Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßgeblicher Zeitraum für die Betreuervergütung nach neuem Recht (VBVG)
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Bemessung der Betreuervergütung ist die erstmalige Begründung des Betreuungsverhältnisses auch dann maßgebend, wenn der zunächst tätige ehrenamtliche Betreuer wegen mangelnder Eignung entlassen und stattdessen ein Berufsbetreuer bestellt worden ist.
2. Die mit dem 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetz eingeführten "harten" Pauschalen sollen das Abrechnungssystem vereinfachen und sowohl den Betreuer als auch das für die Festsetzung der Vergütung zuständige VormG von der Erfassung der im Einzelfall aufgewendeten Zeit entbinden. Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber Ausnahmen von dem in § 5 VBVG niedergelegten Pauschalierungssystem nicht vorgesehen.
Normenkette
BGB § 1908b Abs. 1 S. 1; VBVG § 5
Verfahrensgang
LG Kiel (Beschluss vom 01.12.2005; Aktenzeichen 3 T 553/05) |
AG Kiel (Beschluss vom 04.11.2005; Aktenzeichen 2-XVII G 604) |
Tenor
Die Entscheidung des LG wird geändert.
Dem Beteiligten zu 1) wird unter Wiederherstellung des Beschlusses des AG vom 4.11.2005 für den Abrechnungszeitraum vom 1.7. bis 30.9.2005 eine Betreuervergütung i.H.v. 264 EUR bewilligt.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) begehrt die Festsetzung einer Betreuervergütung gem. Vergütungsstufe 1 nach Übernahme einer bestehenden Betreuung.
Das AG bestellte durch Beschl. v. 10.11.2003 den Sohn der Betroffenen zu ihrem ehrenamtlichen Betreuer. Mit Beschl. v. 28.6.2005 entließ es diesen mit der Begründung, dass er Zahlungsverzögerungen und Kostenrückstände ggü. dem Pflegeheim der Betroffenen verursacht habe und seinen Pflichten ggü. dem VormG nicht in dem erforderlichen Umfang nachgekommen sei. Gleichzeitig bestellte es den Beteiligten zu 1) zum berufsmäßigen Betreuer. Dieser beantragte unter dem 5.10.2005 die Festsetzung einer Vergütung zzgl. Auslagenersatz und Mehrwertsteuer gegen die Landeskasse für den Zeitraum vom 1.7. bis 30.9.2005 i.H.v. 594 EUR. Dabei beantragte er den Ansatz von viereinhalb Stunden pro Monat gem. Vergütungsstufe 1 für mittellose Betreute mit Heimaufenthalt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Antrag (Bl. 1 d.A.) Bezug genommen.
Das AG bewilligte dem Beteiligten zu 1) für den geltend gemachten Abrechnungszeitraum lediglich eine Vergütung i.H.v. 264 EUR. Dabei brachte es zwei Stunden pro Monat in Ansatz. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidung (Bl. 4 f.) Bezug genommen. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) änderte das LG den Beschluss des AG dahingehend, dass dem Beteiligten zu 1) eine weitere Betreuervergütung i.H.v. 330 EUR aus der Landeskasse zu erstatten ist; im Übrigen ließ es die sofortige weitere Beschwerde zu, die der Beteiligte zu 2) einlegte.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 27 Abs. 1, 29, 20, 22 Abs. 1, 56g Abs. 5 S. 2, 69e FGG zulässig. Sie ist auch begründet, denn die Entscheidung des LG beruht auf einer Verletzung des Rechts (vgl. § 27 Abs. 2 FGG, 546 ZPO).
Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt: Bei einem Wechsel von ehrenamtlicher Betreuung zur Berufsbetreuung sei für den Beginn der Betreuung i.S.d. § 5 VBVG jedenfalls dann der Zeitpunkt der Übernahme der Berufsbetreuung maßgebend, wenn der ehrenamtliche Betreuer wegen fehlender Eignung nach § 1908b BGB entlassen worden sei. Der Berufsbetreuer finde in solchen Fällen regelmäßig einen Sachverhalt vor, der einer Ersteinrichtung der Betreuung entspreche; darüber hinaus habe er noch die Vergangenheit aufzuarbeiten und etwaige Regressansprüche gegen den früheren ehrenamtlichen Betreuer zu prüfen und ggf. zu verfolgen. Zwar habe die Einführung von Pauschalen bezweckt, dass gerade nicht mehr der Einzelaufwand für die jeweilige Betreuung geprüft werden müsse; indes weiche die vorliegende Fallgestaltung maßgeblich von dem gesetzlichen Normalverlauf ab und beruhe überdies auf einer gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich eines ehrenamtlichen Betreuers, die sich im nachhinein als falsch erweise.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Für die Bemessung der Betreuervergütung ist die erstmalige Begründung des Betreuungsverhältnisses auch dann maßgebend, wenn der zunächst tätige ehrenamtliche Betreuer wegen mangelnder Eignung nach § 1908b Abs. 1 S. 1 BGB entlassen und stattdessen ein Berufsbetreuer bestellt worden ist. Das führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des AG. Die Auffassung des Senats folgt sowohl aus dem Wortlaut des § 5 VBVG (1.), einer historischen Auslegung dieser Vorschrift (2.), ihrer systematischen Stellung (3.) und schließlich auch aus ihrem Sinn und Zweck (4.).
1. Nach § 5 Abs. 2 VBVG ist der dem Betreuer zu vergütende Zeitaufwand bei einem mittellosen Betreuten, der sich nicht in einem Heim aufhält, in den ersten drei Monaten der Betreuung mit viereinhalb (Nr. 1) im vierten bis sechsten Monat mit dreieinhalb (Nr. 2), im siebten bis zwölften Monat mit drei (Nr. 3) und danach mit zwei (Nr. 4) Stunden im Monat anzusetzen. Ausdrücklich stellt die Vorschrift für die Vergütun...