Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen eines Beherrschungsvertrages.
2. Ein Beherrschungsvertrag zwischen Aktiengesellschaften, der wegen Verstoßes gegen §§ 293 Abs. 1, 294 AktG unwirksam ist (sog. verdeckter Beherrschungsvertrag), kann im Hinblick auf einen Abfindungsanspruch aus § 305 AktG nicht nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft als wirksam behandelt werden.
3. Ob unter dem Gesichtspunkt der qualifiziert faktischen Beherrschung/existenzvernichtenden bzw. existenzgefährdenden Nachteilszufügung ein Abfindungsanspruch entsprechend § 305 AktG gegeben ist, bleibt offen. Für die Geltendmachung eines Abfindungsanspruchs entsprechend § 1 SpruchG wäre zunächst die Feststellung des genannten Grundtatbestandes durch das ordentlich Gericht erforderlich.
Normenkette
AktG § 76 Abs. 1, § 291 Abs. 1 S. 1, § 305 Abs. 5 S. 2, § 308; SpruchG § 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Flensburg (Beschluss vom 12.08.2005; Aktenzeichen 6 O 139/03) |
Tenor
Die sofortigen Beschwerden werden zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens. Sie haben der Antragsgegnerin deren darin erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Nebenintervenientin trägt die Kosten ihrer Nebenintervention.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 400.000 EUR.
Gründe
I. Die Antragsteller begehren die Bestimmung einer Abfindung in unmittelbarer bzw. entsprechender Anwendung des § 305 Abs. 5 Satz 2 AktG i.V.m. § 1 Nr. 1 SpruchG.
Die Antragsteller sind nach eigener Darstellung ununterbrochen mindestens seit dem 1.1.2000 Aktionäre der Firma MobilCom AG (nachfolgend: MC). Bei dieser handelt es sich um eine beim AG Schleswig unter HRB 0734 eingetragene börsennotierte Aktiengesellschaft. Diese bietet auf den Geschäftsfeldern Mobilfunk, Festnetz und Internet Telekommunikations-leistungen an, ohne über ein eigenes Mobilfunk-Telefonnetz zu verfügen. Sie benutzt demgemäß die Mobilfunk-Telefonnetze der vorhandenen Netzbetreiber. Von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Vorstandsvorsitzender der MC war S. Er war mit ca. 60 % des Aktienkapitals mehrheitlich an der MC beteiligt. 1999 entschloss sich die MC, ein eigenes Mobilfunknetz aufzubauen und sich zu diesem Zweck an der Versteigerung von UMTS-Lizenzen in Deutschland zu beteiligen. Dieses Vorhaben konnte sie nicht aus eigener Kraft verwirklichen. Es bedurfte der finanziellen Unterstützung eines anderen Unternehmens. Deshalb schloss die MC noch im selben Jahr einen Kooperationsvertrag mit dem Service-Provider Debitel AG. Die Zusammenarbeit sollte zumindest ermöglichen, an der UMTS-Versteigerung teilzunehmen. Die beiden Gesellschaften gründeten deshalb ein Gemeinschaftsunternehmen, das sich für eine UMTS-Lizenz bewerben sollte. Sie beendeten indessen ihre Zusammenarbeit bereits im März 2000. S hatte erkannt, dass das Vorhaben nur mit einem stärkeren Finanzpartner zu verwirklichen war und bereits im Februar 2000 Gespräche mit der Antragsgegnerin aufgenommen. Am 23.3.2000 schlossen die MC und S einerseits sowie die Antragsgegnerin andererseits einen in englischer Sprache verfassten, notariell beurkundeten Kooperationsrahmenvertrag (Cooperation Framework Agreement, im Folgenden: CFA). In diesem Vertrag ist - zitiert aus der von den Antragstellern vorgelegten deutschen Übersetzung, die konkret von der Antragsgegnerin nicht beanstandet worden ist - u.a. folgendes bestimmt:
"Präambel
FT (Antragsgsgegnerin) und MobilCom sind überein gekommen, auf dem deutschen Markt der Festnetz und Mobiltelekommunikation sowie verwandten Multimediadiensten zu kooperieren, um das weitere Wachstum von MobilCom zu gewährleisten und FT in die Lage zu versetzen, MobilCom in seine Gesamtstrategie für Deutschland und Europa zu integrieren. Die geplanten Dienste finden sich in den Bereichen Internet, Mobiles Internet sowie Festnetz- und Mobiltelefonie. Zu diesem Zweck
I. haben MobilCom und FT vereinbart, gemeinsam eine UMTS/IMT 2000 ... - Lizenz für dem Mobilfunk zu erwerben, um MobilCom mit Unterstützung von FT in die Lage zu versetzen, ein vollwertiges Mobilfunknetz zu betreiben.
II. ...
III. werden FT (oder ein mit ihm verbundenes Unternehmen) und MobilCom zunächst ein von FT zu finanzierendes Joint-Venture-Unternehmen gründen, das dem Zweck dient, eine UMTS-Lizenz zu erwerben, ein UMTS-Netz aufzubauen und ein vollwertiges Mobilfunknetz in Deutschland zu betreiben.
IV. wird FT am Ende des Gebotsverfahrens oder früher - sofern dies möglich ist,... seine Anteile am Joint-Venture Unternehmen im Austausch gegen MobilCom-Aktien in MobilCom einbringen, um auf diesem Wege der zweitgrößte MobilCom-Aktionär zu werden, so dass S und FT die beiden Hauptaktionäre sein werden.
V. ...
I. Vereinbarung
Abschnitt 1
Ziele und Phasen der Kooperation
1.1 Ziele und Basis der Kooperation ...
1.2 Transaktionsphasen
1.2.1 In Phase 1 der Transaktion, die mit der Ausfertigung des vorliegenden Dokuments beginnt und die folgenden Maßnahmen umfasst, werden die Parteien zuerst ein in gemeinsamem Eigentum befindlic...