirateten Eltern der betroffenen Kinder N., geboren am X. Januar 2002, M., geboren am XX. Januar 2003, und D., geboren am XX. August 2006. Seit der räumlichen Trennung der Eltern Anfang Oktober 2011 leben alle drei Kinder bei der Mutter in V.. Der Vater ist im Sommer 2012 nach N. verzogen. Zwischen den Eltern ist beim AG - Familiengericht - in Völklingen das Scheidungsverfahren (8 F 300/12 S) anhängig.

Im vorliegenden Verfahren hat die Mutter mit am 18.7.2012 eingegangenem Schriftsatz die alleinige elterliche Sorge für alle drei Kinder beansprucht. Der Vater hat auf Zurückweisung dieses Begehrens angetragen.

Nach Anhörung des Jugendamts sowie persönlicher Anhörung der drei Kinder und der Eltern hat das Familiengericht durch den angefochtenen Beschluss vom 7.9.2012, auf den Bezug genommen wird, der Mutter die alleinige elterliche Sorge für alle drei Kinder übertragen.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Vater seinen erstinstanzlichen Antragszurückweisungsantrag weiter. Die Mutter bittet - vom Jugendamt unterstützt - um Zurückweisung der Beschwerde. Beide Eltern suchen um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nach.

Dem Senat haben die Akten 8 F 300/12 S des AG Völklingen vorgelegen.

II. Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Vaters bleibt ohne Erfolg.

Zutreffend hat das Familiengericht - stillschweigend - seine internationale Zuständigkeit angenommen, wobei offen bleiben kann, ob diese aus Art. 8 Abs. 1 Brüssel IIa-VO oder mit Blick auf Art. 60 Buchstabe a Brüssel IIa-VO aus Art. 1 MSA folgt (dazu NK-BGB/Gruber, 2. Aufl., Art. 60 EheVO 2003, Rz. 3 ff. m.w.N.), da vorliegend beide Wege zur internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte führen. Auch die - konkludente - Annahme des Familiengerichts, dass seine Entscheidung deutschem Sachrecht unterworfen ist, ist von Rechtsbedenken frei (Art. 2 MSA).

Zu Recht und auf der Grundlage eines beanstandungsfreien Verfahrens hat das Familiengericht der Mutter unter Anwendung von § 1671 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB das Aufenthaltsbestimmungsrecht für alle drei Kinder übertragen.

Das den Eltern gem. Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG verfassungsrechtlich gegenüber dem Staat gewährleistete Freiheitsrecht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder dient in erster Linie dem Kindeswohl, das zugleich oberste Richtschnur für die Ausübung der Elternverantwortung ist (vgl. BVerfGE 75, 201; 61, 358). Der Schutz des Elternrechts, der dem Vater und der Mutter gleichermaßen zukommt, erstreckt sich auf die wesentlichen Elemente des Sorgerechts (vgl. BVerfGE 107, 150; 84, 168). Dabei setzt die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus, erfordert in den wesentlichen Sorgerechtsbereichen ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen und hat sich am Kindeswohl auszurichten (BVerfGE 107, 150; BVerfG FamRZ 2004, 354; BGH FamRZ 2008, 592; 2011, 796 m. Anm. Völker). Insbesondere auch für den Fall, dass die Voraussetzungen für eine gemeinsame Wahrnehmung der Sorge fehlen, bedarf das Elternrecht der gesetzlichen Ausgestaltung, in deren Rahmen der Gesetzgeber einem Elternteil die Hauptverantwortung für das Kind zuordnen darf (vgl. BVerfGE 127, 132; 107, 150; 92, 158). Denn fehlt es an einer tragfähigen Beziehung und einem Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Eltern, weil diese zur Kooperation weder bereit noch in der Lage sind und einander ablehnen, kann dies einer gedeihlichen gemeinsamen Sorge im Interesse des Kindes unzuträglich sein, weil nicht gewährleistet ist, dass die Ausübung gemeinsamer elterlicher Sorge hinreichend konfliktfrei verläuft. Tragen die Eltern ihre Uneinigkeit und ihren Zwist auf dem Rücken des Kindes aus, kann das Kind in seiner Beziehungsfähigkeit beeinträchtigt und unter Umständen sogar in seiner Entwicklung gefährdet werden (vgl. BVerfGE 127, 132). Maßstab und Ziel einer Auflösung der gemeinsamen elterlichen Sorge ist allerdings nicht der Ausgleich persönlicher Defizite zwischen den Eltern mittels Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil, sondern allein das Kindeswohl (BVerfG FF 2009, 416).

Dem dient § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB, der bestimmt, dass einem Elternteil - vorbehaltlich der Regelung d...

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