Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 14 O 9/16) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 26.02.2019 - Az. 14 O 9/16 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.747,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 3.373,84 seit dem 01.12.2015 und aus weiteren 3.373,84 EUR seit dem 01.01.2016 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte ab dem 01.12.2015 monatlich 3.373,84 bis längstens 01.12.2023 zu zahlen hat und insbesondere die Leistungen nicht aufgrund des Aberkennungsschreibens vom 22.09.2015 einstellen darf.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von den Beiträgen zu dem Versicherungsvertrag, Versicherungsschein Nummer xxxxx ab dem 01.12.2015 bis längstens 01.12.2023 freizustellen und etwaige von ihr selbst im Wege der Verrechnung einbehaltene Beträge an ihn auszukehren hat.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.858,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2016 zu zahlen.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in derselben Höhe Sicherheit leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 123.376,63 festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich gegen die zum 01.12.2015 erfolgte Einstellung von Leistungen aus einer beim beklagten Versicherer unterhaltenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung nach der Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens.
Er unterhält bei der Beklagten seit Dezember 2000 eine Risikolebensversicherung nebst Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Versicherungsschein Nummer xxxxx, Anlage K1, Anlagenband Kläger). Dem Vertrag liegen die Bedingungen der Beklagten für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zu Grunde (Bl. 560 d.A; im Folgenden: BBUZ), außerdem die besonderen Vereinbarungen gemäß der Anlage 1 zum Versicherungsschein und die Besonderen Bedingungen "Dynamik-Plan" (Bl. 565 d.A., im Folgenden: BB Dynamik). Nach § 1 BBUZ schuldet die Beklagte für den Fall einer mindestens 50-prozentigen Berufsunfähigkeit die volle Befreiung von der Beitragszahlungspflicht sowie die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente längstens bis zum 01.12.2023. Gemäß § 1 Abs. 4 BBUZ erlischt der Anspruch auf Beitragsbefreiung und Rente, wenn der Grad der Berufsunfähigkeit unter 50 % sinkt. In § 19 BBUZ wird der Vertrag deutschem Recht unterstellt.
In der Anlage 1 zum Versicherungsschein sind verschiedene Abweichungen von den Allgemeinen Bedingungen geregelt. Zur Definition der Berufsunfähigkeit heißt es:
"Abweichend von § 2 Absatz 1 und 3 der Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung - Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen? - liegt vollständige Berufsunfähigkeit vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind,
- voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf auszuüben oder
- sechs Monate ununterbrochen außerstande gewesen ist, seinen Beruf auszuüben und dieser Zustand fortdauert.
Berufsunfähigkeit liegt jedoch dann nicht vor, wenn der Versicherte eine konkrete Tätigkeit ausübt und ein Einkommen erzielt, welches seiner bisherigen Lebensstellung entspricht."
Die Beklagte ist gehalten, sich "nach Prüfung der uns eingereichten sowie der von uns beigezogenen Unterlagen" zur Leistungspflicht zu erklären. Gemäß dem - § 7 Abs. 1 BBUZ abändernden - letzten Absatz der Anlage 1 zum Versicherungsschein in Verbindung mit § 7 Abs. 3 BBUZ ist sie berechtigt, nach Anerkennung oder Feststellung ihrer Leistungspflicht das Fortbestehen und den Grad der Berufsunfähigkeit nachzuprüfen und ihre Leistungen im Fall der Verminderung unter 50 % nach entsprechender Mitteilung einzustellen.
Der Kläger ist promovierter Wirtschaftsingenieur. Er arbeitete zunächst in Deutschland als Berater und Projektmanager, danach im asiatischen Ausland. Seit November 2007 war er als Program Manager für die Weltbank in China tätig (Tätigkeitsbeschreibung S. 2-3 des Ersturteils, Bl. 426 f. d.A.). Am 12.05.2008 erlebte er dort ein Erdbeben, in dessen Folge er psychisch erkrankte. Er machte Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend. Die Beklagte unterbreitete ihm mit Schreiben vom 24.09.2008 (Anlage K13) ein Angebot zum Abschluss einer außervertraglichen Vereinbarung. In dem Schreiben hieß es:
"[...] Am 15.07.2008 teilten Sie uns telefonisch mit, dass Sie aufgrund von starken psychischen Problemen seit einem Erdbeben vom 12.05.2008 Ihre berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben können.
Eine abschließende Prüfung, ob eine mindestens 50...