Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 16.12.2015; Aktenzeichen 7 O 57/15) |
Tenor
I. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 16.12.2015 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 7 O 57/15 - wird zurückgewiesen.
II. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vollstreckbar.
Gründe
A. Der Verfügungskläger, ein Verein zur Selbstkontrolle der pharmazeutischen Industrie, hat die Verfügungsbeklagte, ein pharmazeutisches Unternehmen, das im europäischen Raum vorwiegend Importarzneimittel, unter anderem auch im Direktvertrieb an Apotheken, in Verkehr bringt, auf Unterlassung der Gewährung von geldwerten Vorteilen in Form von Preisnachlässen u.ä. gemäß ihrem Faxschreiben vom 14.03.2015 (AST 2), sofern diese über dem Großhandelszuschlag gemäß § 2 Absatz 1 AMPreisV von 3,15 % des betreffenden Arzneimittel-Abgabepreises, höchstens jedoch 37,80 EUR liegen, zu Zwecken des Wettbewerbs an Apotheken in Anspruch genommen.
Nach dem am 17.03.2015 an eine Apotheke versandten Fax des Vertriebsmitarbeiters M. (AST 2) gewährt die Verfügungsbeklagte Apotheken auf den Herstellerabgabepreis eine Basiskondition von 2 % bis 2,85 %, bei Hochpreisern über 1.238,50 EUR maximal 37,80 EUR, 3 % Skonto bei Bankeinzug bei drei Monaten Valuta sowie einen Werbekostenzuschuss (WKZ) von 0,5 % bei einem Umsatz von mehr als 50.000 EUR und einen solchen von 1,0 % bei einem Umsatz von mehr als 100.000 EUR. Zusätzlich können die Apotheken an einem Clever+ Partnerprogramm der Verfügungsbeklagten teilnehmen, in dessen Rahmen ihnen für jede direkt bezogene Rx-Packung (verschreibungspflichtiges Arzneimittel) in Abhängigkeit von dem Direktumsatz der letzten 12 Monate 0,10 EUR bis 1,10 EUR, gestaffelt nach der Sortimentsbreite vergütet werden. Darüber hinaus erhält das Apothekenteam Clever+ Teampunkte für jede direkt bezogene Rx-Packung, die in Sachprämien eingetauscht werden können.
Der Verfügungskläger hat hierin einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG, 7 Abs. 1 HWG, 78 AMG, 2 Abs. 1 AMPreisV gesehen und die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 30.04.2015 (AST 4) unter Beifügung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgemahnt. Nachdem die Verfügungsbeklagte deren Abgabe mit Schreiben vom 08.05.2015 (AST 5) abgelehnt hatte, hat der Verfügungskläger am 01.06.2015 beim LG Hamburg den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, die nach Ergänzung des Antrags am 09.06.2015 erlassen und der Verfügungsbeklagten am 15.06.2015 (GA 37) zugestellt wurde. Nach Einspruch der Verfügungsbeklagten hat das LG Hamburg mit Beschluss vom 07.07.2015 wegen seiner örtlichen Unzuständigkeit die Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung eingestellt und den Rechtsstreit auf Antrag der Verfügungsklägerin an das LG Saarbrücken verwiesen.
Die Beklagte hat sowohl einen Verfügungsgrund - die Verfügungsklägerin habe durch zu langes Zuwarten die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG selbst widerlegt - als auch einen Verfügungsanspruch in Abrede gestellt. Skonti und Werbekostenzuschüsse seien von § 7 HWG nicht erfasst, die Basiskonditionen stünden im Einklang mit § 7 Abs. 1 Nr. 2a HWG. Bei dem Clever + Programm handele es sich nicht um Produktwerbung sondern um zulässige Imagewerbung, so dass § 7 HWG nicht anwendbar sei.
Durch das angefochtene Urteil vom 16.12.2015 (GA 166 ff.), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen vollumfänglich gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG die einstweilige Verfügung des LG Hamburg vom 09.06.2015 bestätigt.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Verfügungsbeklagten, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres bereits erstinstanzlich vertretenen Rechtsstandpunkts die Aufhebung der einstweiligen Verfügung begehrt.
Es fehle bereits an einem Verfügungsgrund, da zwischen dem Zeitpunkt der angeblichen ersten Kenntnisnahme am 20.04.2015 und der Beantragung der einstweiligen Verfügung am 01.06.2015 ein Zeitraum von mindestens sechs Wochen liege, der dringlichkeitsschädlich sei. Zudem habe der Verfügungskläger das weitere Verfahren nicht zügig fortgeführt, denn nach Einlegung des Widerspruchs sei bis zum Erlass des Verfügungsurteils auch aus vom Verfügungskläger zu vertretenden Umständen noch beinahe ein halbes Jahr vergangen. Im Übrigen hätte dem Verfügungskläger das beanstandete Verhalten schon viel länger bekannt sein müssen, was sich aus der der Abmahnung beigefügten 3. Seite (vgl. AST 4 S. 3), die zuletzt im Jahr 2011 verwendet worden sei und das damalige "Clever punkten" - Programm der Verfügungsbeklagten betreffe, ergebe. Zum einen sei diese Seite dem Fax ihres Mitarbeiters M. nicht beigefügt gewesen, weshalb es bereits bei dem Kläger vorhanden gewesen sein muss, zum anderen sei hierüber in den Medien ausführlich berichtet worden, was dem Verfügungskläger nicht verborgen geblieben sein könne.
Es bestehe auch kein Verfügungsanspruch, da die von der Verfügungsbeklagten den Apothekern gewährten Skonti, Werbekostenzuschüsse und Rabatte gemäß § 8 A...