Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnungsbefugnis des Gerichtes gegenüber dem Sachverständigen zu Bauteilöffnungen

 

Normenkette

ZPO § 404a Abs. 1, § 492 Abs. 1

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 15.01.2020; Aktenzeichen VII ZB 96/17)

 

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt im selbständigen Beweisverfahren die Feststellung von Mängeln der von der Antragsgegnerin erbrachten Werkleistung im Bad-/Flurbereich seines Einfamilienhauses. Der vom Landgericht bestellte weitere Sachverständige Dipl.-Ing., Dipl. Wirtsch.-Ing. W hält es für notwendig, eine Bauteilöffnung vorzunehmen, nämlich die Öffnung des Estrichs und der Fliesen im Bereich des Verlaufs der Abflussleitung, um eine Aussage darüber treffen zu können, ob der zu hoch verbaute Fußboden im Bad die Folge der zu hoch verlegten Leitungen unter dem Boden ist (vgl. Schreiben des Sachverständigen vom 31.08.2017, Bl. 129).

Der Antragsteller hat beantragt,

den gerichtlich bestellten Sachverständigen anzuweisen, die zur Beantwortung der Beweisfrage erforderlichen Bauteilöffnungen im Hause M-straße 3, B, vorzunehmen oder durch Dritte vornehmen zu lassen und sodann die Beweisfragen zu beantworten.

Die Antragsgegnerin ist diesem Begehren entgegengetreten.

Durch Beschluss vom 09.11.2017 hat das Landgericht diesen Antrag abgelehnt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. 1. Die sofortige Beschwerde ist schon nicht statthaft.

Die in der Rechtsprechung umstrittene Frage, ob die Entscheidung des Gerichts in einem selbständigen Beweisverfahren, den Sachverständigen nicht entsprechend § 404a Abs. 1 ZPO anzuweisen, die vom Antragsteller für erforderlich erachtete Bauteilöffnung vorzunehmen oder durch Dritte vornehmen zu lassen, der sofortigen Beschwerde unterliegt, ist dahingehend zu beantworten, dass das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde hier nicht gegeben ist.

Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amts- und Landgerichte, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuchs zurückgewiesen worden ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Eine ausdrückliche Bestimmung, nach der die sofortige Beschwerde statthaft ist, gibt es nicht. Ein Beschwerderecht ergibt sich auch nicht aus § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, da dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, wenn es sich um eine Entscheidung handelt, die das Gericht von Amts wegen zu treffen hat, selbst wenn damit zugleich ein "Gesuch" der Partei ablehnend beschieden wird (vgl. BGH, MDR 2004, 698, Rn. 9 Juris). Überdies ist im Hauptsacheprozess eine Beweisanordnung grundsätzlich nicht selbstständig anfechtbar; eine Ausnahme gilt entsprechend § 252 ZPO allenfalls dann, wenn die Beweisanordnung faktisch zu einem Stillstand des Verfahrens führte (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 355 Rn. 7). Ein faktischer Verfahrensstillstand ist vorliegend jedoch nicht zu befürchten. Vielmehr ist es dem Antragsteller unbenommen und zuzumuten, die für die Begutachtung notwendige Bauteilöffnung selbst vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Da die Beweismöglichkeiten im selbständigen Beweisverfahren nicht weiter gehen als im Hauptsacheprozess (vgl. § 485 Abs. 3 ZPO), muss entsprechendes auch für die Beschwerdemöglichkeiten gelten (vgl. OLG Köln, NJW-RR 2010, 1368, Rn. 4, Juris).

Die Entscheidung des mit dem selbständigen Beweisverfahren befassten Gerichts, ob und welche Anweisungen es dem Sachverständigen nach § 404a ZPO erteilt, unterliegt daher nicht der sofortigen Beschwerde. Die Entscheidung darüber, ob und welche Weisungen es erteilt, hat das Gericht von Amts wegen nach seinem Ermessen zu treffen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass eine entsprechende Entscheidung im Hauptsacheprozess nicht selbständig anfechtbar wäre. Gründe für die Zulassung der Beschwerde im selbständigen Beweisverfahren sind nicht ersichtlich. Zwar ist in der Rechtsprechung die Beschwerde einer Partei gegen die Zurückweisung ihres Gesuchs auf Erteilung von Weisungen bisweilen als statthaft erachtet worden, weil die Ablehnung der Anweisung zur Bauteilöffnung die Zurückweisung eines Gesuchs nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO darstelle (OLG Celle, BauR 2017, 918, Rn. 5 Juris; Thüringer OLG, ZfIR 253, Rn. 6 Juris; OLG Rostock, BauR 2003, 757, Rn. 6 Juris); dies überzeugt den Senat jedoch nicht. Insoweit schließt er sich der u. a. vom Oberlandesgericht Köln (a.a.O.; ebenso OLG Bremen, MDR 2013, 618, Rn. 3 Juris; MüKo-Zimmerman, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 404a Rn. 3) vertretenen Auffassung an, wonach das Gesuch lediglich als eine Anregung an d...

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