Leitsatz (amtlich)
In der Übergabe einer Wohnflächenberechnung einer Eigentumswohnung liegt, wenn keine weiteren Umstände bzw. Erklärungen hinzukommen, keine Beschaffenheitsvereinbarung. Dies stellt dann lediglich eine Wissenserklärung dar.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 30.05.2012; Aktenzeichen 9 O 421/11) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 30.5.2012 verkündete Urteil des LG Saarbrücken, 9 O 421/11, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist, ebenso wie das angegriffene Urteil des LG Saarbrücken vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des nach den jeweiligen Urteilen zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Minderung des Kaufpreises für eine Eigentumswohnung sowie Schadensersatz aufgrund einer geringeren Wohnfläche.
Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 16.12.2009 erwarb der Kläger von der Beklagten eine Eigentumswohnung in Saarbrücken zu einem Kaufpreis von 170.000 EUR. Unter D. V. des Kaufvertrages wurde folgendes vereinbart:
Sachmängel
Der gebrauchte Zustand, wie er zum Zeitpunkt der Besichtigung durch den Erwerber festgestellt wurde, wird als Beschaffenheit vereinbart. (...)
Besondere Eigenschaften werden weder garantiert noch als Beschaffenheit vereinbart.
Im Übrigen werden Ansprüche und Rechte des Erwerbers wegen etwaiger Sachmängel grundsätzlich ausgeschlossen. Das gilt insbesondere für bereits vorhandene Sachmängel oder nach Gefahrübergang auftretende, auch für unsichtbare Sachmängel, für die Richtigkeit des Flächenmaßes und für die Bodenbeschaffenheit des Grundstücks.
Der Ausschluss gilt insbesondere auch für den baulichen Zustand.
In dem zugrunde liegenden Exposé der seitens der Beklagten beauftragten Maklerfirma E. V. ist eine Wohnfläche von "ca. 130 m2" bzw. eine solche von "130 qm" angegeben. In den Wohngeldabrechnungen ist als Abrechnungsschlüssel u.a. eine Wohnfläche von 108,. 25 m2 angegeben (vgl. Bl. 20 ff. d.A.). Der Kläger hat diese Abrechnungen vor Vertragsschluss erhalten. Vor Abschluss des Kaufvertrages fanden im Beisein des Maklers und der Beklagten Besichtigungstermine statt.
Der Kläger macht folgende Positionen geltend:
- Minderungsbetrag aufgrund geringerer Wohnfläche: 28.441 EUR
- höhere Notarkosten, Maklergebühren und Grunderwerbssteuer im Vergleich zu einem - der geringeren Wohnfläche angepassten - Kaufpreis von 141.559 EUR: 2.121,46 EUR
Der Kläger hat behauptet, die tatsächliche Wohnfläche betrage nur 108,25 m2 (vgl. Bl. 89 d.A.). Diese Summe ergebe sich nach der für die Berechnung anzuwendenden Wohnflächenverordnung. Der Beklagten sei die Wohngeldabrechnung, welche - insoweit unstreitig - eine Flächenangabe von 108,25 m2 enthalte (Bl. 20 ff. d.A.) bekannt gewesen. Daher habe sie diesen Umstand arglistig verschwiegen.
Die Angabe im Maklerexposé gehe mit ziemlicher Sicherheit auf Angaben der Beklagten zurück.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe ihre vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt. Sie habe darauf hinweisen müssen, dass die Wohngeldabrechnung eine andere Fläche aufweise, unabhängig davon, auf welcher Grundlage diese berechnet worden sei.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 38.562,46 EUR nebst 5 % Zinsen über Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, sie habe nie nachgeprüft, ob die der Wohngeldberechnung zugrunde gelegte Fläche tatsächlich zutreffend sei. Sie ist der Ansicht, die Angaben im Exposé seien ihr nicht zuzurechnen.
Mit am 30.5.2012 verkündetem Urteil (Bl. 111 ff. d.A.), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG Saarbrücken die Klage abgewiesen.
Gegen dieses ihm am 4.6.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 2.7.2012 bei Gericht eingereichtem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 6.9.2012 mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz begründet.
Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und ist der Ansicht, die Übergabe einer Wohnflächenberechnung stelle eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung über die Wohnfläche dar, wobei es unerheblich sei, ob diese dem Käufer unmittelbar vom Verkäufer oder mittelbar über den Makler zur Verfügung gestellt wurde. Der Ehemann der Beklagten habe, handelnd als Bevollmächtigter, dem Makler die Flächenangaben mitgeteilt. Der Kläger habe zuerst das Exposé und danach eine Wohnflächenberechnung erhalten, in welcher die Größe der Wohnung mit 132,25 m2 angegeben worden sei, worin eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung liege. Der Gewährleistungsausschluss erstrecke sich nicht auf die vorvertraglichen Falschangab...